AW: [How-To] AMD Prozessoren übertakten
Übertakten einer AM2 CPU auf einem AM2/AM2+ Sockel
1. Benötigte Programme:
Programm zum auslesen der CPU-Temperatur:
- Speedfan, AMD Overdrive, Everest (Aida), Coretemp
Programm zum Auslasten der CPU (prüfen auf Stabilität und zum feststellen der Leistungssteigerung)
- 3DMark, Cinebench, keine Grafikbenchmarks wie Heaven Benchmark
2. Vorbereitung
Wie bei einem Experiment in der Schule bedarf es einer guten Vorbereitung und einer sauber durchgeführten und protokollierten Arbeit damit das Resultat stimmt. Aus diesem Grund sammelt ihr als erstes die wichtigen Infos über eure CPU. Dazu empfiehlt sich eine Tabelle.
Diese Daten findet ihr zu eurem Modell auf der Herstellerseite oder in einer Datenbank z. B. auf
CPU-World.com
Erklärungen:
Referenztakt:
- beträgt bei allen CPUs 200 MHz
Multiplikator:
- errechnet sich aus CPU-Takt / 200
HyperTransport
- beträgt bei den meisten Modellen 1000 MHz (Referenztakt*5)
Speichertakt:
- AM2 CPUs unterstützen maximal DDR2-800, daher wird in diesem Beispiel von diesem Speichertyp ausgegangen
3. Durchführung
Im Bios solltet ihr folgende Einstellungen ändern:
- Cool’n’Quiet deaktivieren
- Vcore von [Auto] auf den ab Werk festgelegten Wert setzen
- PCIe Takt auf 100 MHz fixieren
- AGP Takt auf 66 MHz fixieren
- PCI Takt auf 33 MHz fixieren
Jetzt solltet ihr euch abermals eine Tabelle erstellen (auf einem anderen PC oder auf einem Blatt Papier) die dem nachfolgenden Layout entspricht:
Hier werden die Parameter eingetragen die ihr später verändern wollt. Ihr könnt dabei auch Formeln verwenden. Das erleichtert die Schreibarbeit bei den nächsten Schritten. Mit welchem Programm ihr Stabilität und Leistungssteigerung prüft bleibt euch überlassen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass 3DMark06 reproduzierbare Ergebnisse liefert (die Streuung zwischen mehreren Messungen ist sehr gering) und ein zu hoher Takt kann durch sinkende Ergebnisse erkannt werden.
3.1 Der Speicherteiler
Der Speicherteiler ist beim Sockel AM2 sehr kompliziert. Ohne Hintergrundwissen solltet ihr nicht über den RT übertakten. Aus diesem Grund hier eine kleine Speicherteilerkunde:
Der Speicherteiler ist eine ganze Zahl, die die Geschwindigkeit des Arbeitsspeichers festlegt. Er berechnet sich aus Standard CPU-Takt geteilt durch I/O-Takt. In den meisten Fällen ergibt sich daraus eine gebrochen rationale Zahl. Diese wird immer aufgerundet, und das ist euer Speicherteiler.
Hier eine Übersicht, welcher Teiler bei unterschiedlichen Taktraten eingestellt wird:
Der Speicherteiler selbst kann nicht eingestellt werden, nur die Speichergeschwindigkeit. Anhand des Standard CPU-Takt ermittelt das Bios den Teiler nach oben stehender Formel.
Aber: Nicht jede CPU mit 3000 MHz und DDR2-800 hat einen Speicherteiler von 8. Ein Athlon 64 X2 4200+ auf 3000 MHz (11x272) übertaktet würde mit DDR2-1000 laufen. Warum ist das so: Der Speicherteiler hängt nicht vom aktuellen sondern vom Standard CPU-Takt ab. Ab Werk hat ein Athlon 64 X2 4200+ 2200 MHz. 2200/400 ergibt 5,5 also beträgt der Speicherteiler 6, auch bei 3000 MHz. 3000/6 ergibt 500, also läuft der Speicher mit DDR2-1000. Dadurch wird der Speicher übertaktet und es kann zu Fehlern kommen. Also muss der Speicher im Bios soweit herabgesetzt werden, bis er unterhalb von 400 MHz liegt. Stellt man DDR2-667 ein, ergibt sich 2200/333 macht 6,6 also gerundet 7. Damit läuft der Speicher auf 3000/7 = 428 MHz (DDR2-857), also immer noch zu schnell. Die nächst niedrigere Stufe ist DDR2-533. 2200/266 = 8,3 also 9. 3000/9 = 333 also läuft der Speicher als DDR2-667. Zusammengefasst an drei Beispielen:
Wem Mathe nicht so liegt, der kann
mit dieser interaktiven Grafik seinen Speichertakt berechnen lassen.
