Hori Edge 201 im Test: Mechanische Tastaturen können auch flach sein

 2/4
Max Doll
68 Kommentare

Äußerlichkeiten

Wie unter anderem Corsair montiert auch Hori die mechanischen Taster freistehend, was Erscheinungsbild und Materialwahl entscheidend beeinflusst. Während bei normalen Tastaturen die zur Stabilisierung auf einer Metallplatte befestigten Taster von einer Oberschale umschlossen werden, wird bei freistehender Anordnung auf diesen Teil des Chassis verzichtet und die in diesem Fall aus 1,5 Millimeter dickem, gebürstetem Aluminium gefertigte Aluminiumplatte als Gehäuse-Oberteil eingesetzt. So entsteht ein „Aluminiumgehäuse“ mitsamt besonderem Look, ohne massive Kosten für die Fertigung einer aus Metall gefertigten Oberschale zu verursachen.

Einfach zu reinigen, aber hart für Handballen

Derart montierte Taster lassen sich zudem einfach reinigen, eine Eigenschaft, die auch auf das übrige Chassis zutrifft. Nicht ganz der Preisklasse gerecht wird die Anmutung der Handballenauflage. Der Kunststoff will mit seiner harten und ein wenig rauen Oberfläche nicht zur Rechtfertigung des Verkaufspreises beitragen. Die Befestigung des Zubehörteils erscheint zudem wenig vertrauenserweckend; die Auflage ließ sich am Testexemplar linksseitig zu leicht lösen, was zu versehentlicher Trennung von der Tastatur führte – eine mögliche Begleiterscheinung konstruktiv einfacher Lösungen.

Flache Tastenkappen in flacher Ebene

Wie bei beleuchteten Tastaturen üblich werden die Tastenkappen vollständig aus transluzentem ABS-Kunststoff gefertigt und mit einer schwarzen, potenziell langlebigen Oberflächenbeschichtung versehen, aus der die Beschriftung ausgeschnitten wird („Laser-cut“-Verfahren). Die Kappen fallen etwa so hoch aus wie die von Cherry auf der MX Board 3.0 verbauten Modelle, sind allerdings nicht angestellt. Wie bei Scissor-Tastaturen erzeugt Hori eine vollständig flache Eingabeebene.

Weil die Beleuchtung von mechanischen Schaltern von der Position der LED abhängt, mit der jede Tasten einzeln angestrahlt wird, kann die Ausleuchtung der Tastenkappe nicht gleichmäßig erfolgen. Bei Tastern von Hori befindet sich die LED oberhalb des Schaltergehäuses, woraus eine optimale Ausleuchtung des oberen Kappenbereiches resultiert. Qualitativ bewegen sich die Taster damit auf einem Niveau mit einfachen MX-Tastern. Die für 170 Euro längst erhältlichen RGB-Modelle verschiedener Hersteller erzielen allerdings sichtbar bessere Ergebnisse.

Mittelhell ist lauter als richtig hell

Die solchermaßen bauartbedingte Inhomogenität der Beleuchtung wird zudem durch großflächige Tastenbeschriftungen weiter forciert. Auffällig ist dabei ein bei verringerter Helligkeit gut sichtbarer „Leuchtkegel“. Dieser ist das Resultat der Kombination aus flacheren Tastern und flachen Kappen, welche die Distanz zwischen LED und anzustrahlender Oberfläche zu weit reduziert.

Die Beleuchtung des Musters fiept

Einen wirklichen Faux Pas leistet sich die Edge jedoch bei der Helligkeitsreglung selbst: Im Bereich von 50 bis einschließlich 90 Prozent der maximalen Leuchtkraft erzeugt die Elektronik der Tastatur einen aus üblichem Sitzabstand über das Tippgeräusch hinweg gut wahrnehmbaren Fiepton. Damit wird ein großer Teil des alltagsrelevanten Helligkeitsbereiches mit einer unangenehmen Geräuschkulisse unterlegt – das ist schlichtweg inakzeptabel, soll aber nicht der Normalfall sein: Hori selbst vermutet einen Produktfehler mit dem vorliegenden Muster.

