AMD Radeon VII im Test: Zu laut, zu langsam und zu teuer, aber mit 16 GB HBM2

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Update Wolfgang Andermahr
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Sondertests mit der Radeon VII

Mit der Radeon VII lassen sich viele Spezialgebiete anschauen, um die Auswirkungen der Hardwareänderungen herauszufinden. Das im Test genutzte Undervolting und Overclocking sind nur zwei Themengebiete, weshalb ComputerBase im Folgenden weitere Eigenschaften der Radeon VII abseits der normalen Tests beleuchtet.

Die 16 GB Speicher bringen teils Vorteile (Update)

Vermutlich das Highlight der Radeon VII ist der 16 Gigabyte Speicher – doppelt so viel wie beim Vorgänger Radeon RX Vega 64, doppelt so viel wie bei der direkten Konkurrenz GeForce RTX 2080 und gar mehr als bei der GeForce RTX 2080 Ti. Auch wenn die Größe klar auf die Zukunft ausgerichtet ist – hier werden 8-GB-Modelle zwangsweise mit der Zeit kritisch werden –, stellt sich die Frage, ob der Speicherausbau auch heute schon etwas bringt.

Bei fast allen Spielen reichen 8.192 MB für die schönsten Texturen auch in Ultra HD noch aus. Es stellt sich aber die Frage, ob es auch Konstellationen gibt, in denen der Speicher eben nicht mehr ausreicht. Die Redaktion prüft anhand von Call of Duty: WWII, den Nachfolger Black Ops 4 und Wolfenstein 2, ob sie eine Grafikkarte mit 8.192 MB in speicherfressenden Spielen aus dem Tritt bringen kann. Getestete werden sowohl realistische Qualitätseinstellungen als auch etwas exotischere Settings.

3 Spiele, 3 unterschiedliche Ergebnisse

Call of Duty: WWII ist ein Speicherfresser. Das geht so weit, dass 8 GB für die maximale Performance in 3.840 × 2.160 nicht mehr ausreichen. So zeigen sowohl die GeForce RTX 2080 als auch die Radeon RX Vega 64 einige Spikes in der Testszene, was sich auch spüren lässt. Die Radeon VII zeigt diese nicht, auch wenn die Grafikkarte generell mit etwas unregelmäßigen Frametimes zu kämpfen hat. Da die Radeon RX Vega 64 dies nicht zeigt, handelt es sich vermutlich um einen Treiberfehler. In 5.120 × 2.880 ist die Situation noch extremer. Nur die Radeon VII bietet noch gute Frametimes, interessanterweise auch deutlich regelmäßigere als in Ultra HD. GeForce RTX 2080 und Radeon RX Vega 64 haken dagegen deutlich. Allerdings ist auch die Radeon VII in dieser Auflösung nur noch mäßig spielbar, da die Performance dafür kaum noch ausreicht, was wiederum nichts mit dem Speicher zu tun hat.

Call of Duty: WWII
Call of Duty: WWII – 8 GB vs. 16 GB, 3.840 × 2.160
01020304050Millisekunden 11002003004005006007008009001.0001.1001.2001.3001.4001.5001.6001.7001.8001.881

Im Nachfolger Call of Duty: Black Ops 3 lässt sich in Ultra HD dagegen nur erkennen, dass das Spiel unabhängig von der Grafikkarte keine perfekten Frametimes liefert. In 5.120 × 2.880 geraten beide 8-GB-Modelle dann massiv ins Straucheln, die Radeon VII liefert dagegen auch in der Auflösung eine regelmäßige Frameausgabe. Während der Vorgänger in der Auflösung noch mäßig spielbar ist, reicht die Performance der Radeon VII für Black Ops 4 dann aber nicht mehr aus.

Call of Duty: Black Ops 4
Call of Duty: Black Ops 4 – 8 GB vs. 16 GB, 3.840 × 2.160
01020304050Millisekunden 11002003004005006007008009001.0001.1001.2001.3001.4001.525

Die in Wolfenstein 2 genutzte Testszene hakt an einer Stelle unabhängig der Hardware, was sich in den Diagrammen gut erkennen lässt. Davon abgesehen erledigen alle drei Grafikkarten die Aufgabe in 3.840 × 2.160 gut. In 5.120 × 2.880 zeigt sich dann, dass Nvidia ein etwas besseres Speichermanagement hat. Die Radeon RX Vega 64 gerät völlig aus den Fugen, während die GeForce RTX 2080 immer noch gute Frametimes liefert. Dass auch der Nvidia-Grafikkarte der Speicher ausgeht, erkennt man nur daran, dass die Radeon VII, die ebenso saubere Frametimes hat, plötzlich etwas schneller arbeitet, obwohl der AMD-Beschleuniger in dem Spiel ansonsten langsamer ist. Da die Testszene ein Worst-Case-Szenario ist, ist Wolfenstein 2 auf beiden Grafikkarten durchaus spielbar, auch wenn die Framerate nicht hoch ist.

