Frage 6k->16K Rücktritt innerhalb 14 Tagen

Man sollte solche Praktiken bei der Vertragsgestaltung schon etwas differenzierter betrachten, es wird ja auch niemand gezwungen sich in einen solchen Vertragsstatus zu begeben.

Eines ist doch nachvollziehbar, die Provider versuchen ohnehin schnellstmöglich zu realisieren, sie wollen ja Umsatz machen und Kunden halten. Daher ist diese "schnellstmöglich" Option ohnehin sinnfrei, da sie keinerlei qualitatativen Gegenwert beinhaltet. Viel effizienter ist eine vernünftige Planung!

In diesem Artikel erwähnt RA Greif auch explizit, dass es noch kein höchstrichterliches Urteil zu dieser Vertragsgestaltung gibt.
Daher würde ich nach dem Motto "Eile mit Weile" vorgehen und mich als "kleiner Verbraucher" nicht in ein rechtliches Minenfeld begeben.


Sehr geehrte/r Herr/Frau RA,

ich bitte um die Beantwortung folgender Frage:

Situation:

Ich habe am 05. Januar 2009 online einen DSL-Anschluss bestellt mit dem Freischaltungstermin "sofort" (entsprechende AGB und Widerrufsbelehrung habe ich bestätigt). Nach Eingang der Bestellbestätigung am 05. Januar habe ich am selben Tag noch per Email von meinem Widerrufsrecht Gebrauch machen wollen.

Heute erhielt ich dann von 1&1 folgende Antwort:

[...]
Bei der Beauftragung von 1&1 Doppel-FLAT 16.000 haben Sie sich für eine
schnellstmögliche Schaltung des 1&1 Anschlusses entschieden. Damit haben
Sie uns beauftragt, die Schaltung Ihrer DSL Leitung noch während der
laufenden Frist für Ihr Widerrufsrecht sofort auszuführen.

Wir haben daher auf Ihren Wunsch vor Ende der Widerrufsfrist mit der
Ausführung der beauftragten Leistung begonnen und Ihren Auftrag zur
Schaltung eines 1&1 Anschlusses an unsere Technologiepartner
übermittelt. Ein Widerruf Ihres Auftrages ist daher nicht mehr möglich.
Bitte beachten Sie dazu unsere Widerrufsbelehrung:

"Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn 1&1 mit der Ausführung der
Dienstleistung mit Ihrer ausdrücklichen Zustimmung vor Ende der
Widerrufsfrist begonnen hat oder Sie diese selbst veranlasst haben (z.B.
wenn Sie uns mit der sofortigen Bereitstellung des DSL-Anschlusses
beauftragen etc.)."

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass uns die Stornierung Ihres
Auftrags nach den hier bereits getätigten Aufwendungen nicht mehr
möglich ist.
[...]

Ich habe 1&1 um Kulanz gebeten, allerdings wird darauf bestanden, dass sie der Stornierung meines Vertrages nicht zustimmen. Ich habe allerdings bisher keinen Freischaltungstermin mitgeteilt bekommen, es kann doch noch nicht zu spät sein - und wieso erlischt das Widerspruchsrecht, wenn man "sofortige Freischaltung" wünscht? Mir war schlichtweg nicht bewusst, dass damit mein Widerrufsrecht erlischt - ist das überhaupt rechtens?

Meine Fragen nun daher:

- Bin ich wirklich an den Vertrag gebunden oder habe ich den Vetrag wirksam widerrufen? (Ist so eine Beschneidung des gesetzl.
Widerrufrechts nicht unzulässig?)
- Falls der Widerruf nicht wirksam ist: Gibt es andere Möglichkeiten, sich von dem Vertrag zu lösen (Anfechtung?)? Oder bin ich tatsächlich 2 Jahre lang gebunden?
- Wie sieht es mit Wertersatz/Schadensersatz aus?
- Gibt es Vergleichsurteile bzw. lohnt sich der Kampf oder muß ich das Ganze einfach unter "Pech gehabt" abhaken und den Vertrag akzeptieren?

Danke für die Hilfe.


Sehr geehrte(r) Fragesteller/in,

vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann. Es wird ausschließlich das Ziel verfolgt, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres geschilderten Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten. Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen im Rahmen Ihrer Sachverhaltsschilderung kann eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.

Nun zu den von Ihnen gestellten Fragen, die ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:

Bei dem von Ihnen abgeschlossenen und derzeit strittigen Vertrag handelt es sich um einen sog. Fernabsatzvertrag. Gesetzliche Regelungen hierfür finden sich in den §§ 312 b ff BGB. Grundsätzlich steht einem Verbraucher, der einen Fernabsatzvertrag abschließt, nach § 355 BGB ein Widerrufsrecht zu.