3.2 Übertakten durch anheben des Referenztaktes
Diese Art des Übertaktens ist bei jeder CPU möglich, da es keine festen Grenzen für diesen Wert gibt, i.d.R. lässt sich im Bios theoretisch ein Wert bis 400 MHz einstellen. Durch erhöhen des Wertes verändert sich aber auch der HT und die Speichergeschwindigkeit. Da es keinen Leistungsverlust zur Folge hat, wird zuerst der Multiplikator des HT um eine Stufe herabgesetzt. Damit ist sichergestellt, dass eventuelle Fehler oder Abstürze nicht auf einen zu hohen HT Takt zurückzuführen sind.
Jetzt ist sichergestellt, dass durch Erhöhung des RT der HT nicht außerhalb seiner Spezifikation läuft. Somit kann mit der Erhöhung des RT begonnen werden. Ich empfehle die Erhöhung in 5 MHz Schritten. Dazu stellt ihr im Bios 205 MHz ein, bootet und lasst euren Benchmark laufen. Stürzt der Rechner nicht ab und das Ergebnis verbessert sich, kann wieder um 5 MHz erhöht werden.
Hinweis: Der Taktgeber für den RT ist der Chipsatz (Northbridge). Dieser entwickelt durch höhere Taktraten ebenfalls mehr Abwärme.
Unter der Annahme, dass DDR2-800 verwendet wird, muss auch der Speicher irgendwann heruntergetaktet werden. Dies hat einen leichten Leistungsverlust zur Folge, jedoch wird im weiteren Verlauf durch angeben des RT auch der Speicher wieder schneller.
Irgendwann ist der Punkt gekommen, an dem der Takt zu hoch ist. Dies macht sich durch Abstürze, Bildfehler, Freeze oder einer sinkenden Leistung bemerkbar. Für das weitere Vorgehen gibt es zwei Möglichkeiten:
- Möglichkeit: Die Spannung der CPU (Vcore) erhöhen und erneut probieren
- Möglichkeit: Mit dem Ergebnis zufrieden geben (weiter bei Punkt 4)
Wer sich für 1. entscheidet, nimmt einen deutlich höheren Stromverbrauch und die Gefahr in kauf, dass die CPU den Gewährleistungszeitraum nicht übersteht.
Beim erhöhen des Vcore sollte niemals um mehr als 10% erhöht werden. Bei 1,35V macht dies 1,485V. Die entsprechende Spannung wird im Bios eingestellt und erneut getestet. Läuft der Rechner trotz Spannungserhöhung nicht stabil, kann die CPU den hohen Takt nicht (weiter bei Punkt 4). Läuft der Rechner durch die Spannungserhöhung wieder stabil, kann der RT weiter in 5 MHz Schritten angehoben werden, bis das System abermals instabil wird.
Die Spannung könnte abermals angehoben werden, um den Rechner möglicherweise noch weiter zu übertakten. Davon kann ich aber nur abraten.
Hinweis: Je nachdem wie gut eure CPU ist, kann es vorkommen, dass der HT durch erhöhen des RT wieder über 1000 MHz steigt. Wie bereits beschrieben wird der Multiplikator um eine weitere Stufe auf 3 (600 MHz) gesenkt. Anschließend kann der RT weiter erhöht werden.
3.3 Übertakten durch anheben des Multiplikators
Dies stellt eine weitere Möglichkeit des übertakten dar, ist aber nur bei BE (Black Edition) Modellen möglich. Hierbei wird statt des RT der Multiplikator der CPU angehoben. Der HT bleibt dabei unberührt, der Speichertakt steigt weiterhin. Daher ist dieser Weg des übertakten etwas einfacher.
