Vernetztes Leben: „Ich sollte abends keine Serien gucken, sagt mein Bett“

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Jan Wichmann
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Erfahrungen im Alltag

Am Anfang steht die Neugier

Im Mittelpunkt des Langzeittests standen nicht in erster Linie die Gadgets als solche, vielmehr galt es, die Einflussnahme und Auswirkung der vernetzen Helfer auf den Alltag zu untersuchen. Sämtliche Einrichtungsvorgänge absolviert, wurde der Alltag bewältigt und ohne jedwede Vorgaben wie gewohnt gelebt. Stetiger Begleiter waren dabei eine Handvoll Apps, die die jeweiligen Gadgets mit sich brachten.

Der Tagesablauf veränderte sich unverzüglich. Schon innerhalb der ersten Nutzungstage zeigte sich, dass sämtliche Apps mehrfach am Tag kontrolliert wurden. Gleich zu Beginn des Tages wurden die aufgezeichneten Schlafdaten begutachtet. Einen Klick weiter und das tägliche Wetter war im Überblick. Der Gang ins Badezimmer führte auch oftmals zu einem Wiegen des Körpergewichts und der Beantwortung der Frage, ob sich gegenüber dem Vortag Veränderungen eingestellt haben. Selbst außerhalb der Wohnung wurden sämtliche Daten überwacht und beispielsweise interessiert das örtliche Wetter verfolgt. Die Neugier obsiegt in allen Bereichen und es wurde sich verstärkt mit den analysierten Werten auseinandergesetzt, sodass bereits in der ersten Testwoche die Ernährung umgestellt wurde. Nahm die Ernährungsanalyse mitunter am meisten Zeit in Anspruch, übte sie den größten Einfluss auf den Testzyklus aus. Dies ist vor allem durch Unwissenheit begründet. Zwar wurden im bisherigen Tagesgeschehen Kilokalorien grob gezählt, doch war an eine detaillierte Nährwertaufschlüsselung um Ballaststoffe, Eiweiß oder gewissen Fettsäuren nicht zu denken. Auch sonst wurden die ermittelten Daten nahezu nach jeder Benutzung eines Gadgets in Augenschein genommen.

Die Routine gewinnt schnell

Die anfängliche Euphorie fand jedoch schnell ihren Kehrpunkt. Etwa nach drei Wochen waren sämtliche Connected-Life-Gadgets nur noch minimalisiert in den Tag eingebunden. Zwar wurden sie dabei stets benutzt, doch sind etwaige Werte nicht permanent kontrolliert worden. Vielmehr wurde im Connected-Health-Sektor instinktiv ein Gespür dafür entwickelt, wie sich auch ohne Kontrolle der Apps ein Tagesablauf im Rahmen der jeweils vorgegebenen Parameter umsetzen lässt. Der Nutzer hat die analysierten Daten eines Tages so sehr verinnerlicht, dass die aus der Anfangsphase vorherrschende Einflussnahme fortan, zumindest an herkömmlichen Tagen, weiter abnahm. Als Ausnahme hiervon zeigten sich jene Tage, die von der Routine abwichen.

Informationen werden nur noch nach Bedarf abgerufen

Dem steht der Smart-Home-Bereich gegenüber. Zwar lediglich mit einem Wetterstationssystem vertreten zeigten sich ähnliche Gegebenheiten. Anfängliche Spielereien verschwanden und das Gadget wurde nur noch benutzt, wenn es entscheidende Fragen – wie etwa das abendliche Grillen auf der Terrasse oder das Wäscheaufhängen – zu beantworten galt.

Eine nochmalige Steigerung dieser Routine zeigte sich in der letzten Woche der Erfahrungssammlung. Die einzelnen Apps wurden nur noch sporadisch aufgerufen. Synchronisationen wurden zumeist erst mit einem Tag Verzögerung durchgeführt. Die Neugier wandelte sich zunehmend in eine Belastung. Bestes Beispiel hierfür war das Tracken von Essen, das zuletzt zwei Tage später eingetragen wurde. Tagesablauf, Schrittzahl, Betätigung oder auch die herkömmlichen Lebensmittel sind nach vier bis fünf Wochen ebenso bekannt wie die dazugehörigen Daten. Der Prozess der Einflussnahme der Gadgets ist beendet beziehungsweise sinkt auf ein Minimum, was selbst etwaige „Herausforderungen“ nicht stoppen konnten.

Eine Menge Daten und deren Wirkung

Connected Life : Ein Selbstversuch im vernetzten Leben
Connected Life : Ein Selbstversuch im vernetzten Leben

Dutzende von Messungen förderten in den Testwochen eine Vielzahl von Daten. Halfen diese nun, besser zu leben? Indirekt – sämtliche Gadgets sowie die daraus resultierenden Daten haben einzig zur Aufgabe, Missstände aufzuzeigen und diese mit Hilfestellungen entgegenzuwirken. Auch kann der Nutzer an den ermittelten Daten festmachen, unter welchen Lebensumständen er sich am wohlsten gefühlt hat. Dies zeigte sich beispielsweise im Zuge der Schlafanalyse. Neben einer möglichst dunklen, ruhigen und sauerstoffereichen Umgebung wurde ersichtlich, dass der abendliche Serienmarathon nicht förderlich ist, da der Ruhepuls längere Zeit benötigt, um auf ein niedriges Niveau zu kommen.

Eben jene Beseitigung der aufgezeigten Mängel obliegen dem Nutzer, der sich auf einen Wandel einlassen wollen muss – wobei sich jedoch auch eine bereits bekannte Krux offenbarte: Die in den Apps vorgegebenen Tagesparameter sind lediglich Durchschnittswerte, die hinsichtlich des Alters vorgegeben werden. So werden etwa körperliche Feinheiten und Ernährungs- oder Trainingsumstellungen nicht mit berücksichtigt.