Tastentechnik

Die von Hori gefertigten Taster der Edge 201 orientieren sich funktional wie Modelle von Kailh an Cherrys MX-Tastentechnik. Im Gegensatz zu diesen Tastenmodulen wird der Signalpunkt jedoch bereits nach 1,5 statt der üblichen 2 Millimeter, der Anschlag nach 3 statt 4 Millimetern erreicht. Wie der QS1 von SteelSeries mit vergleichbaren Rahmendaten, der in der M800 verbaut wird, ist auch der Hori Blue ein linearer Taster, gibt also weder akustische noch fühlbare Rückmeldung über eine Signalübertragung.

Schalter Hori Blue Cherry MX Red/Black SteelSeries QS1
Charakteristik linear
Hub 3 mm 4 mm 3 mm
Widerstand am Signalpunkt 55 g 45/60 g 45 g
Position des Signalpunktes 1,5 mm 2,0 mn 1,5 mm
Lebensdauer 75 Mio. Anschläge 50 Mio. Anschläge 60 Mio. Anschläge

Von den ähnlich konzipierten QS1 unterscheidet sich der Hori-Taster in zwei wesentlichen Punkten: Der Widerstand von 55 Gramm am Signalpunkt fällt spürbar höher aus; eine Eigenschaft, die abhängig von individuellen Präferenzen ermüdend wirken kann. Im Gegenzug sinkt bei dieser Konfiguration die Wahrscheinlichkeit, bei nicht sauber getroffenen Tasten versehentlich den benachbarte Tastenkappe ebenfalls auszulösen. Anders als die QS1 verfügen Hori-Taster zudem über (verkürzte) Kreuzaufnahmen, was den Tausch der Tastenkappen gegen Zubehörprodukte ermöglicht. Außerdem besteht weiterhin die Möglichkeit, den Hubweg durch flache O-Ringe weiter zu verkürzen.

Weniger mechanisch als üblich

Diese Bauform senkt die Höhe des gesamten Schalters von 1,8 auf 1,1 Zentimeter und bringt, ausgenommen die Markierung des Druckpunktes, tatsächlich ein gewisses „Notebook-Feeling“ hervor. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Taster mit Kraftüberschuss an sein Hubende geschlagen wird, da sich die Verringerung der Wegstrecke deutlich wahrnehmen lässt. Anders als beim QS1 steht der kürzere Hub dem „Touch typing“ weniger entgegen, weil es durch den höheren Federwiderstand auf der kurzen Wegstrecke potentiell einfacher wird, den Taster gezielt nur bis zum Signalpunkt herunterzudrücken – der Widerstand an dieser Stelle entspricht mit rund 55 Gramm ohnehin dem Niveau der Rubberdome-basierten Notebook-Tastaturen. Im Zusammenspiel mit dem verkürzten Hub verleitet das dazu, stärker wie auf einer Rubberdome-Tastatur zu tippen.

Wie bei anderen Tastern flacher Bauart sinkt auch bei Hori analog zur Verkleinerung der Klangkörper die Lautstärke, die etwa das Niveau einfacher Rubberdome-Tastaturen in voller Bauhöhe erreicht. Die mechanische Version dieser Technik neigt jedoch zum klackern und tönt aufgrund der offenen Kulisse heller. Auch das leichte Pingen der Feder ist ein typisches Element aus dem Klangbild mechanischer Taster, das zuvorderst bei Derivaten von Cherrys Modellen in Erscheinung tritt.

Hori Edge 201 (Hori Blue)

Qualitativ nicht ganz auf Cherry-Niveau

Ein weiteres Merkmal solcher „Nachbauten“ ist das potentielle Verkanten des Stempels, unter dem Taster unterhalb größerer Kappen leiden. Das Phänomen tritt vor allem, aber nicht nur, bei größeren, noch nicht stabilisierten Kappen wie „Strg“ auf und kann bei Betätigung einer Kappe am äußeren Rand zum Ansteigen des Widerstandes führen. Das Phänomen ist abhängig von der Art der Betätigung und der aufgewendeten Kraft, was ein sporadisches Auftreten im Alltag vor allem beim Schreiben begünstigt; Hori-Taster schienen hier allerdings anfälliger zu sein als eigentlich üblich.

Bei adaptiertem Schreibverhalten stört so eine gewisse Inhomogenität des Feedbacks bis hin zu ab und an nicht ausgelösten Tastern, wenn ein Eindrücken nur bis zum Signalpunkt beabsichtigt war. Eingaben mit größerem Kraftüberschuss lösen das Problem, können aber aufgrund der stärkeren Feder anstregend werden – im Test kristallisierte sich nach einer Eingewöhnungsphase das „Touch typing“ als Instinktlösung heraus.