Huawei FreeBuds 4 im Test: Offene ANC-In-Ears mit Extras für HarmonyOS

Frank Hüber
17 Kommentare
Huawei FreeBuds 4 im Test: Offene ANC-In-Ears mit Extras für HarmonyOS

Die Huawei FreeBuds 4 setzen auf ein offenes Design ohne Silikonaufsätze, bieten aber trotzdem ANC. Für Ruhe sorgt dies jedoch nicht. Das angenehme Tragegefühl und der gute Klang werden mit einer zu kurzen Akkulaufzeit kombiniert. Kurze Latenzen gibt es nur mit Huaweis HarmonyOS.

Die Huawei FreeBuds 4 sind die neuesten kabellosen ANC-In-Ears von Huawei und beerben die FreeBuds 3 (Test). Nach den FreeBuds 3i (Test), die bereits von den FreeBuds 4i abgelöst wurden, und den FreeBuds Pro (Test) komplettiert der Hersteller das Dreiergespann, macht die Auswahl und Unterscheidung für Käufer dadurch aber nicht einfacher. ComputerBase beleuchtet das neue Modell, das sich selbst mit den Apple AirPods vergleicht.

Wichtigster Unterschied zu den FreeBuds Pro und den FreeBuds 4i ist das Open-Fit-Design der FreeBuds 4, denn sie verzichten auf Silikonaufsätze, die den Gehörgang abdichten und von den anderen beiden Modellen geboten werden. Wie bei den FreeBuds 3 liegen die FreeBuds 4 im Stil der Apple AirPods (Test) locker im Ohr. Dennoch verspricht Huawei Verbesserungen in quasi jedem Bereich: dem Klang, dem ANC, der Latenz und der Passform. Nebenbei wurde auch die Größe des Ladecases geschrumpft.

In den Handel kommen die FreeBuds 4 erst am 6. Juli, die Auslieferung startet am 2. Juli. Sie sind mit oder ohne Wireless-Charging-Case erhältlich. Für das in Weiß (Ceramic White) und Silber (Silver Frost) erhältliche Modell samt USB-C-Ladecase liegt die unverbindliche Preisempfehlung bei 149 Euro. Die Variante mit Wireless-Charging-Ladecase, das ausschließlich in Silber erhältlich sein wird, kostet hingegen 169 Euro. Wer die FreeBuds 4 bis 5. Juni bei Huawei vorbestellt, erhält ein Huawei Band 6 und sechs Monate Huawei Music gratis. Wer zudem innerhalb dieses Zeitraums 20 Euro anzahlt, bekommt einen Rabatt in Höhe von 20 Euro.

Im Lieferumfang befinden sich neben dem Ladecase und den Ohrhörern ein USB-C-auf-USB-A-Ladekabel und eine Kurzanleitung.

Technische Daten und Funktionen der FreeBuds 4

Bluetooth 5.2 mit Multi-Connect

Die Huawei FreeBuds 4 setzen auf Bluetooth 5.2 für die Funkverbindung zu Endgeräten. Dabei wird auch Bluetooth-Multi-Connect beziehungsweise Multipoint unterstützt, so dass die Ohrhörer mit zwei Endgeräten gleichzeitig verbunden sein können, um die Wiedergabe jederzeit von einem dieser Endgeräte nahtlos zu starten. Dies ist dann nützlich, wenn häufig zwei Geräte wie ein Smartphone und ein Tablet mit den Ohrhörern genutzt werden und man nicht ständig manuell die Verbindung umstellen möchte. Im Test funktioniert Multipoint problemlos.

AAC und Fast-Pair-Alternative ab EMUI10

Bei den Audio-Codecs unterstützt Huawei neben SBC erneut AAC. Ein HD-Codec oder eine gute Alternative für Android wird demnach nicht geboten.

