HyperX Procast im Test: Gutes Mikrofon erlaubt sich kaum Schwächen

Michael Schäfer
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HyperX Procast im Test: Gutes Mikrofon erlaubt sich kaum Schwächen

Das HyperX Procast genügt mit seinen klanglichen Qualitäten und seiner Verarbeitung bereits professionellen Ansprüchen. Dementsprechend gestaltet sich auch sein Preis. Letztendlich gibt es abseits der Investition, die man zu tätigen hat, aber auch keinen echten Kritikpunkt zu finden.

Design und Verarbeitung

Dem Procast dürfte zumindest das sachkundige Publikum bereits auf den ersten Blick den Hersteller zuordnen können. Mit seinem schwarzen Äußeren und den roten Gummiaufhängungen der Spinne offenbart es sich schnell als neuer Sprössling aus dem Hause HyperX. Durch diesen Umstand reiht sich das Mikrofon nahtlos in das bereits bestehende Portfolio des Unternehmens ein.

Das Procast von HyperX
Das Procast von HyperX

Komplett aus Metall gefertigt und als Röhre geformt, erscheint es in Gestaltungsfragen eher unspektakulär, nutzen doch auch andere Hersteller wie unter anderem beyerdynamic die eher unauffällige Form, die dadurch wiederum schon fast auffällig wirkt. Die verwendeten Materialien lassen das Kondensatormikrofon zudem sehr robust erscheinen, haben mit 503 g aber ebenso Auswirkung auf das Gewicht. Es sollte für gängige Mikrofonarme jedoch kein großes Problem darstellen. Für sie stellt das Procast Drehgewinde in der Größe von sowohl 3/8 Zoll wie auch 5/8 Zoll bereit.

Die gute Verarbeitung und die klanglichen Aspekte, auf die später noch genauer eingegangen werden soll, haben aber ebenso ihren Preis. Mit einem eher ungewöhnlichen UVP von 356,99 Euro stellt das Procast beileibe kein günstiges Einsteigermodell dar.

All inclusive

Für eine gute Entkopplung, die der Hersteller werbewirksam „integrierte vibrations- und stoßgeschützte Halterung“ nennt, bei der es sich aber im Grunde um eine normale Spinne handelt und durch die durch Vibrationen hervorgerufene Störgeräusche gut reduziert werden können, ist bereits werkseitig gesorgt. An der beschriebenen Schutzvorrichtung befindet sich zudem mit dem bereits genannten Gewinde der Anschluss an einen Mikrofonarm. Während die meisten anderen Hersteller für die verschiedenen Gewindegrößen einen Adapter beilegen, versieht HyperX den Anschluss mit einem Doppelgewinde, bei dem der kleinere Durchmesser hinter dem größeren liegt. An dem Gewinde befindet sich ebenso das obligatorische Gelenk, mit dem der Winkel des Mikrofons eingestellt werden kann. Über einen Tischständer verfügt es nicht.

Die mitgelieferte Spinne des Procast filtert zuverlässig Vibrationsgeräusche
Die mitgelieferte Spinne des Procast filtert zuverlässig Vibrationsgeräusche

Durch die gewählte Form lässt sich der Klangaufnehmer, zumindest in der Theorie, an den meisten Universalspinnen betreiben. Dafür müsste jedoch das mitgelieferte Exemplar zunächst abgeschraubt werden, was wiederum unschöne Löcher der gelösten Schrauben nach sich ziehen würde. Eine oft genutzte Klemmlösung wäre hier für die Handhabung sicherlich die nutzerfreundlichere Wahl gewesen. Ersatzriemen für die Aufhängung legt HyperX dem Paket nicht bei, aufgrund der Anordnung wäre ein neues „Einfädeln“ auch nicht so einfach. Die spektakulär anmutenden Namen werden mit dem abnehmbaren „Shield-Metallfilter“ weitergeführt, bei dem es sich jedoch lediglich um einen ebenfalls aus Metall gefertigten Popfilter handelt, der einfach auf die Spinne aufgesteckt wird und die Aufnahmen vor Plosivgeräuschen schützen soll.

