Android Automotive OS im Test: Play Store, Messaging, Videos und Musik

 3/6
Nicolas La Rocco
151 Kommentare

Als große Neuerung im Vergleich zu Lösungen wie Apple CarPlay oder Android Auto kommt AAOS mit einem eigenen App-Store, genauer gesagt dem Play Store – alternative Stores und die Installation von APK-Dateien sind nicht zugelassen. Im Play Store finden sich derzeit etwas mehr als 30 Apps, wobei schon ab Werk installierte Anwendungen wie Google Maps oder die Google-Tastatur dazu gezählt werden.

Das App-Angebot fällt übersichtlich aus

Das App-Angebot fällt äußerst übersichtlich aus und beschränkt sich vor allem auf Anwendungen aus dem Bereich Multimedia, darunter Streaming- und Online-Radio-Apps, sowie für die Navigation. Auch Apps aus den Bereichen Podcasts und Hörbücher finden sich im Play Store.

Die Bewertungen sind praktisch nutzlos

Wie gut die jeweilige App für den Einsatz unter AAOS optimiert wurde, lässt sich anhand der Bewertungen nicht erkennen, weil Google auch im Auto stets alle Bewertungen des Play Store ausgibt, die von mehreren Plattformen aggregiert werden. So kommt es dann auch, dass zum Beispiel Google Maps über 5 Milliarden Downloads zählt, obwohl natürlich bei Weitem nicht so viele Fahrzeuge mit AAOS unterwegs sind.

AAOS beherrscht keinerlei Messaging

Die Basics deckt der Play Store mit ausreichender Auswahl ab, was aber nicht bedeutet, dass nicht auch deutliche Lücken im Aufgebot klaffen. In zwei Punkten macht sich das ganz besonders bemerkbar: Messaging und Videos. Für AAOS gibt es schlichtweg keinerlei Messenger, weder SMS noch WhatsApp, Signal, Threema, Facebook Messenger oder Telegram. Auch Gmail oder andere E-Mail-Clients sind nicht vorhanden. Komplette Funkstille herrscht in diesem Bereich, sodass eingehende Nachrichten während der Fahrt still auf dem Smartphone verschwinden und schlichtweg nicht darauf geantwortet werden kann, ohne gegen die Straßenverkehrsordnung zu verstoßen. Der Google Assistant verweigert den Versand von SMS mit einer Fehlermeldung und bei WhatsApp und vergleichbaren Messengern wird darauf hingewiesen, dass dies nicht unterstützt wird.

Das wiederum ist der Grund, warum der eingangs erwähnte Bereich für Benachrichtigungen, der über die Statusleiste erreichbar ist, beinahe nutzlos unter AAOS ist, weil dort ohnehin kaum etwas los ist. Benachrichtigungen erhält man nur äußerst selten bei Systemmeldungen, aber nicht für eingegangene Nachrichten.

Ein peinlicher Start für Google

In den Anfangszeiten von Android Auto wäre das Fehlen dieser Dienste noch in gewisser Weise nachvollziehbar und tolerierbar gewesen. Nach über sieben Jahren und vor allem jetzt unter AAOS mit nativen Apps hingegen nicht mehr. Für Google ist die Angelegenheit insofern peinlich, als dass es diese Apps unter Android Auto zumeist bereits gibt. Googles eigener Messenger, WhatsApp, Facebook Messenger, Skype und Teams stehen allesamt unter Android Auto parat und können über den Google Assistant gesteuert werden. Unter AAOS entgeht dem Anwender hingegen ein essenzieller Teil der Kommunikation.

Videostreaming ist ein Fremdwort für AAOS

Der zweite fehlende Bereich betrifft Video-Apps, der bislang einzig und allein durch eine eigene Videostreaming-App von Polestar für Drittanbieter bedient wird. Kein YouTube, kein Netflix, kein Amazon Prime Video, kein Disney+, kein Twitch, kein alles andere. Natürlich soll Google nicht das Gucken während der Fahrt ermöglichen, aber vor allem für Ladepausen und andere Zwischenstopps wären Videostreaming-Dienste ein willkommener Bonus. Weil es für AAOS auch keinen Browser gibt, entfällt diese Ausweichoption, die zuletzt in der S-Klasse mit MBUX 2 (Test) noch vereinzelt zum Ziel führte. Ein Nachteil gegenüber Android Auto oder CarPlay besteht in diesem Punkt bei AAOS zwar nicht, mit der neuen Plattform hätte Google aber zumindest mit YouTube ein Zeichen setzen können, dass jetzt endlich mehr Dienste verfügbar sind.

Die eigene Videostreaming-App von Polestar kann kaum als solche bezeichnet werden, da es sich mehr um einen Wrapper für die Websites von Tagesschau, Al Jazeera und BBC Ideas handelt. Wer zum Beispiel die Tagesschau ansteuert, bekommt eine Ansicht ähnlich wie die offizielle Website präsentiert und kann dort auch nur die Artikel lesen. Das wiederum zeigt, dass es doch WebView und damit einen integrierten Browser gibt, nur eben keinen eigenständigen für den Anwender. Die zugehörigen Videos sind eher als Bonus zu verstehen. Videos lassen sich grundsätzlich nur im Stand gucken – sobald das Auto anrollt, ist lediglich noch der Ton zu hören.

Musikstreaming mit YouTube Music, Spotify und Tidal

Deutlich besser bestückt ist AAOS im Bereich Musik, wo Dienste wie YouTube Music, Spotify und Tidal zur Auswahl stehen. Mit Apple Music klafft allerdings auch hier eine Lücke im Sortiment. Im Testzeitraum hat ComputerBase YouTube Music über ein privates Konto und Spotify über ein von Polestar zur Verfügung gestelltes Konto genutzt. Dabei fiel auf, dass sich beide Dienste abgesehen von Icons und wenigen Farbabweichungen zum Verwechseln ähnlich sehen.

Es hat aber nicht etwa der eine Anbieter vom anderen abgekupfert, sondern Google gibt ein standardisiertes Interface vor, an das sich alle Anbieter von Musikstreaming-Apps halten müssen. Wo welche Schaltflächen sitzen, auch auf der Kachel des Homescreens, ist von Google vorgegeben und soll vor allem der Sicherheit im Straßenverkehr dienen. Hat man sich also eine Musik-App angesehen, kennt man auch alle anderen.