Fast Pair mit Android wird zwar nicht unterstützt, in Verbindung mit einem Huawei-Smartphone mit EMUI10 oder höher erscheint zur Kopplung aber das eigene Pop-up-Pendant des Herstellers. Bei den eigenen Smartphones stehen in den Bluetooth-Einstellungen dann auch Funktionen wie die Firmware-Aktualisierung zur Verfügung, ohne dass es einer App bedarf.

Große Treiber und erweiterter Frequenzgang

Die dynamischen LCP-Treiber der FreeBuds 4 messen 14,3 mm im Durchmesser, bei den FreeBuds 3 sind es 14,2 mm. Sie sollen zudem einen erweiterten Frequenzgang bis hinauf auf 40 kHz bieten. Effektiv bleibt es jedoch bei 20 bis 20.000 Hz, da über Bluetooth mehr nicht möglich ist. Die 40 kHz können vom Kunden deshalb ignoriert werden.

Leichte Ohrhörer, kleineres Ladecase

Die Ohrhörer sind mit je nur 4,1 g erneut sehr leicht. Der nach unten zeigende Stängel ist mit rund 4 cm aber erneut lang und stößt beim Tester unter dem Ohr an den Kopf – eine potentielle Quelle störender Körpergeräusche, die sich auf die Ohrhörer übertragen. Auch das Ladecase mit einem Durchmesser von 58 mm und einer Dicke von 21,2 mm fällt kleiner und mit nur 38 g leichter aus als beim Vorgänger. Es kann zudem aufgrund der Rundungen problemlos in der Hosentasche mitgeführt werden.

Kurze Akkulaufzeit von nur 4 Stunden ohne ANC

Das geringe Gewicht wirkt sich aber auch auf die Akkulaufzeit aus, denn Huawei bietet wie beim Vorgänger nur bis zu 4 Stunden Musikwiedergabe mit einer Akkuladung – ohne ANC. Mit ANC sind es laut Huawei lediglich 2,5 Stunden. Im Test werden die Laufzeiten erneut nicht ganz erreicht. Nach 3:40 Stunden ist ohne ANC bereits Schluss, mit ANC sind es 2:25 Stunden.

Die Kapazität des Akkus in den Ohrhörern liegt jeweils bei 30 mAh, das Ladecase bietet 410 mAh. Über letzteres lassen sich die Ohrhörer mehr als vier Mal laden, so dass 18 zusätzliche Stunden ohne und 14 zusätzliche Stunden mit ANC zur Verfügung stehen. In diesem Bereich wird somit etwas mehr als bei den FreeBuds 3 geboten.

Per Schnellladen wird der Akku innerhalb von 15 Minuten für eine Wiedergabedauer von 2,5 Stunden ohne ANC geladen. Auch das Ladecase kann schnell geladen werden: Nach 30 Minuten bietet es 14 Stunden Akkulaufzeit. Das vollständige Laden der Ohrhörer und des Ladecases über USB-C ist dafür bereits nach rund einer Stunde erledigt.

Huawei FreeBuds 4 Huawei FreeBuds 3 Huawei FreeBuds Pro Sony WF-1000XM4 Apple AirPods Pro
Bluetooth-Standard: 5.2 5.1 LE 5.2 5.0
Audio-Codecs: SBC, AAC SBC, AAC, LDAC SBC, AAC
Bedienung: Touch
Akkulaufzeit der Ohrhörer: 4,0/2,5 (ANC) h 4,0/3,5 (ANC) h 7,0/4,5 (ANC) h 12,0/8,0 (ANC) h 5,0/4,5 (ANC) h
Akkulaufzeit mit Ladecase: 22,0 h 20,0 h 30,0 h 24,0 h
Wireless Charging: Ja
ANC: Ja
Einzelnutzung: Ja
IP-Zertifizierung: IPX4 Keine ? IPX4
Gewicht je Ohrhörer / nur Ladecase: 4,1/38,0 g 4,5/48,0 g 6,1/60,0 g 7,3/41,0 g 5,5/46,0 g
USB-Ladeanschluss: USB-C Lightning
Abmessungen Ladecase: 58,00 × 58,00 × 21,20 mm 60,90 × 60,90 × 21,80 mm 51,30 × 70,00 × 24,60 mm 40,00 × 67,00 × 30,00 mm 45,20 × 60,60 × 21,70 mm
Preis: ab 100 € ab 263 € ab 286 € ab 262 €