Externe Hardware benötigt

An der Unterseite findet sich schließlich der XLR-Anschluss, womit schnell deutlich wird, dass für die Nutzung des Mikrofons ein externes Audio-Interface nötig ist. Es muss zudem über eine Phantomspeisung von 48 V verfügen. Ein entsprechendes Kabel liegt dem Inhalt nicht bei.

Das Procast von HyperX benötigt einen XLR-Anschluss und 48V-Phantomspeisung
Das Procast von HyperX benötigt einen XLR-Anschluss und 48V-Phantomspeisung

Das Procast verfügt darüber hinaus über eine integrierte PAD-Funktion, mit der das eingehende Signal für einen größeren Dynamikspielraum um 10 dB abgesenkt werden kann. Ebenso bietet das Mikrofon einen eingebauten High-Pass-Filter, der bei Aktivierung nur Signale oberhalb von 80 Hz weiterleitet und durch den ebenso tieffrequente Störungen gesenkt werden sollen. Die für beide Funktionen benötigten Wahlschalter sind etwas unglücklich auf der Rückseite des Mikrofons angebracht. Auf einen Mikrofonarm geschraubt, sind sie daher nur schwer zu erreichen. Zudem ist die jeweilige Stellung, die nirgends sonst in irgendeiner Form angezeigt wird, nicht zu erkennen. Dadurch besteht besonders zu Anfang die Gefahr einer ungewollten Aktivierung, die vor allem beim Filter nicht mehr korrigiert werden kann. Wie bei XLR-Mikrofonen meist üblich, besitzt auch das Procast keine integrierte Stummschaltung, eine solche Funktion muss entweder über die Audio-Hardware oder die entsprechende Software gelöst werden. Eine Monitor-Funktion in Form eines Kopfhöreranschlusses sucht der Nutzer ebenfalls vergebens, hier muss ebenso der Gang über die eigene Peripherie gemacht werden – eventuelle Latenzen mit eingeschlossen.

Der Popfilter sorgt beim Procast für eine gute Filterung von Plosivlauten
Der Popfilter sorgt beim Procast für eine gute Filterung von Plosivlauten

Technische Ausstattung

HyperX versieht das Procast mit einem Frequenzgang von 20 Hz bis 20 kHz. Dadurch kann das Mikrofon theoretisch eine große Anzahl an Nutzungsszenarien abdecken, auch wenn der Hersteller den Einsatz vorrangig in der Stimmenaufnahme sieht. Die Umwandlung des Schalls erfolgt dabei über einen „goldbedampften“ Großmembrankondensator mit 1 Zoll Durchmesser, wobei die Frage bleibt, inwieweit Ersteres der Werbung zuzuordnen ist. Als Richtcharakteristik kommt beim Procast die Niere zum Einsatz, welche die, vor allem bei Stimmaufnahmen, am häufigsten eingesetzte Charakteristik darstellt. Dies bedeutet, dass vornehmlich nur von vorne kommende Signale umgewandelt werden – der von hinten oder den Seiten kommende Schall wird dagegen ausgeblendet oder zumindest abgeschwächt. Nachteilig wirkt sich bei der verwendeten Technik der sogenannte „Nahbesprechungseffekt“ aus – je näher sich der Sprecher am Mikrofon befindet, desto mehr kommen die tieferen Anteile der Stimme zum Tragen, was sich im zunehmenden Bass zeigt. Eine von den Frequenzen her bei verschiedenen Abständen gleichbleibende Aufnahme ist mit dem Procast also nicht umsetzbar.

Der Popfilter des Procast wird einfach angeklemmt
Der Popfilter des Procast wird einfach angeklemmt

Geringer Rahmen für beste Ergebnisse

HyperX gibt für das Procast keinen optimalen Abstand an, im Test hat eine Distanz zwischen Sprecher und Mikrofon von 5 bis 10 cm die besten Ergebnisse geliefert, was die Testaufnahmen noch verdeutlichen werden. Bei solch einem geringen Abstand ist das Mikrofon jedoch recht empfindlich für Plosivlaute, wodurch in solchen Fällen vorrangig mit dem mitgelieferten Popschutz gearbeitet werden sollte. Der Pegel des Procast könnte zudem etwas höher ausfallen. Beim im Test als Audio-Interface genutzten UMC204HD von Behringer musste der Eingangsregler um fast drei Viertel aufgedreht werden, um bei den angegebenen Abständen eine vernünftig laute Aufnahme zu erreichen. Bei einer mit weniger guten Bauteilen bestückten Audio-Schnittstelle könnte dieser Umstand zu einem höheren Hintergrundrauschen führen.

