YouTube: Adblocker-Erkennung verstößt angeblich gegen EU-Recht

Marc Stöckel
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YouTube: Adblocker-Erkennung verstößt angeblich gegen EU-Recht
Bild: pixabay.com / SAM-RIZ44

Immer mehr Nutzer, die Werbeblocker verwenden, werden von YouTube aufgefordert, diese zu deaktivieren. Das Vorgehen der Videoplattform ruft nun Datenschützer auf den Plan. Die Erkennung von Adblockern stelle eine Verletzung der Privatsphäre dar und sei nicht mit dem EU-Recht vereinbar, so der Vorwurf.

Erkennungssysteme seien „Spyware

Schon im Oktober hat der Datenschutzexperte Alexander Hanff eine Beschwerde bei der Datenschutzkommission (DPC) in Irland eingereicht. Aus seiner Sicht ist YouTubes Erkennungssystem für Werbeblocker nicht mit geltendem EU-Recht vereinbar. Das System verletze die Privatsphäre der Nutzer und sei daher illegal, erklärte Hanff jüngst gegenüber The Verge. YouTube setze für die Erkennung von Adblockern auf Skripte, die seiner Ansicht nach nichts anderes als „Spyware“ seien. Für ihn sei deren Verwendung ohne Einwilligung der Nutzer schlichtweg inakzeptabel. „Den Einsatz von Technologie, die dazu verwendet werden kann, meine Geräte auszuspionieren, halte ich in den meisten Fällen sowohl für unethisch als auch für illegal“, so Hanff.

Verstoß gegen die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation

Dabei ist die Debatte um die Rechtmäßigkeit solcher Erkennungssysteme nicht grundsätzlich neu. Schon im Jahr 2016 äußerte Hanff gegenüber der Europäischen Kommission Bedenken bezüglich des Einsatzes von Tools zur Erkennung von Werbeblockern auf Webseiten. Die Kommission stimmte ihm damals sogar zu, dass die zur Erkennung von Adblockern verwendeten Skripte unter Artikel 5.3 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation fallen. Vor dem Einsatz solcher Tools sei es also erforderlich, eine Einwilligung von den Besuchern der jeweiligen Webseite einzuholen – vergleichbar mit der heute gängigen Vorgehensweise bei Cookies.

Tatsächliche Auswirkungen scheint dies bisher allerdings nicht gehabt zu haben. Laut The Verge änderte die Europäische Kommission ihren Kurs im Jahr darauf im Rahmen eines Vorschlags zur Reform geltender Datenschutzregularien. Webseitenbetreiber sollten ohne Einwilligung der Besucher in der Lage sein, zu überprüfen, ob Letztere einen Werbeblocker verwenden, erklärte die Kommission damals.

Dennoch beruft sich Hanff auf seinen Teilerfolg aus dem Jahr 2016 und fordert die DPC in seiner jüngsten Beschwerde dazu auf, gegen YouTubes Werbeblocker-Erkennung und die darauf basierenden Sperrmaßnahmen vorzugehen. Seiner Ansicht nach verstoße YouTube damit aber nicht nur gegen Artikel 5.3 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation. Der Anbieter verletze ebenso das Grundrecht auf Privatsphäre seiner Nutzer gemäß der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und anderer Konventionen. Hanff behauptet, die DPC habe seine Beschwerde bereits zur Kenntnis genommen und er stehe telefonisch und per E-Mail im Austausch mit der Behörde.

Ein EU-Abgeordneter kritisiert die Sperrmaßnahmen ebenfalls

Auch Patrick Breyer von der Piratenpartei, Abgeordneter des Europaparlaments, äußerte sich zuletzt kritisch über YouTubes Sperrmaßnahmen. Der Anbieter wolle seine Nutzer mit einer Anti-Adblock-Mauer dazu zwingen, ihr Verhalten für Werbezwecke überwachen und tracken zu lassen, mahnt er in einem Beitrag auf Mastodon. Dies sei aus seiner Sicht inakzeptabel. Folglich habe er die EU-Kommission um eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Adblocker-Erkennung im Rahmen der ePrivacy-Richtlinie gebeten. In seiner Anfrage erklärt Breyer, durch Werbeblocker sei es Nutzern möglich, sich selbst vor dem Ausspionieren ihres Surfverhaltens durch Anbieter von Online-Diensten zu schützen.

Folgen der Beschwerden sind noch ungewiss

Ob und mit welchen Auswirkungen die Datenschützer mit ihren Beschwerden Erfolg haben werden, wird sich erst noch zeigen müssen. Dass die Europäische Kommission eine Geldstrafe verhängt und YouTube dazu auffordert, die Werbeblocker-Erkennung in ihrer jetzigen Form abzuschalten, ist nicht auszuschließen. Denkbar ist aber auch, dass YouTube nachbessert und in Zukunft eine Einwilligung seiner Nutzer einfordert, um die Vorwürfe zu entkräften und seine Sperrmaßnahmen zu legitimieren. Wer der für die Adblocker-Erkennung erforderlichen Datenverarbeitung dann nicht zustimmt, darf die Plattform in diesem Szenario generell nicht nutzen.

Verschiedene Anbieter von Werbeblockern haben bereits festgestellt, dass zuletzt weitaus mehr Nutzer als üblich ihre Adblocker-Addons deinstalliert haben. Zugleich kam es aber auch zu deutlich mehr Neuinstallationen, was letztendlich als Hinweis darauf gewertet werden kann, dass Anwender zunehmend verschiedene Browser-Adblocker-Kombinationen testen, um YouTubes Sperrmaßnahmen zu umgehen. YouTube selbst behauptet, der Einsatz von Werbeblockern verstoße gegen die Richtlinien der Plattform. Wer werbefrei Videos streamen will, wird dazu aufgefordert, ein YouTube-Premium-Abo abzuschließen, dessen Preise der Anbieter erst kürzlich erhöht hat.