IPX4 für die Ohrhörer

Hat Huawei für die FreeBuds 3 keine IP-Zertifizierung ausgewiesen, sind die neuen FreeBuds 4 nach IPX4 gegen Spritzwasser geschützt. Regen und Schweiß fügen den Ohrhörern somit keinen Schaden zu, untergetaucht werden dürfen sie jedoch nicht. Wie üblich gilt der Schutz nur für die Ohrhörer, nicht aber für das Ladecase.

Latenz auf 90 ms halbiert – mit HarmonyOS

Huawei verspricht, die Latenz der FreeBuds 4 von 180 auf 90 ms halbiert zu haben – allerdings nur in Verbindung mit einem Smartphone mit HarmonyOS. Bei einem EMUI-Modell soll die Latenz mit 150 ms minimal kürzer sein. Details zu den Änderungen und etwaigen Auswirkungen auf die Übertragungsqualität nennt Huawei nicht. Bei den Razer Hammerhead True Wireless Pro (Test) muss der Low-Latency-Modus beispielsweise erst manuell aktiviert werden, da die Bluetooth-Verbindung damit instabiler sein kann.

Adaptives ANC setzt auf doppelt so viele Mikrofone

Bei der aktiven Geräuschunterdrückung setzt Huawei bei den FreeBuds 4 auf zwei Mikrofone für die Erkennung der Umgebungsgeräusche. Beim Vorgänger wurde hierfür nur ein Mikrofon genutzt. Um bis zu 25 dB soll sich die Umgebung durch das ANC dämpfen lassen, beim Vorgänger wurden 15 dB angegeben. Auch die Anfälligkeit gegenüber Windgeräuschen soll durch eine verbesserte Platzierung der Mikrofone reduziert worden sein.

Huawei sprach zur Ankündigung von 16 Profilen, aus denen beim adaptiven ANC gewählt werden kann. In der AI-Life-App des Herstellers stehen aber zunächst nur zwei verschiedene Intensitätsstufen zur Auswahl, eine für laute („Ausgeglichen“) und eine für leise Umgebungen („Gemütlich“). Auch beim Equalizer finden sich mit „Standard“, „Bassverstärker“ und „Höhenverstärker“ derzeit 3 Profile und nicht wie angekündigt 16. Der Test wird allerdings vor dem Marktstart der Ohrhörer durchgeführt, so dass sich dies noch ändern kann.

Einen Transparenzmodus bieten die FreeBuds 4 nicht, benötigen diesen aufgrund der offenen Bauweise aber ohnehin nicht, denn die Umgebung gelangt immer an die Ohren des Trägers.

Touchbedienung mit Swipe und Auto-Pause

Für die Bedienung setzen die FreeBuds 4 auf eine Touchsteuerung am Stängel der beiden Ohrhörer. So drückt man zwar nicht ständig auf den Gehörgang, es ist aber vor allem vom Sitz abhängig, ob die Touchsteuerung über den Stil als Hebel fungiert, der den Sitz lockert oder ihn nicht beeinflusst.

Doppeltes Antippen startet oder pausiert die Wiedergabe, ein langer Druck schaltet das ANC an oder aus. Über eine Wischgeste wird die Lautstärke angepasst – runter leiser, hoch lauter. Die Belegung ist bei Auslieferung auf beiden Ohrhörern identisch. Auch die Telefoniefunktionen lassen sich über die Ohrhörer steuern. Durch den Verzicht der Belegung des einfachen Antippens werden Fehleingaben effektiv verhindert.