Das Vulkan-Spiel bietet in den Grafikoptionen an, das Textur-Streaming trotz des höchsten Presets um eine weitere Stufe zu erhöhen. Damit werden weitere Texturen in den Grafikspeicher geladen, die ein mögliches Nachladen inklusive Ruckler unterbinden sollen. Einen praktischen Vorteil hat die Funktion allerdings nicht. Wird sie dennoch aktiviert, reichen weder bei der Radeon RX Vega 64, noch bei der GeForce RTX 2080 die 8.192 MB aus – Wolfenstein 2 ist dann unspielbar. Die Radeon VII erledigt den Job aufgrund der 16 GB dagegen problemlos und arbeitet genauso gut wie mit dem zweithöchsten Textur-Streaming.

Wolfenstein 2
Wolfenstein 2 – 8 GB vs. 16 GB, 3.840 × 2.160
024487296120Millisekunden 11002003004005006007008009001.0001.1001.2001.3001.4001.5001.6001.7001.8001.865

Ein Update mit HBCC auf der Radeon RX Vega 64

Auf Nachfrage der Leser hat ComputerBase die Tests auch auf einer Radeon RX Vega 64 mit aktiviertem High Bandwith Cache Controller, kurz HBCC, durchgeführt (zusätzliche 8 GB, 16 GB können adressiert werden). Und es gibt interessante Ergebnisse. Denn mit dem HBCC zeigen sich in Szenarien, wo es deutlich an Speicher mangelt (Black Ops 4 in 5.120 × 2.880, Wolfenstein 2 in derselben Auflösung und Wolfenstein 2 mit maximalen Textur-Streaming) deutlich bessere Frametimes als ohne das Vega-exklusive Feature. Dort bringt die intelligente Auslagerung des Speicher spürbare Vorteile. Trotz der Vorteile wird aber nicht das einwandfreie Niveau der Radeon VII mit den nativen 16 GB erreicht.

Genauso gibt es jedoch auch Problemfälle, die vor allem dann auftreten, wenn die 8 GB der Radeon RX Vega 64 noch ausreicht. So ist Call of Duty WWII in Ultra HD zum Beispiel unspielbar, es zeigt sich ein Gummibandeffekt. Auch Black Ops 4 hat in 3.840 × 2.160 mit schlechtere Frametimes als ohne HBCC zu kämpfen, dasselbe gilt für Wolfenstein 2 in derselben Auflösung.

Was bringt die enorme Speicherbandbreite in Spielen?

Die Radeon VII hat eine enorme Speicherbandbreite von über einem Terabyte in der Sekunde. Das ist doppelt so viel wie bei der Radeon RX Vega 64 und auch die Titan RTX kommt nicht annähernd an den Wert heran. Doch was bringt das der Radeon VII in Spielen? Genau lässt sich das nicht feststellen, da die Grafikkarte keinen geringeren Speichertakt als 800 MHz übernimmt. Das resultiert immer noch in 819 GB/s Speicherbandbreite statt der 484 GB/s, die die Radeon RX Vega 64 aufweist. Allerdings ergibt sich somit dennoch eine Spanne von 800 MHz bis 1.200 MHz, die eine Bewertung über den Nutzen zulässt.

Performancerating – Speicherskalierung
    • AMD Radeon VII @ 1.800/1.200
      50,2
    • AMD Radeon VII @ 1.800/1.000
      49,0
    • AMD Radeon VII @ 1.800/800
      46,4
Einheit: Bilder pro Sekunde (FPS), Geometrisches Mittel

Auch wenn man zuerst dachte, dass die enorme Speicherbandbreite nur in Compute-Anwendungen von Nutzen ist, auch in Spielen kann die Radeon VII dadurch profitieren. Dabei hat AMD mit den werksseitigen 1.000 MHz (1,024 TB/s) einen guten Sweet-Spot gefunden. Denn während die Grafikkarten im Vergleich zwischen einem Speichertakt von 800 MHz (0,819 TB/s) und 1.000 MHz noch um sechs Prozent an Performance zulegt, sind es beim Übertakten auf 1.200 MHz (1,228 TB/s) nur noch zwei Prozent.

Deutlich lässt sich das in einzelnen Spielen erkennen. So bringen die 1.000 MHz gegenüber 800 MHz in Call of Duty: WWII noch ein FPS-Plus von fünf Prozent. Die zusätzlich möglichen 200 MHz dagegen nur noch ein Prozent. Star Wars: Battlefront 2 legt dagegen überhaupt nicht mehr zu, andere Spiele noch um fünf Prozent. Meistens beträgt das Leistungsplus zwei bis drei Prozent. In Verbindung mit dem Übertakten der GPU und damit einer höheren Rohleistung würde das Leistungsplus wieder höher ausfallen.

