Informationsfreiheitsgesetz: Anfragen an Behörden nur noch mit Postadresse

Michael Schäfer
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Informationsfreiheitsgesetz: Anfragen an Behörden nur noch mit Postadresse
Bild: MarcusFriedrich | gemeinfrei

Im Rechtsstreit zwischen dem Bundesinnenministerium und dem BfDI rund um die Zugangsschwelle für das Informationsfreiheitsgesetz vertritt das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung, dass für Anfragen an Behörden zwingend eine Postadresse genannt werden muss. Das hat auch Auswirkungen auf Plattformen wie „FragDenStaat“.

Mit dem jetzt ergangenen Urteil geht ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zu Ende, das erhebliche Auswirkungen auf das IFG haben dürfte. So hat das Gericht zur Frage der Zugangsschwelle klargestellt, dass den Behörden bei entsprechenden Anfragen zwingend ein Name und eine Postanschrift genannt werden muss – eine anonyme Anfrage ist dem Gericht nach somit nicht zulässig. Als Begründung führte das höchste deutsche Verwaltungsgericht unter anderem an, dass Behörden ihre Antworten den Fragestellern auch per Post zukommen lassen können.

Ein ständiges hin und her

Damit hob das Gericht in Leipzig das Urteil des Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster vom Juni 2022 auf, das die Abfrage einer Postanschrift noch als unzulässig bewertet hatte. Das Verfahren kam in Gang, als über die Plattform ein Auskunftsersuchen nach dem IFG unter Verwendung einer von der Plattform generierten, nicht personalisierten E-Mail-Adresse an das BMI gerichtet wurde. Das Ministerium verlangte daraufhin vom Antragsteller die Angabe einer Postanschrift, da die gewünschten Informationen ansonsten nicht zugestellt werden könnten. Aufgrund dessen sprach der BfDI eine datenschutzrechtliche Verwarnung gegenüber dem BMI aus. Seitdem beschäftigt die Auseinandersetzung die Gerichte – und das mit unterschiedlichem Ausgang: Das Verwaltungsgericht Köln hob die Verwarnung zunächst auf, das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen bestätigte diese indes. Schon damals war die Organisation als Beigeladener an dem Verfahren beteiligt.

Zuerst eingeladen, dann ausgeladen

Somit war FragDenStaat zwar Auslöser für den langjährigen Rechtsstreit, bei dem sich die beiden Behörden um den Umgang mit Anfragen über die Plattform stritten und auch in dritter Instanz sollten die Initiatoren erneut beigeladen werden – was das Bundesverwaltungsgericht jedoch anders sah. Zunächst handelte es sich um zwei parallel geführte Verfahren, zu denen FragDenStaat beigeladen werden sollte. Dieses rechtliche Instrument wird gerne gewählt, wenn eine gerichtliche Entscheidung auch Dritte betrifft. Im Gegensatz zur einfachen Beiladung kann ein notwendig Beigeladener im Rahmen seiner Klagebefugnis eigene Anträge stellen. Dies wurde jedoch vom Gericht abgelehnt und zwar in einer Art und Weise, sodass am Ende die Plattform an keinem der beiden Verfahren beteiligt war: „Erst wurden wir nur zu einem der beiden Verfahren zugelassen, zu dem anderen nicht, da es inhaltsgleich sei. Dann wurde nur das Verfahren zur Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, zu dem wir nicht beigeladen waren. So wurden wir aus dem weiteren Verfahren als Beigeladene ausgeschlossen“. so die Plattform in einer Stellungnahme.

Offene Ablehnung

Die seit 13 Jahren praktizierte niedrige Zugangsschwelle wird von FragDenStaat bewusst in dieser Form angewandt, da diese eine schnelle Kommunikation ermöglicht und gleichzeitig Papier und damit auch Kosten spart, indem die Nutzer ihre Anfragen einfach über die Plattform an die jeweilige Behörde richten – und das völlig anonym. Daraus, dass das BMI dieser Praxis ablehnend gegenübersteht, machte dieses unter mehreren Ministern in den letzten Jahren keinen Hehl – es spielte somit keine Rolle, von welcher Partei das Ministerium letztlich geführt wurde. „Durch Portale wie FragDenStaat gelangen immer mehr Dinge an die Öffentlichkeit. Das ist eine Entwicklung, die für die Verwaltung nicht wünschenswert ist “, gab ein Vertreter des Ministeriums 2019 vor Gericht an.

Erneute Forderung nach einem Transparenzgesetz

Für die Organisation wirkt das nun ergangene Urteil „wie aus der Zeit gefallen“ und dürfte viele Menschen davon abhalten, Anfragen an Behörden zu richten. „Während allerorts über die Digitalisierung der Verwaltung gesprochen wird, erlaubt das Gericht es Behörden, selbstständig zu entscheiden, wie sie mit Antragstellern kommunizieren wollen“ – auch wenn der von FragDenStaat bereitgestellte Zugang die Kontaktaufnahme deutlich vereinfacht.

Die Betreiber der Plattform forderten die Regierung auf, endlich ein Transparenzgesetz auf den Weg zu bringen, „das seinen Namen verdient“. So müsse ein solches Gesetz, das nach langen Versprechungen noch in diesem Jahr den Weg in den Bundestag finden soll, sicherstellen, dass Anträge auf Informationen nach dem IFG auch mit Pseudonym möglich sind.