Die Schalter für den Pegel und den Filter sind etwas ungünstig angebracht
Die Schalter für den Pegel und den Filter sind etwas ungünstig angebracht

Wie bereits beschrieben, verfügt das Procast über eine sogenannte PAD-Funktion, mit der das Signal im vorliegenden Fall um 10 dB abgesenkt werden kann. Die Vorgehensweise ist vor allem bei lauteren Aufnahmen von Vorteil, ermöglicht sie doch einen höheren Dynamikumfang. Diese Funktion dürfte jedoch jedes gute Audio-Interface mit sich führen, das in solchen Fällen zudem besser auf die interne Hardware abgestimmt sein dürfte. Ähnliches gilt für den High-Pass-Filter (auch Low-Cut-Filter genannt), der nur Signale oberhalb von 80 Hz weiterleitet. Dadurch sollen unschöne „Rumpelgeräusche“ gemindert werden, oftmals bleiben dadurch aber auch für die Aufnahme wichtige Frequenzteile auf der Strecke. Daher sollte solch ein Filter, wenn möglich, erst in der Nachbearbeitung angewendet werden. Dieser gehört als Preset im Equalizer schon lange zur Grundausstattung einer jeden besseren Audio-Software und besitzt den Vorteil, dass er in Sachen Frequenzen und Intensität genau eingestellt werden kann. Das Ergebnis wird in diesem Fall deutlich besser sein.

Klanglich überzeugend

Ein entsprechend hochwertiges Interface vorausgesetzt, weiß das Procast die Stimme gut abzubilden, vor allem die damit verbundene warme Aufnahme kann überzeugen. Hier kann es das Mikrofon auch mit dem preislichen Konkurrenten M 90 Pro X von beyerdynamic (Test) aufnehmen. Bei dem Modell wird jedoch schnell die allgemeine Ausrichtung, deutlich, die das M 90 Pro X ebenso zu einer guten Aufnahmeeinheit für Instrumente macht. So wirkt der Konkurrent besonders bei den hohen Frequenzen wesentlich „lebhafter“, während beim Procast dem Anschein nach bei der Entwicklung vor allem eine warme Stimmabbildung im Vordergrund stand – die auch ohne Wenn und Aber gelingt.

Das Großmembran-Kondensatormikrofon des Procast
Das Großmembran-Kondensatormikrofon des Procast

Gegenüber Plosivlauten zeigt sich der Klangaufnehmer jedoch etwas empfindlich, womit bei geringen Abständen mit dem beiliegenden oder einem anderen Schutz gearbeitet werden sollte. Gegenüber tieffrequenten Störgeräuschen wirkt das Mikrofon dagegen eher sanftmütig, höhere Töne wie das Tippen auf einer Tastatur werden aber hörbar übertragen.

Eine optimale Stimmabbildung wird, wie bereits beschrieben, bei einem Abstand von 5 bis 10 cm erreicht. Mit der daraus resultierenden Stimmabbildung stellt das Procast eine gute Wahl für Podcasts und Streams, aber auch für Nachvertonungen dar. Mit größer werdender Distanz wird die Aufnahme jedoch mit jedem Zentimeter dünner und die Raumakustik übernimmt mehr und mehr die Führung, womit sich das Procast auch weniger für Gespräche mit mehreren Teilnehmern eignet, die in einem größeren Abstand vor dem Mikrofon sitzen. Für solche Szenarien sind Mikrofone mit anderer Charakteristik vorzuziehen.