Speicherskalierung
Assassin's Creed: Origins – Speicherskalierung
  • FPS, Durchschnitt:
    • AMD Radeon VII @ 1.800/1.200
      47,0
    • AMD Radeon VII @ 1.800/1.000
      44,8
    • AMD Radeon VII @ 1.800/800
      42,8
Einheit: Bilder pro Sekunde (FPS)

Radeon VII vs. Vega 64 bei ähnlicher Rohleistung

Es ist mit der Radeon VII nicht möglich herauszufinden, ob die kleinen Veränderungen der Vega-Architektur bei gleicher Rohleistung Vorteile gegenüber der ersten Iteration haben. Während sich die Rohleistung der GPU noch recht genau treffen lässt, ist das beim Speicher nämlich nicht möglich. Um die Annäherung so nahe wie möglich zu gestalten, wird die Radeon RX Vega 64 bei vollem Power Limit auf 1.400 MHz eingebremst, die Radeon VII bei vollem Power Limit dagegen bei 1.490 MHz. Das erzeugt eine fast identische Rohleistung der GPU.

Beim Speicher ist mehr als eine Annäherung dagegen nicht möglich. Der HBM2-VRAM auf der Radeon RX Vega 64 wird auf 1.100 MHz übertaktet, der der Radeon VII auf 800 MHz heruntergetaktet. Damit steht der Radeon VII aufgrund des doppelt so breiten Speicherinterface aber immer noch eine um 45 Prozent höhere Bandbreite zur Verfügung.

Performancerating – Architekturverbesserung
    • AMD Radeon VII
      49,0
    • Radeon VII @ 1.490/800
      41,4
    • Radeon RX Vega 64 @ 1.400/1.100
      39,9
Einheit: Bilder pro Sekunde (FPS), Geometrisches Mittel

Im Durchschnitt ist die angepasste Radeon VII vier Prozent schneller als die ebenso angepasste Radeon RX Vega 64. Auch wenn es schwer ist zu sagen, was davon jetzt durch die höhere Bandbreite zustande gekommen ist, ist ersichtlich, dass die Änderungen – wenn überhaupt – nur einen minimalen Vorteil bringen. Allerdings hat AMD auch nie angekündigt, dass die Performance bei gleicher Rohleistung besser sein soll. Das steht erst für Navi an. Auf jeden Fall lässt sich definitiv ausschließen, dass es Änderungen an der Basis-Architektur gegeben hat, durch die die Spieleleistung steigt. Das wird auf der Radeon VII ausschließlich durch den höheren GPU-Takt und die höhere Speicherbandbreite erzielt.

Architekturverbesserung
Assassin's Creed: Origins – Architekturverbesserung
  • FPS, Durchschnitt:
    • AMD Radeon VII
      44,8
    • Radeon VII @ 1.490/800
      37,3
    • Radeon RX Vega 64 @ 1.400/1.100
      36,7
Einheit: Bilder pro Sekunde (FPS)

Radeon VII vs. RX Vega 64 bei gleicher Leistungsaufnahme

Da die Radeon VII anders als die Radeon RX Vega 64 nur selten ins Power Limit läuft, ist es anhand der bisherigen Benchmarks nicht abzuschätzen, wie viel schneller die neue Grafikkarte bei gleichem Energiebedarf ist. Um das herauszufinden, hat die Redaktion die maximal erlaubte Leistungsaufnahme beider AMD-Grafikkarten auf circa 240 Watt begrenzt. Das ist möglich, indem das Power Limit auf beiden Grafikkarten auf -20 Prozent gestellt wird. Die Radeon RX Vega 64 genehmigt sich dann mit 242 Watt drei Watt mehr als die Radeon VII, die auf 239 Watt kommt. Eine genauere Annäherung ist mit dem Power Limit aber nicht möglich.

Performancerating – Effizienzvergleich bei 240 W
    • AMD Radeon VII
      49,0
    • AMD Radeon VII @ 240 W
      47,6
    • AMD Radeon RX Vega 64
      39,1
    • AMD Radeon RX Vega 64 @ 240 W
      36,4
Einheit: Bilder pro Sekunde (FPS), Geometrisches Mittel

Im Werkszustand ist die Radeon VII 25 Prozent schneller als die Radeon RX Vega 64, letztere weist aber trotzdem eine höhere Leistungsaufnahme auf. Werden beide Grafikkarte auf 240 Watt limitiert, kann sich die Radeon VII sechs weitere Prozent, insgesamt also um 31 Prozent, absetzen. Da sich an der Basis-Architektur von Vega bezüglich der Leistungsaufnahme nichts geändert hat, ist das damit in etwa der Effizienzgewinn, den AMD durch die 7-nm-Fertigung der Vega-20-GPU erzielt hat.

Der Extremfall ist Ghost Recon: Wildlands. In diesem Ubisoft-Spiel verliert die Radeon VII durch die 240-Watt-Limitierung nur ein Prozent an FPS, die Radeon RX Vega 64 derweil gleich neun Prozent. Im schlimmsten Fall verliert die Radeon VIII sechs Prozent an Bildern in der Sekunde. Das ist aber nur in Star Wars: Battlefront 2 der Fall.

Effizienzvergleich bei 240 W
Assassin's Creed: Origins – Effizienzvergleich bei 240 W
  • FPS, Durchschnitt:
    • AMD Radeon VII
      44,8
    • AMD Radeon VII @ 240 W
      44,7
    • AMD Radeon RX Vega 64
      36,8
    • AMD Radeon RX Vega 64 @ 240 W
      35,5
Einheit: Bilder pro Sekunde (FPS)
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