Digital Markets Act: Warum WhatsApp-Chats noch nicht mit Signal und Co. möglich sind

Andreas Frischholz
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Digital Markets Act: Warum WhatsApp-Chats noch nicht mit Signal und Co. möglich sind
Bild: WhatsApp

Im Rahmen des Digital Markets Act (DMA) muss Meta seine Messenger-Dienste WhatsApp und Facebook Messenger für andere Anbieter öffnen. Ein Nachrichtenaustausch soll also zwischen verschiedenen Plattformen möglich sein. Doch die Umsetzung dauert noch – und es bleibt unklar, ob Dienste wie Signal teilnehmen.

Denn der DMA ist zwar am 7. März offiziell in Kraft getreten. Zum Stichtag ermöglichte Meta zunächst aber die Anmeldung von interessierten Diensten. Wenn diese sich anmelden, hat der Konzern drei Monate Zeit, um die Interoperabilität mit anderen Diensten zu ermöglichen. Weil dann noch eine technische Umsetzung erfolgt, kann es sein, dass Nutzer sogar noch länger warten müssen.

Das Versprechen: Künftig sollen auch andere Messenger-Dienste mit WhatsApp-Nutzern Nachrichten austauschen können. Theoretisch denkbar wären so also Chats zwischen WhatsApp und Signal oder Telegram. Vorerst muss man aber noch warten, jetzt startet erst eine Anmeldephase. Und es ist ohnehin unklar, wie viele Messenger-Dienste sich überhaupt beteiligen werden.

Alternative Messenger-Dienste müssen anmelden

Details zur Umsetzung hat Meta in dieser Woche präsentiert. Eine der zentralen Botschaften ist: Privatsphäre- und Sicherheitsstandards sollen bestehen bleiben. Meta verwendet das Signal-Protokoll für die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2E). Bei WhatsApp ist diese seit 2016 implementiert, beim Facebook Messenger wird das Protokoll gerade ausgerollt. Laut Meta begrüße man es, wenn Drittanbieter ebenfalls das Signal-Protokoll verwenden. Allerdings werden auch Lösungen unterstützt, die damit kompatibel sind.

Meta: Illustration der WhatsApp-Infrastruktur
Meta: Illustration der WhatsApp-Infrastruktur (Bild: Meta)

Für die Umsetzung wurde eine Art „Plug-and-Play“-Modell entwickelt, das auf die bestehende Server-Client-Architektur aufbaut. Drittanbieter-Apps verbinden sich also mit der WhatsApp-Infrastruktur, sodass Meta die Kontrolle über beide Clients und somit die Endpunkte der jeweiligen Verschlüsselung behält. Auf diese Weise lässt sich laut dem Konzern gewährleisten, dass die E2E-Verschlüsselung intakt bleibt. Im Gegenzug sollen die Drittanbieter von einem vergleichsweise einfachen System sowie der Skalierbarkeit der Meta-Infrastruktur profitieren. Weitere Details nennt der Konzern in einem Blog-Beitrag.

Sämtliche Funktionen stehen zum Start ohnehin noch nicht zur Verfügung. Mit Drittanbieter-Nutzern sind zunächst nur Text-Chats und das Teilen von Bildern, Sprachnachrichten, Videos sowie anderen Dokumenten möglich. Später sollen auch Gruppen-Chats oder Anrufe folgen.

Kern des DMA: Wie viele Dienste wollen die neuen Möglichkeiten überhaupt nutzen?

Die Frage ist nun, ob und inwieweit alternative Messenger-Dienste und die Nutzer so eine Funktion überhaupt verwenden wollen. Klar ist das Ziel der EU: Indem etwa Signal einen Austausch mit WhatsApp ermöglicht, soll der kleinere Dienst profitieren, weil man auch Zugang zur Nutzerbasis des Marktführers hat. Allerdings gelten die rechtlichen Pflichten nur für Meta, das die Schnittstellen als sogenannter Gatekeeper anbieten muss. Kleine Dienste müssen diese aber nicht verwenden.

So ein Trend zeichnet sich derzeit insbesondere bei den auf sichere Kommunikation bedachten Messenger-Diensten wie Signal oder Threema ab, diese wollen derzeit keinen Zugang. Signal verwendet etwa das Verschlüsselungsprotokoll nicht nur, um Nachrichten zu verschlüsseln, sondern geht darüber hinaus. „Wir haben neuartige Techniken entwickelt, um auch vertrauliche Metadaten wie Profilnamen und -foto, Kontaktlisten, Gruppenmitgliedschaften und Informationen darüber, wer wem Nachrichten sendet, zu verschlüsseln“, erklärt Signal-Präsidentin Meredith Whittaker in einer Stellungnahme, die ComputerBase vorliegt. Weil man diese Standards beibehalten und sogar ausbauen will, komme derzeit eine Zusammenarbeit mit Meta sowie weiteren Anbietern nicht in Frage.

Das Ziel von Signal ist es, private und sichere Kommunikation für jeden zu ermöglichen. Unsere Ansprüche an den Datenschutz sind extrem hoch und wir werden sie nicht nur nicht senken, sondern auch weiter erhöhen. Derzeit würde eine Zusammenarbeit mit Facebook Messenger, iMessage, WhatsApp oder auch mit einem Matrix-Dienst eine Verschlechterung unserer Datenschutzstandards bedeuten.

Signal-Präsidentin Meredith Whittaker

Im Fall von WhatsApp werden etwa die Metadaten nicht verschlüsselt. Diese würden dann laut Signal offengelegt werden. Auf die Rolle von Metadaten verweist auch Threema-CEO Martin Blatt.

Nutzer müssen neue Funktion ebenfalls aktivieren

Zusätzlich zu den Messenger-Diensten müssen auch die Nutzer die Drittanbieter-Chats aktivieren. „Eine der zentralen Voraussetzungen ist, dass die Nutzer zustimmen“, sagte Dick Brouwer, technischer Direktor bei WhatsApp, im Februar gegenüber Wired. „Ich kann wählen, ob am ich am offenen Nachrichtenaustausch mit Dritten teilnehmen möchte oder nicht.“ Brouwer spricht an dieser Stelle von Spam und Betrug, ebenso wie Apple verweist also auch auch Meta auf Sicherheitsaspekte.

WhatsApp: Chats mit Drittanbietern
WhatsApp: Chats mit Drittanbietern (Bild: WABetaInfo)

Nutzer der Standardversion bemerken von den neuen Funktionen noch nichts. In der Beta-Version von WhatsApp sind die Drittanbieter-Chats aber bereits enthalten.

Umsetzung des DMA beginnt

WhatsApp und Facebook Messenger sind zwei der insgesamt 22 Dienste, die zum Start des DMA unter die verschärften Vorgaben fallen. Das Ziel der neuen Regulierung: Marktbeherrschende Plattformen erhalten als Gatekeeper striktere Auflagen. Sie dürfen etwa konkurrierende Anbieter nicht benachteiligen, zudem muss man die eigenen Plattformen für Wettbewerber öffnen. Bei der Umsetzung der neuen Vorgaben steht derzeit vor allem Apple im Fokus.