Desinformation und Moderation: EU eröffnet offizielles Verfahren gegen X (Twitter)

Andreas Frischholz
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Desinformation und Moderation: EU eröffnet offizielles Verfahren gegen X (Twitter)
Bild: PxHere | CC0 1.0

Für den Umgang mit Desinformation und illegalen Inhalten steht X (Twitter) seit geraumer Zeit in der Kritik. Insbesondere in der EU bahnte sich aufgrund der durch den Digital Service Act (DSA) verschärften Vorgaben ein Konflikt an, der nun in ein offizielles Verfahren übergeht. Das teilte die EU-Kommission mit.

Der Umgang mit illegalen Inhalten und Desinformation ist indes nur ein Bereich des Verfahrens. Generell umfasst es die Moderationsvorgaben auf X, das Risikomanagement, Dark Patterns, die Transparenz bei Werbung sowie den Datenzugang von Forschenden.

Obwohl der Streit mit der EU schon kurz nach der Übernahme von Elon Musk und den damit veränderten Moderationsvorgaben begann, waren am Ende die Vorfälle nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober der Auslöser für die nun laufenden Ermittlungen. Der Vorwurf auch von Experten ist: X wurde mit dem Wildwuchs an Falschinformationen, die infolge der Anschläge kursierten, nicht fertig. Die Plattform sei daher kein Ort für zuverlässige Informationen gewesen. Musk und EU-Kommissar Thierry Breton lieferten sich in der Folge einen öffentlichen Schlagabtausch, X-CEO Linda Yaccarino versuchte zu schlichten.

Werden Verstöße nachgewiesen, drohen hohe Bußgelder

Nun laufen also offizielle Ermittlungen. Der Digital Service Act regelt konkret, wie Plattformen mit Inhalten der Nutzer umgehen müssen. Je größer die Plattformen, desto strikter die Vorgaben – und X zählt zur Kategorie der „sehr großen Online-Plattformen“.

Untersucht wird, ob X genug unternimmt, um die Verbreitung illegaler Inhalte zu unterbinden. Dazu zählen auch die Funktionsweise des Meldesystems, das der DSA vorschreibt, und die Moderationsvorgaben sowie die Ressourcen, die man dafür bereitstellt. Untersucht werden soll in diesem Kontext auch, inwieweit das „Community-Notes“-Feature geeignet ist, um Risiken zu mindern, die etwa den allgemeinen Diskurs und Wahlen betreffen.

Analysiert wird auch der Datenzugang, ob Forschende bei X einen Zugang zu den Daten erhalten, wie er im DSA vorgeschrieben ist. Transparenz bei der Werbung steht ebenso auf der Liste wie Verstöße gegen die Dark-Patterns-Regeln – manipulative Design-Elemente soll X bei bestimmten Abonnements verwenden.

Diese Vorwürfe wurden nun untersucht. Dass ein Ermittlungsverfahren läuft, bedeutet aber nicht, dass es tatsächlich zu einer Verurteilung kommt. Zunächst will die EU-Kommission weitere Beweise sammeln, eine Frist für das Verfahren existiert indes nicht. Sollten X die Verstöße aber nachgewiesen werden, drohen Sanktionen, die Bußgelder von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes umfassen.

Musk im Dauerstreit mit der EU

Mit dem Start des Verfahrens mache man deutlich, dass es für die großen Online-Plattformen kein „zu groß, um sich zu kümmern“ mehr akzeptiert werde, erklärt EU-Kommissar Breton in der offiziellen Mitteilung. Mit Maßnahmen hatte Breton schon im Dezember 2022 gedroht, damals stellte er klar, X müsse sich an die EU-Regeln halten.

Musk lockerte die Moderationsvorgaben schon unmittelbar nach der Übernahme, zudem erfolgten viele Entlassungen, die auch Moderationsteams betrafen. Das galt etwa für die Abteilung, die für die Integrität bei Wahlen zuständig war. Stattdessen wurden unter Musks Leitung die Community Notes implementiert. Bei diesem System können Nutzer einzelne Beiträge um zusätzliche Informationen ergänzen, diese Zusatzinformationen lassen sich zudem mit einem Rating bewerten. Experten und Branchenbeobachter bewerteten zuletzt die Resultate, die das System hervorbringt, als vielversprechend.