Die einzige Anpassung, die der Nutzer über die AI-Life-App vornehmen kann, betrifft das doppelte Antippen. Statt Wiedergabe/Pause kann dies auch mit „Nächster Titel“, „Vorheriger Titel“, „Sprachassistent aktivieren“ oder „Keine Aktion“ belegt werden. Alle Funktionen lassen sich so aber nicht auf die Ohrhörer bringen, so dass sich der Nutzer für die für ihn wichtigsten entscheiden muss.

Auto-Play und Auto-Pause über Sensoren

Die Huawei Freebuds 4 bieten erneut Näherungssensoren an der Innenseite der Ohrhörer, über die eine Trage-Erkennung umgesetzt ist. Wird ein Ohrhörer aus dem Ohr genommen, pausiert die Wiedergabe automatisch. Wird er innerhalb von 3 Minuten wieder eingesetzt, setzt die Wiedergabe fort. Die Funktion lässt sich in der App auf Wunsch auch deaktivieren. Im Test funktioniert sie zuverlässig und ausreichend schnell. Ein Signalton beim Einsetzen des zweiten Ohrhörers verzögert das Einsetzen der Musik beim Einsetzen etwas.

Huawei AI-Life-App mit FreeBuds 4
Huawei AI-Life-App mit FreeBuds 4

Sehr gute Einzelnutzung

Beide Ohrhörer können einzeln genutzt werden. Dank der identischen Belegung der Bedienung wird diese zudem nicht zusätzlich eingeschränkt. Ist Auto-Pause aktiviert, muss die Wiedergabe beim Wechsel auf Mono manuell wieder gestartet werden. Beim Wechsel auf Stereo setzt der zweite Ohrhörer hingegen nahtlos ein. Ist die Trage-Erkennung und somit Auto-Pause deaktiviert, erfolgt der Wechsel völlig unterbrechungsfrei.

AI-Life-App jetzt auch für iOS

Die FreeBuds 4 bieten wie die anderen Modelle die optionale AI-Life-App, die inzwischen auch für iOS verfügbar ist. Die iOS-Version unterstützt die Freebuds 4 bereits, die Android-Fassung mit Build 11.0.2.305 hingegen noch nicht. Nutzern eines Huawei-Smartphones ab EMUI10 werden auch in den Bluetooth-Einstellungen ohne App einige Funktionen wie etwa Firmware-Updates angeboten.

Der Funktionsumfang der App ist überschaubar. Sie zeigt die Akkustände der beiden Ohrhörer und des Ladecases, ermöglicht die Aktivierung des ANCs und die Umstellung der beiden genannten Modi und erlaubt die eingeschränkte Anpassung der Bedienung und die Deaktivierung der Trage-Erkennung. Zudem können die Ohrhörer, wenn sie noch in Reichweite sind, gesucht werden, indem ein lauter Ton abgespielt wird. Hinter dem Feld „Tonqualität“ verbirgt sich hingegen der Equalizer mit drei starren Profilen.

Auch die Firmware kann über die App aktualisiert werden. Im Test kommt Version 1.9.0.188 zum Einsatz.

Lockerer Sitz ist nichts für den Sport

Der Tragekomfort soll im Vergleich zum Vorgänger durch Anpassungen bei der Form verbessert worden sein. Die FreeBuds 4 sitzen etwas anders als die FreeBuds 3 – beim Tester eher etwas lockerer als der Vorgänger. Positiv ist neben dem erneut leichten Gewicht die abgerundetere Form im vorderen Bereich des Treiberausgangs. Mit etwas Anpassung lassen sich die FreeBuds 4 gut ins Ohr einsetzen und sitzen zunächst auch gut darin. Im Laufe der Zeit und mit fortwährender Bewegung neigen sie jedoch dazu, sich etwas zu lockern, weshalb gelegentlich nachgefasst werden muss.

Druck entfalten die Ohrhörer nicht. Sie lassen sich problemlos den ganzen Tag tragen, ohne unangenehm zu sein. Für Sport sind sie aufgrund des lockeren Sitzes nicht geeignet und fallen schnell heraus.