Ihren Angaben zu Folge haben Sie noch im Rahmen der gesetzlichen Widerrufsfrist 1&1 gegenüber Ihr Angebot oder Ihre Vertragsannahme widerrufen. In diesem Zusammenhang muss jedoch § 312 d Absatz 3 Nummer 2 BGB beachtet werden. Danach erlischt ein dem Verbraucher zustehendes Widerrufsrecht bei einer Dienstleistung des Unternehmers dann, „wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder der Verbraucher dies selbst veranlasst hat.“

Vorliegend ist daher zunächst zu prüfen, ob es sich bei dem von Ihnen geschlossenen Vertrag über einen DSL-Anschluss tatsächlich um eine Dienstleistung handelt. Von einer reinen Dienstleistung kann nicht ausgegangen werden, da 1&1 neben den dienstvertraglichen Elementen auch werk- und mietvertragliche Komponenten mit erbringt. Insoweit wird jedoch in der Literatur und Rechtsprechung derzeit die Ansicht vertreten, dass der Schwerpunkt der Leistungen bei einem Internetprovider bei einer Dienstleistung liegt. § 312 d Absatz 3 Nummer 2 BGB findet daher vorliegend grundsätzlich Anwendung.

Ob 1&1 Ihr gesetzlich verankertes Widerrufsrecht einfach „aushebeln“ kann, kann an dieser Stelle nicht eindeutig beantwortet werden. Das gleiche gilt für die Frage, ob Sie durch das Anklicken der Option „Freischaltungstermin sofort“ auf Ihr Widerrufsrecht wirksam verzichtet haben. Soweit ersichtlich, fehlt es bislang hierzu an einer höchstrichterlichen Rechtsprechung, die als Orientierung herangezogen werden könnte. Es sprechen gute Gründe dafür, dass die Vorgehensweise von 1&1 nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Schaffung des § 312d Absatz 3 Nummer 2 entspricht. Insbesondere der Umstand, dass der Kunde bei Anklicken der Option „sofort“ nicht auf einen möglichen Verlust seines Widerrufsrechts hingewiesen wird, hebelt den vom Gesetzgeber beabsichtigen Verbraucherschutz meines Erachtens aus. Des Weiteren wird von anderen Kollegen die Ansicht vertreten, dass durch eine reine Vorbereitungshandlung, wie die Übermittlung von Informationen an einen Partner, das Widerrufsrecht noch nicht erlischt, da mit der Durchführung des Vertrages erst begonnen wird, wenn der Verbraucher wirklich eine Dienstleistung erhält bzw. diese nutzen kann. Vorstellbar ist daher grundsätzlich, dass ein Gericht im Streitfall die Ansicht vertritt, dass eine solche Beschneidung des gesetzlichen Widerrufrechts unzulässig ist und daher davon ausgeht, dass Sie den Vertrag wirksam widerrufen haben und daher nicht für die nächsten zwei Jahre an diesen Vertrag gebunden sind. Allerdings lässt sich im Vorfeld der Ausgang eines Prozesses nie mit abschließender Sicherheit vorhersagen.

Aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhalts, sehe ich grundsätzliche keine sonstigen Möglichkeiten, sich von dem geschlossenen Vertrag zu lösen. Insbesondere die von Ihnen benannte Anfechtung des Vertrages halte ich vorliegend für nicht erfolgsversprechend. Für eine Anfechtung bedarf es stets eines Anfechtungsgrundes. Als Grund hierfür sieht das Gesetz in § 119 BGB den Irrtum vor und in § 123 BGB die Täuschung und Drohung. Da Sie nicht wussten, dass durch Anklicken der Option „sofortiger Freischaltungstermin“ Ihr Widerrufrecht erlöschen kann, könnte vorliegend an einen Irrtum gedacht werden. Bei einem Irrtum über eine Rechtsfolge, die Kraft Gesetz eintritt (hier § 312 d Absatz 3 BGB) handelt es sich jedoch grundsätzlich um einen sog. unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum.

Ein Verhalten von 1&1, welches einen Anspruch auf Schadensersatz begründet, ist nicht ersichtlich. Sollte 1&1 seine Leistungen jedoch nicht vertragsgemäß erbringen, besteht unter Umständen die Möglichkeit, sich durch eine fristlose Kündigung vom Vertrag zu lösen und/oder einen Schadensersatzanspruch gegenüber 1&1 geltend zu machen. Dies muss jedoch im Einzelfall geprüft werden.

Unabhängig von der Frage, inwieweit man sich auf einen Rechtsstreit mit 1&1 einlassen sollte, besteht die Möglichkeit, dass durch ein anwaltliches außergerichtliches Schreiben 1&1 erneut mitgeteilt wird, dass an dem erklärten Widerruf festgehalten und dieser für wirksam gehalten wird. Erfahrungsberichte anderer Kollegen haben gezeigt, dass 1&1 dann nicht immer an der zweijährigen Vertragsbindung festhält.

Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen weiterhelfen. Sie können sich gern im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal mit mir in Verbindung setzen.

Darüberhinaus stehe ich Ihnen selbstverständlich auch im Rahmen einer Mandatierung zur Verfügung. Den geleisteten Erstberatungsbetrag würde ich Ihnen in voller Höhe anrechnen.

Eine größere Entfernung zwischen Anwalt und Mandant stellt grundsätzlich kein Problem dar. Mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel wie E-Mail, Post, Fax und Telefon ist eine Mandatsausführung ebenfalls möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Andrej Greif
Rechtsanwalt

Rechtsanwälte Schulze & Greif
Partnerschaftsgesellschaft
Zwickauer Straße 154
09116 Chemnitz

Tel.: 0371/433111-0
Fax: 0371/433111-11

E-Mail: info@schulze-greif.de
www.schulze-greif.de
Rechtsanwalt Andrej Greif
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