Big Brother Awards: Lauschende Barbie-Puppe erhält Überwachungs-Oscar

Andreas Frischholz
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Big Brother Awards: Lauschende Barbie-Puppe erhält Überwachungs-Oscar
Bild: Tracheotomy Bob | CC BY 2.0

Eine Barbie-Puppe, die Gespräche mittels Spracherkennung aufzeichnet, zur Analyse in die Cloud sendet und eine mehr oder weniger passende Antwort formuliert – dafür vergibt der Bürgerrechtsverein Digitalcourage in diesem Jahr den Big Brother Award im Bereich Technik an die beteiligten Hersteller Mattel und Toytalk.

Die „Hello Barbie“ ist mit einem Spracherkennungssystem von ToyTalk ausgestattet, sodass die Puppe nicht nur wenige vorgefertigte Phrasen, sondern auch passende Antworten zu komplexeren Themen generieren kann – etwa zu Interessen und Wünschen von Kindern. Dass deren Äußerungen allerdings in die Cloud übermittelt, gespeichert und dort analysiert werden, wurde von Datenschützern bereits während der Vorstellung der Puppe heftig kritisiert. So sprach etwa der Bundesverband der Verbrauchschutzverbände (vzbv) von einer „Spionin im Kinderzimmer“. Denn es sei nicht klar, was die Spielzeughersteller letztlich mit den Informationen anstellen.

Und so heißt es nun auch in der Laudatio für den Big Brother Award von CCC-Sprecher Linus Neumann: „Mit WLAN, Mikrophon und Lautsprecher ermöglicht die neue „Hello Barbie“ schon unseren Kindern, sich mit einer Serverfarm irgendwo da draußen in den Weiten des Internets zu unterhalten.“ Spracherkennung und Datenauswertung wären an sich nichts Schlechtes. Doch die Hello Barbie bringe „eine datenschutzrechtlich äußerst fragwürdige Technik ohne erkennbaren sinnvollen Anwendungszweck direkt in unsere Kinderzimmer“.

Big Brother Awards für BND, Innenminister und Amazon

Zu den weiteren Datensündern aus Politik und Wirtschaft, an die der Bürgerrechtsverein Digitalcourage alljährlich die Big Brother Awards vergibt, zählt 2015 auch der Bundesnachrichtendienst (BND) in der Kategorie Behörden und Verwaltung. Die Auswahl erfolgte, weil der deutsche Auslandsgeheimdienst eng in den Überwachungsverbund der NSA eingebunden und damit an der weltweiten Massenüberwachung beteiligt ist. Hinzu kommen die „Informationsblockade und dreisten Vertuschungen geheimdienstlicher Praktiken gegenüber dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags“ – unter anderem durch aufklärungsunwillige BND-Zeugen sowie „überwiegend geschwärzten, lückenhaften oder anderweitig manipulierten Akten des BND“.

In der Kategorie Politik wurden Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Ex-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich prämiert. Anlässlich der Verhandlungen über die europäische Datenschutzreform hätten diese zwar stets argumentiert, man wolle das deutsche Datenschutzniveau nach Europa tragen. Doch in der Praxis hätten diese die Reformpläne „systematisch und grundlegend“ sabotiert.

Den Big Brother Award im Bereich Wirtschaft erhielten die Crowdworking-Plattformen Amazon Mechanical Turk und Elance-oDesk. Mit „Job-Häppchen ohne Mindestlohn, ohne Krankenversicherung, ohne Urlaubsanspruch und ohne Solidarität“ würden diese ein digitales Tagelöhnertum etablieren. Amazon Logistik erhielt zudem den Big Brother Award in der Kategorie Arbeitswelt, während das Bundesgesundheitsministerium aufgrund von eHealth-Projekten mit fragwürdiger Datenschutzpraxis im Bereich im Verbrauchschutz ausgezeichnet wurde.

Der Neusprech-Award geht derweil an den Begriff „digitale Spurensicherung“, der in der Debatte über die Vorratsdatenspeicherung auftauchte. Doch laut der Begründung handele es sich dabei um eine der Wortneuschöpfungen, die die anlasslose Sammlung aller Kommunikationsdaten verschleiern soll.