Entwicklung des Staatstrojaners kommt nicht voran

Andreas Frischholz
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Das Innenministerium kommt bei der Eigenentwicklung eines „Staatstrojaners“ nicht voran. Dem zuständigen Kompetenzzentrum Informationstechnische Überwachung (CC ITÜ) ist es bislang nicht gelungen, eine ausreichende Anzahl an Fachkräften für die ausgeschriebenen Stellen zu gewinnen, meldet die Mitteldeutsche Zeitung.

Bislang sind nur zwei Drittel der Stellen besetzt, die Entwicklung der Software zur Online-Überwachung kann aber erst beginnen, wenn alle besetzt sind, antwortet das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Jan Korte. Demzufolge wackelt auch der ohnehin verzögerte Zeitplan. Bereits im Dezember wurde bekannt, dass der unter Behörden-Regie entwickelte Staatstrojaner für die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) nicht vor Ende 2014 fertigstellt werden kann.

Darüber hinaus erklärte das Innenministerium, dass Bund und Länder sich bis auf weiteres einig seien, auf „die Durchführung von Quellen-TKÜ-Maßnahmen zu verzichten“. Das wurde nötig, nachdem der Chaos Computer Club in einer Analyse festgestellt hatte, dass der zuvor von deutschen Behörden genutzte Staatstrojaner der Firma DigiTask eklatante technische Mängel aufweist und mit den gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar ist. Bis zur Fertigstellung der Eigenentwicklung will das Innenministerium aber nicht dauerhaft auf die Quellen-TKÜ verzichten, derzeit wird eine kommerzielle Übergangslösung vorbereitet.

Dabei handelt es sich offenbar um eine Variante des Trojaners FinSpy/Finfisher der umstrittenen und von Menschenrechtsorganisationen kritisierten Firma Gamma-Groupe, berichtete Netzpolitik.org. Derzeit soll seitens der Behörden aber noch geprüft werden, ob die Überwachungssoftware den rechtlichen Anforderungen genügt.

Allerdings ist es nach wie vor äußerst umstritten, ob überhaupt eine rechtliche Grundlage für Online-Überwachungen besteht. Erst vor kurzem entschied das Kölner Landgericht, fehlende Hard- und Software für eine grundrechtskonforme Überwachung sei kein Argument, das Grundrechtseingriffe rechtfertige. Ebenfalls kritisch äußerte sich in der Vergangenheit bereits die Bundesanwaltschaft, wonach eine besondere Rechtsgrundlage für eine Software nötig ist, die der Überwachung dient und weitestgehend unkontrolliert sämtliche persönlichen Bereiche aushorcht. Die Bundesregierung vertritt hingegen die Ansicht, mit dem Bundesverfassungsgericht-Urteil über Online-Überwachungen aus dem Jahr 2008 bestehe eine Rechtsgrundlage.

Jan Korte erklärt indes gegenüber Netzpolitik.org, der „endgültige Verzicht auf die Quellen-TKÜ ist eine rechtsstaatliche Notwendigkeit“. Es reiche nicht aus, vorübergehend auf die „unkontrollierbare Schnüffelsoftware“ zu verzichten. Die „jahrelange verantwortungslose Politik, welche Geschäftsgeheimnisse der Trojaner-Hersteller und die eigenen Überwachungsinstrumente höher bewertet hat als die Bürgerrechte“, müsse beendet werden.