Der kleinste Schritt bei der Erhöhung ist 0,5, also ergibt sich bei jeder CPU eine Erhöhung um 100 MHz (200 MHz * 0,5). Der Multiplikator kann im Bios eingestellt werden. Nach einer Erhöhung wird auf Stabilität und Leistungssteigerung geprüft. Treten keine Fehler auf, kann weiter erhöht werden.
Wird durch die Erhöhung des RT der Speichertakt von DDR2-800 überschritten, verursacht dies wahrscheinlich Fehler. Senkt im Bios den Speichertakt um eine Stufe. Läuft das System wieder stabil, kann der Multiplikator weiter angehoben werden.
Ist ein stabiler Betrieb nicht mehr möglich, kann der Vcore im Bios angehoben werden. Auch hier gilt, nicht mehr als 10%.
Läuft der Rechner trotz Spannungserhöhung nicht stabil, schafft eure CPU diesen Takt nicht. Auch hier gilt: Eine weitere Spannungserhöhung kann zu noch höheren Taktraten führen, gesund ist das für die CPU aber nicht.
4. Prüfen auf Stabilität
Jetzt wisst ihr, bei welchem Multiplikator oder RT eure CPU den letzten fehlerfreien Durchlauf schaffte. Da ein Benchmark die CPU aber nur wenige Minuten belastet, ist dies keine Garantie, dass die CPU auch eine Dauerlast auf dieser Stufe ohne Fehler übersteht. Daher sollte mit verschiedenen Mitteln wie Prime95 oder LinPack (LinX; Intel Burn Test) eine unnatürlich hohe Last simuliert werden. Ab wann ein System als stabil bezeichnet werden kann ist je nach Programm sehr unterschiedlich. Prime95 sollte min. 4 Stunden laufen. Erfahrungsgemäß geht die Überprüfung mit LinX um ein vielfaches schneller.
Eigentlich ist LinX ein Benchmark, der die Leistung des Prozessors in Flops misst. Dabei erzeugt der Benchmark eine deutlich höhere Beanspruchung des Prozessors, wodurch Fehler schneller entdeckt werden als bei Prime95.
Das Programm ist übersichtlich und einfach zu bedienen. Eingestellt werden kann wie viel Arbeitsspeicher genutzt wird, und ob der Test eine festgelegte Zeit (in Minuten) oder aber xx Durchläufe absolvieren soll. Wer nur auf Stabilität testen möchte sollte ca. 30 - 60 Minuten einstellen. Wer das Programm als Benchmark verwenden will, sollte etwa 10 Durchläufe wählen.
Wie in diesem Beispiel zu sehen ist, variieren die Ergebnisse ein wenig. 7.9185 bis 7.9679 GFlops wurden gemessen. Die Abweichung beträgt also 7.9432 ± 3,1%. Eine Abweichung bis 5% ist ok, Werte die deutlich über oder unter den Durchschnitt liegen, sollten einfach gestrichen werden bei der Berechnung des Mittelwertes. Der Mittelwert wird nicht aus dem minimalen und maximalen Wert gebildet, sondern aus allen Werten (abzüglich der Ausreißer). Also alle Ergebnisse addieren und durch die Anzahl teilen. In diesem Beispiel ist der Mittelwert 7.9507. Nach dem übertakten führt man die Messung abermals durch und kann so den Geschwindigkeitszuwachs abschätzen.
Bitte achtet auf eure Temperaturen beim testen. LinX und andere Programme erzeugen unnatürlich hohe Lasten was zu utopischen Temperaturen führen kann. Bereits nach 3 Minuten heizte sich mein Notebook sehr stark auf:
Anmerkung: Macht euch schlau, welche maximale Temperatur euer Prozessor verträgt. Wird beim Test die Temperatur überschritten, brecht den Test ab um Schäden an eurer Hardware zu vermeiden. Spätestens bei 65°C (Desktop) bzw. 95°C (Notebook) sollte die Vernunft siegen und die Kühlung überprüft und ggf. verbessert werden.
Stellt ihr Fehler oder Abstürze fest, senkt den RT um 5 MHz bzw. den Multiplikator um 0,5 und testet erneut bis ihr keine Fehler mehr feststellen könnt.
Anmerkung: Die Überprüfung mit Prime95/LinPack gibt keine 100%ige Sicherheit. Stellt ihr beispielsweise erst beim spielen Fehler fest, benutzt das Spiel eurer Wahl als Instrument zur Überprüfung auf Stabilität.