Beispielaufnahmen: HyperX Procast

HyperX Procast - Clean - 5 cm
HyperX Procast - Clean - 10 cm
HyperX Procast - Clean - 20 cm
HyperX Procast - Clean - 50 cm
HyperX Procast - Clean - High-Pass-Filter - 5 cm
HyperX Procast - Clean - High-Pass-Filter - 10 cm
HyperX Procast - Clean - High-Pass-Filter - 20 cm
HyperX Procast - Clean - High-Pass-Filter - 50 cm
HyperX Procast - Clean - Popschutz - 5 cm
HyperX Procast - Clean - Popschutz - 10 cm
HyperX Procast - Clean - High-Pass-Filter - Popschutz - 5 cm
HyperX Procast - Clean - High-Pass-Filter - Popschutz - 10 cm
HyperX Procast - Störgeräusche - 20 cm
HyperX Procast - Störgeräusche - High-Pass-Filter - 20 cm

Beispielaufnahmen der Konkurrenten

Beispielaufnahmen: Elgato Wave DX

Aufnahmen zur Mikrofonqualität mit und ohne Störgeräusche(n)

beyerdynamic M 90 Pro X

Aufnahmen zur Mikrofonqualität mit und ohne Störgeräusche(n)

beyerdynamic M 70 Pro X

Aufnahmen zur Mikrofonqualität mit und ohne Störgeräusche(n)

Neat King Bee II

Aufnahmen zur Mikrofonqualität mit und ohne Störgeräusche(n)

Neat Worker Bee II

Aufnahmen zur Mikrofonqualität mit und ohne Störgeräusche(n)

Neat Bumblebee II

Aufnahmen zur Mikrofonqualität mit und ohne Störgeräusche(n)

Beispielaufnahmen: Blue Yeti

Aufnahmen zur Mikrofonqualität mit und ohne Störgeräusche(n)

Dockin MP1000

Aufnahmen zur Mikrofonqualität mit und ohne Störgeräusche(n)

Dockin MP2000

Aufnahmen zur Mikrofonqualität mit und ohne Störgeräusche(n)

SPC Gear SM950

Aufnahmen zur Mikrofonqualität mit und ohne Störgeräusche(n)

SPC Gear SM950T

Aufnahmen zur Mikrofonqualität mit und ohne Störgeräusche(n)

Roccat Torch

Aufnahmen zur Mikrofonqualität mit und ohne Störgeräusche(n)

Fazit

Mit rund 360 Euro dürfte das Procast eine gute Kerbe in das eigene Budget schlagen, zumal preislich noch eventuell ein entsprechendes Audio-Interface mit 48-Volt-Phantomspeisung plus Kabel hinzukommt. Doch die Anschaffung rechtfertigt das in Sachen Qualität in alle Richtungen komplett. So bietet das neue Mikrofon von HyperX eine sehr gute und vor allem warme Stimmabbildung, die sich vor allem für Podcasts, Streams oder Nachvertonungen eignet. Der Pegel hätte dabei jedoch etwas höher ausfallen können. Mit Plosivlauten sollte dem Großmembrankondensator ohne entsprechenden Schutz nicht zu nahe gekommen werden, denn sie werden in der Aufnahme zu hören sein. Mit anderen Störgeräuschen in tiefen Frequenzen hat das Mikrofon dagegen kein Problem, hohe Frequenzen sind dagegen gut zu vernehmen. Mit Instrumentenaufnahmen kann das Procast derweil wenig anfangen. Wer also eine eher universelle Lösung sucht, ist beim M 90 Pro X von beyerdynamic besser aufgehoben.

Der integrierte Hochpassfilter und die PAD-Funktion stellen nette Dreingaben dar. Letztere sollte jedoch lieber über die entsprechende Audio-Hardware und der Filter Software-seitig umgesetzt werden.

HyperX Procast im Test

Die positiven Aspekte betreffen ebenso die Verarbeitung, was nicht zuletzt auch auf die Materialwahl zurückzuführen ist. Mit Metall als vorherrschende Komponente ist das Procast zudem sehr robust, womit es sich in einem gewissen Rahmen auch für die mobile Nutzung anbietet. Der einzige negative Aspekt, wenn man ihn so nennen kann, stellt die mit dem Mikrofon fest verbundene Aufhängung für die dem Paket beiliegende Spinne dar. Sollte es einmal zu einer Beschädigung kommen und möchte man eine universelle Lösung nutzen, muss die vorhandene Aufhängung erst abgeschraubt werden.

Mit seinem Preis stellt das Procast von HyperX sicherlich kein Einsteigergerät dar, aber eine gute Wahl für jeden, der Aufnahmen in professioneller Qualität erstellen möchte.

ComputerBase wurde das Procast leihweise von HyperX für den Test zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.

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