Google X Baseline Study analysiert menschliche Körper

Nicolas La Rocco
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Das nächste Projekt der Forschungsabteilung Google X ist die Baseline Study, in der genetische und molekulare Informationen von 175 Personen gesammelt und analysiert werden, um ein vollständiges Bild des gesunden Menschenkörpers zu erhalten.

Ein Team aus 70 bis 100 Experten aus den Bereichen Physiologie, Biochemie, Optik, Bildverarbeitung und Molekularbiologie versammelt sich rund um den 2013 zu Google X gestoßenen Molekularbiologen Dr. Andrew Conrad, der das Projekt leitet. Aus zunächst 175 Teilnehmern sollen später Tausende werden, sagt Conrad im Gespräch mit dem Wall Street Journal. Das Ziel der Studie ist es, Erkrankungen wie Herzleiden oder Krebs deutlich früher zu erkennen, um Medizin präventiv anstatt als Mittel gegen die ausgebrochene Krankheit anwenden zu können.

Die proaktive Adressierung von Problemen sei laut Dr. Conrad nicht revolutionär. Das Team stelle sich aber die Frage, was Forscher über den menschlichen Körper wissen müssen, um proaktiv handeln zu können. „Dafür muss man wissen, wie ein gut funktionierender Körper auszusehen hat.“, sagt Dr. Conrad. Die Baseline Study werde sich nicht auf bestimmte Erkrankungen beschränken, sondern zahlreiche Proben der Teilnehmer über Googles Rechenstärke analysieren, um Muster oder sogenannte Biomarker, also Indikatoren für Umweltbelastungen oder Krankheiten, zu finden.

Google-Kontaktlinse
Google-Kontaktlinse

Das Wall Street Journal nennt als Beispiel einen Biomarker, der zwar bei einer Person der Aufspaltung fettiger Nahrung hilft und ein langes Leben ohne hohen Cholesterinspiegel oder Herzleiden ermöglicht, der bei anderen aber fehlen könnte, sodass diese Person einem frühen Herztod erliegt. Wurde der Biomarker erst einmal identifiziert, könnten Personen auf das Vorhandensein untersucht und anschließend dabei unterstützt werden, das eigene Verhalten entsprechend anzupassen.

Bisher seien Biomarker primär im Spätstadium von Erkrankungen entdeckt worden, weil die Forschung sich auf kranke Personen konzentriere. Jetzt sollen Biomarker dabei helfen, die Merkmale eines gesunden Körpers abzubilden. Das Projekt sei deshalb ein großer Schritt ins Unbekannte. Weil der menschliche Körper sehr komplex ist, sei über das Zusammenspiel von DNA, Enzymen und Proteinen immer noch nur sehr wenig bekannt. Das Projekt könnte deshalb Biomarker zum Vorschein bringen, die nur sehr wenig über Krankheiten aussagen. Dr. Conrad geht davon aus, dass Fortschritte in sehr kleinen Stufen stattfinden werden.

Googles Reise in den menschlichen Körper bis hin zu den Molekülen in einzelnen Zellen soll anonym stattfinden. Die Daten würden beispielsweise nicht an Versicherungen weitergegeben werden. Das Projekt wird von einem Untersuchungsausschuss überwacht, der alle medizinischen Vorgänge überblicken soll. Sobald die Baseline Study in vollem Gange ist, sollen Gremien der Universitäten Duke und Stanford darüber entscheiden, wie die Daten genutzt werden. Erst nach vollständiger Anonymisierung der Daten sollen Google und die Forscher Zugriff darauf erhalten.

Zu den gesammelten Daten zählen das gesamte Erbgut des Teilnehmers, die genetische Geschichte der Eltern sowie unter anderem Informationen zu Ernährung, Stoffwechsel, Nährstoffen, Medikamenten, Herzrhythmus und Sauerstoffsättigung sowie Proben von Urin, Blut, Speichel und Tränen, die von einem nicht genannten Labor entnommen werden. Zur Bestimmung von Werten sollen auch Wearables wie die erst kürzlich durch den Pharmakonzern Novartis lizenzierte Google-Kontaktlinse zum Einsatz kommen.

Die Baseline Study soll im Gegensatz zu anderen Google-X-Projekten wie dem selbstfahrenden Auto oder Google Glass kein konkretes Produkt zum Vorschein bringen. Google möchte viel mehr einen ersten Schritt in Richtung Gesundheitswesen machen. Das weltweite Gesundheitssystem wird für das Jahr 2017 auf umgerechnet über 8 Billionen Euro geschätzt.

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