Tastaturen: Features und Marketing unter der Lupe

Max Doll
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Tastaturen: Features und Marketing unter der Lupe

Einleitung

Auf den Verpackungen von Tastaturen wird in schöner Regelmäßigkeit mit zahlreichen als absolut lebensnotwendig angepriesenen Eigenschaften geworben. ComputerBase klärt, welche Merkmale überhaupt eine Besonderheit darstellen und verrät in Ergänzung zur Tastatur-Kaufberatung mit spezifischen Produktempfehlungen für alle Preisklassen, wo im Allgemeinen Fallstricke liegen.

Angaben zur Lebensdauer sind schwer greifbar

Seit der Wiederentdeckung mechanischer Taster bemühen sich Hersteller ausdauernd, die Vorzüge der teureren Technik herauszustellen – darunter die Lebensdauer. Damit haben Hersteller ein weiteres Feld für das „Number Game“ gefunden: Was bei Digitalkameras lange Zeit Megapixel waren oder bei Monitoren der dynamische Kontrast ist, wird bei Tastaturen zur durchschnittlichen Anzahl von Anschlägen bis zum Ausfall eines Tasters. Das Problem: Die Lebensdauer des Produktes wird nicht von der Tastentechnik allein bestimmt.

Taster werben mit Millionen Anschlägen

Die implizite Referenz für die Lebensdauer mechanischer Taster hat Cherry mit 50 Millionen Signalübertragungen für die bereits seit Jahrzehnten erhältlichen MX-Module gesetzt, die aufgrund ihrer Verbreitung de facto als Benchmark für Qualität gelten. Aussagekräftig sind Angaben nur bedingt, da Unternehmen nicht über die exakten Bedingungen der vermutlich unter idealen Laborbedingungen abgehaltenen Tests informieren.

Ein weiteres Argument mahnt zur Vorsicht gegenüber solchen Werten: Taster von Kailh, die funktional MX-Schaltern gleichen, haben ohne bauliche Veränderungen ihre Lebenserwartung gemäß Herstellerangaben von 50 auf 60 Millionen Anschläge steigern können. Ob dieser Sprung durch bessere Fertigungsqualität, Materialien oder ein anderes, geschickteres Messverfahren erreicht wird, ist unbekannt – was für sich genommen bereits Zweifel wecken sollte und die Hoffnungen auf eine Vergleichbarkeit der Angaben als Illusion entlarvt.

Anhaltspunkte über die tatsächliche Lebenserwartung eines Taster geben Praxiserfahrungen, wenn genügend Modelle seit ausreichender Zeit am Markt sind. Anekdotische Evidenz hat als Kriterium zwar nur schwache Aussagekraft, kann aber zumindest als Indikator für Qualität herangezogen werden. Taster von Kalih besitzen etwa einen tendenziell schlechteren Ruf. Deshalb sowie aufgrund der äußerlichen Ähnlichkeit mit MX-Modulen werden Schalter dieses Herstellers zudem häufig nicht explizit in Produktbeschreibungen erwähnt. Wirbt ein Hersteller nicht explizit mit MX-Tastern, handelt es sich auch nicht um solche: „Brown Switches“ sind keine „MX Brown Switches“.

Der Zahlenkrieg beschränkt sich nicht nur auf mechanische Taster, sondern hat auch Rubberdome-Technik erfasst. In diesem Bereich schwanken die Angaben zur Lebenserwartung, so sie denn gemacht werden, zwischen 5 und 30 Millionen Anschlägen, was nichts an ihrer geringen Aussagekraft zu ändern vermag. Insbesondere bei dieser Technik ist ein solcher Wert nur ein Indikator für die Fähigkeit einer Tastatur zur Erfassung von Signalen. Da das Gummi der Glocken in stärkerem Maße Alterungsprozessen unterliegt als Metall und Kunststoff anderer Taster, erreichen solche Eingabegeräte ihr Lebensende mitunter weit vor Erreichen der ausgewiesenen Menge Anschlägen – weil es sich einfach nicht mehr flüssig tippt.

Auch Tastenkappen nutzen sich ab

Taster sind ohnehin nicht das einzige Kriterium für die Lebensdauer einer Tastatur, auch die Tastenkappe bestimmt sie nachhaltig. Während sich bei MX-Modulen die Kappe einfach tauschen lässt, existiert diese Option bei anderen mechanischen Tastern mit alternativen Aufnahmen oder auf Rubberdome basierenden Produkten nicht. Entfällt die Möglichkeit zum Austausch, haben Kappe und Beschriftung einen Einfluss auf das Ende des Betriebszeitraumes. Dieses lässt sich, da abhängig von der Veranlagung des Nutzers, also einer Mischung aus biologischen Voraussetzungen und Nutzungsgewohnheiten, dem verwendeten Kunststoff sowie der qualitativen Umsetzung des gewählten Beschriftungsverfahrens, kaum verlässlich quantifizieren.

Die Nennung eines „Laser cut“-Verfahrens klingt zwar technisch-futuristisch, ist jedoch bei beleuchteten Tastaturen ein bauartbedingter Standard, dessen Haltbarkeit von der Beschichtung der Kappen abhängt. Prinzipiell hält diese Art Beschriftung aber länger als einfaches „Pad-Printing“, wobei Pads mit Tinte getränkt und auf der Tastenkappe „aufgeklebt“ werden.

Angaben wie „Wear Resistant UV Coating“ sind in diesem Kontext vor allem ohne Bennung eines Vergleichsmaßstabes ebenso bedeutungslose Allgemeinplätze aus dem Standardrepertoire der Werbung wie das mit einem in keiner Weise konkreten Adjektiv garnierte Versprechen von „Tough ABS“-Kunststoff (Asus Strix Tactic Pro) als Basismaterial – die Verwendung von höherwertigem PBT-Material zählt zu einer absoluten Ausnahme, beworben wird von Asus also nichts weiter als ein simples Standardfeature. Aus gleichem Grund sollte trotz visuell vorteilhaften Produktbildern auf Eingabgeräte verzichtet werden, deren Oberfläche aus schwarz glänzendem Kunststoff in Klavierlack-Optik besteht.

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