Battlefleet Gothic: Armada im Test: Detailverliebte Weltraum-Baustelle

 3/5
Max Doll
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Viel zu viel Baustelle

Armada versucht auf dieser Basis Strategie mit Anspruch zu sein und diesen Ansatz mit der düsteren „grimdark“-Atmosphäre der Tabletop-Vorlage zu verbinden. Das Vorhaben erklärt zunächst den Wunsch, nicht immer ganz faire Begegnungen zu erzeugen, bei denen sich Admiräle auch einmal in Anbetracht der stets knappen Ressourcen zur Sicherung ihrer wertvollen Schiffe und erfahrenen Crews zurückziehen müssen. Dazu muss lediglich ein dreiminütiger Timer überstanden werden, der zu kurzem Feindkontakt zwingt.

Maximal ein Schlachtschiff lässt sich ins Feld führen
Maximal ein Schlachtschiff lässt sich ins Feld führen

Andererseits erklärt sich daraus die starke Einbindung des Faktors Zufall, etwa beim Moralsystem. Mehrfach ergriff eine feindliche Flotte nach dem Verlust einer kleinen Fregatte die Flucht – die Möglichkeit zur Exekution meuternder Mannschaften wurde von KI-Admirälen nicht genutzt. Andersherum ließen sich Gefechte beobachten, in denen eigene Aktionen reihenweise fehlschlugen, während Gegner mit jeder Aktion massiven Schaden anrichten konnten. Das Glück des Krieges erscheint in einem düsteren Spiel zwar realistisch, aber nicht unbedingt unterhaltsam, weil der Einfluss solcher Elemente viel zu groß wird.

Der anfänglichen Faszination über taktische Schlachten, deren Auswirkungen quasi in Zeitlupe sichtbar werden, dem Tanz auf galaktischem Parkett weicht schließlich Ärger auch über Kleinigkeiten. Die zu geringe Zoomstufe, die visuell ohne die von Hand in jeder Partie zu aktivierende Hilfsanzeige nicht ersichtlichen Grenzen von gefährlichen Asteroidenfeldern und die Unfähigkeit der Untergebenen, diesen Hindernissen sowie Minen, die ebenfalls auf den zufallsgenerierten Karten anzutreffen sind, auszuweichen zeigen auch Schwächen bei gänzlich trivialen Dingen auf. Das permanent nötige Babysitting und Fehltritte bei Grundlagen nerven in einem Setting, indem inkompetente Untergebene für ihr Versagen gerne hingerichtet werden.

Einzelspieler Qual-ität

Für Versagen hingerichtet werden: Anlass dafür bietet nicht nur solche Pflichtvergessenheit. Wie viele Strategiespiele versagt auch Armada beim Erzählen einer Geschichte. Die orientiert sich zunächst dicht an der Tabletop-Vorlage, dem „12. Schwarzen Kreuzzug“ – für Fans ein Fest, für alle anderen eine Qual, weil Tindalos keine Geschichten erzählt, sondern bemühte Sprecher bemühte Dialoge vortragen lässt, die an der Reife des Schreibers zweifeln lassen. Überspringen oder Abschalten lässt sich die Folter übrigens nicht. Wer in einer Mission versagt, landet also in einer hässlichen Zeitschleife – so er denn gewinnen will.

Hübsch: Die Kampagnenkarte
Hübsch: Die Kampagnenkarte

Denn das Ziel des Einzelspieler-Modus ist es, einen Raumsektor gegen Kräfte des Bösen zu verteidigen. Dazu muss nicht jede Schlacht gewonnen werden, was im Normalfall ohnehin unmöglich erscheint. Stattdessen gilt es in 32 Runden lang möglichst viele kriegswichtige Planeten zu verteidigen und sich die Gefechte herauszusuchen, die zu gewinnen sind. Im Kern basiert die „Kampagne“ lediglich auf einer Reihung von Skirmish-Duellen gegen die KI, die wie alle Schlachten nach etwa fünf Minuten entschieden sind.

Obwohl eine größere Anzahl Missionstypen theoretisch für Abwechslung sorgt, ist deren praktische Umsetzung eine Katastrophe. Zudem fehlt es klar an Höhepunkten, selbst einzigartige Missionen sind kurz, unspektakulär und uninspiriert, was nach ein paar Stunden in der Langweile mündet. Da Planeten und damit Missionen zudem beliebig ausgewählt werden können, ist die nötige Selektion bei ausreichend gewonnen Schlachten zudem kein Problem. Wozu eigentlich Verbindungswege zwischen Welten eingezeichnet wurden, wissen nur die Entwickler.

Grimstupid statt grimdark

Der größte Kritikpunkt ist jedoch der stark schwankende Schwierigkeitsgrad. Schlachten bis auf den Tod, Cruiser Clash genannt, sind einfach, weil die KI ihre Flotte am Start über die Karte verteilt – und der einzige uneingeschränkt spielbare Missionstyp. Spieler können so oft lokal überlegene Feuerkraft zum Einsatz bringen und sich vom Start weg einen Vorteil verschaffen. Es ist diese Eigenheit, die Kämpfe mit Verbündeten zu einem echten Furunkel werden lässt. Hier ändert sich nicht der über Punkte bestimmte Stärkewert der Flotte pro Seite, sondern lediglich die Befehlskette: Die Hälfte der Schiffe kommandiert nun ein lobotomierter Affe, der unkooperativ vorgeht und fast immer völlig versagt.

Zwischensequenzen bestehen aus losen Bildfolgen
Zwischensequenzen bestehen aus losen Bildfolgen

Das überlässt es dem Spieler, sich gegen eine Übermacht zu behaupten, oftmals ohne Aussicht aus Erfolg. Höhepunkt dieser Farce ist eine Mission mit einem Eldar-Prinzen, der in arroganter Manier darüber belehrt, die stark gepanzerten aber langsamen Schiffe der feindlichen Orks unbedingt aus großer Distanz zu beschießen – und seinen Raumkreuzer wieder und wieder in sinnlosem Frontalangriff aus nächster Nähe zu Schrott schießen lässt. Solcher Unsinn bei KI und Balancing ist nicht mehr grimdark, sondern grimstupid.