SilentPower: Kupferschaum-Mini-PC als Prototyp

Update Michael Günsch
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Seit einer Weile versuchen drei deutsche Entwickler ihr Konzept eines lautlosen Mini-Spiele-Rechners mittels Crowdfunding zu realisieren. Inzwischen gibt es einen Prototypen des „SilentPower“ genannten Produktes. Der Clou ist das Kühlkonzept: Schwammförmiger Kupferschaum dient zur Wärmeabgabe.

Kupfer bietet bekanntlich eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit. Durch die Schaumstruktur wird zudem eine große Oberfläche zur Abgabe der Wärme an die Umgebungsluft realisiert. Der Metallschaum sitzt direkt auf dem Gehäuse des Mini-PCs und nimmt die Abwärme der verbauten Komponenten auf. Wie die Entwickler beschreiben, wird die Luft im Inneren des Schaums stärker erwärmt als in den Außenbereichen. Die damit einhergehende höhere Ausdehnung der Luft im Inneren führe dazu, dass die erwärmte Luft automatisch nach außen gedrückt werde. Durch dieses Kühlkonzept soll der PC passiv und somit lautlos gekühlt werden.

Der Mini-Rechner soll 16 Zentimeter lang, 10 Zentimeter breit und 7 Zentimeter hoch ausfallen. Im Innenraum ist eine auf mehrere Ebenen aufgeteilte Hauptplatine vorgesehen, die alle Komponenten beherbergt. Im oberen Teil und somit unmittelbarer Nähe zum Kühler werden CPU und GPU verbaut. Arbeitsspeicher und SSD sollen im unteren Teil Platz finden.

Als Hauptprozessor ist ein Intel Core i7-4785T vorgesehen, der vier mit 2,2 bis 3,2 GHz taktende „Haswell“-Kerne und acht Threads bei einer TDP von 35 Watt bietet. Eine GTX-760-GPU von Nvidia mit 2.048 MB Speicher soll unter anderem Videospiele beschleunigen. Vorbesteller können zwischen drei Varianten wählen, die sich bei Arbeitsspeicher und SSD unterscheiden. Für 699 Euro sind 8 GB RAM und 500 GB Flash-Speicher zu haben, das limitierte Spitzenmodell besitzt 16 GB RAM und eine 1.000-GB-SSD zum Preis von 1.159 Euro. Neben einer zweijährigen Garantie gewähren die Entwickler ein 60-tägiges Rückgaberecht.

  • Betriebssystem: Windows 8.1 64-Bit (auf Nachfrage auch ohne OS vorbestellbar)
  • Prozessor: Intel Core i7-4785T
  • Arbeitsspeicher: 8 GB oder 16 GB DDR3
  • Festplatte/Massenspeicher: 500 GB SSD oder 1.000 GB SSD
  • Grafik: Nvidia GeForce GTX 760 Grafik-GPU (2.048 MB)
  • Anschlüsse: 4x USB 3.0, DVI, HDMI und DisplayPort, Audio-In, Audio-Out, Ethernet
  • Oberflächentemperatur max. 50°C
  • WLAN IEEE 802.11 a/b/g/n/ac
  • Abmessungen: 16x10x7cm
  • Gewicht: 1,350 kg
  • 60 Tage Rückgaberecht
  • 2 Jahre Garantie

Das kleine Team rund um Projektleiter Stephan Klaussner versucht bereits seit Mai den SilentPower mit Hilfe von Schwarmfinanzierung auf den Markt zu bringen. Erste Schritte über die Crowdfunding-Plattformen Startnext und Indiegogo scheiterten jedoch. Seit Ende Juni werden Unterstützer über eine eigene Homepage gesucht. In Form von Vorbestellungen und Spenden sind inzwischen über 14.000 Euro zusammen gekommen, doch erst ab 45.000 Euro soll der Mini-PC in Produktion gehen. Sollte diese Summe bis zum 28. Februar 2015 nicht erreicht werden, versprechen die Betreiber, die Beiträge zu erstatten.

Update

Im Gespräch mit ComputerBase nahm SilentPower-Entwickler Holger Ficht Stellung zu einigen Ungereimtheiten rund um das Projekt. So stellte sich die Frage, wie ein kleines Startup ein solches Projekt realisieren will. Zudem führte unter anderem ein unvollständiges Impressum auf der Projektseite zu Zweifeln an der Seriosität des Projekts.

Folgend erläutert Ficht Hintergründe zur Entstehungsgeschichte und geht auf Fragen zur Fertigung sowie zu Risiken für Unterstützer ein.

Allgemein zum Impressum, AGBs etc.: Wir wissen, dass das kein juristischer Höhepunkt ist. Unser Projekt war damals auf Indiegogo gelistet, welches aber zweimal ohne nähere Angaben gelöscht wurden. Wir mussten über Nacht eine komplett eigene Website hochziehen, um unsere Glaubwürdigkeit und die Ernsthaftigkeit des Projekts zu retten. Daher gibt es noch ein paar Baustellen. Dass das Impressum so nicht bleiben kann ist denke ich klar und wir werden das definitiv überarbeiten.

Ja, wir sind die drei „Core“-Entwickler des Teams. Ab und zu gibt es natürlich eine helfende Hand von Außerhalb (Tipps von technik-versierten Bekannten etc.).

Einen Großteil der Entwicklung und Forschung haben wir noch aus unserer Zeit als Studenten gemacht und bereits damals als Team zusammen gearbeitet und in unserer Freizeit gerne einzelne Komponenten zusammen gebaut. Wir haben zu unserer Zeit aus Spaß eine Soundkarte in einen Ultraschallscanner gelegt (wie das Laborgerät genau heißt weiß ich leider nicht mehr; es hatte ein Wasserbad mit destilliertem Wasser und ein Schallkopf hat das komplette Bauteil mit Hilfe von Ultraschall abgerastert) und konnten so das komplette Modell (mit allen Leiterbahnenschichten) studiern und virtuell nachbauen. Dabei ist die Grundidee entstanden, auch komplexere Bauteile nachzubauen und später auch zu kombinieren.

Wir entwickeln den SilentPower hauptsächlich in unserer Freizeit, da eine Haupttätigkeit mit all den Kosten (und bisher nicht festen Einnahmen) nicht möglich wäre.

Die einzelnen Komponenten, mit denen wir noch im Labor getestet und gearbeitet haben, stammen von verschiedenen Lieferanten. Komplizierte Bauteile wie CPU, GPU, SSD-Chips etc. kaufen wir extern hinzu. Das ist der Grund, weshalb der SilentPower so günstig ist. Wir brauchen wirklich nur die OEM-Bauteile. Das ganze Mainboard-Design etc ist mehr oder weniger unsere eigene Freizeit-Leistung. Und wir sind sehr stolz darauf, was wir in den letzten zwei Jahren erreichen konnten. Man muss nur etwas verbissen sein und sich stark mit der Materie befassen ;-)

Für die Endmontage (Serienfertigung) haben wir eine kleinere Firma gewinnen können. Wichtig für uns war, dass die Produktion innerhalb von sechs Wochen nach Eingang der Zielsumme beginnen kann. Dabei haben wir uns bewusst für keinen großen Hersteller entschieden, um die Flexibilität zu wahren. Zu der Zulieferfirma möchten wir uns bewusst (noch) nicht äußern, weil diese sonst zahlreiche Fachfragen von Interessierten erhalten aber diese auf Grund der Verträge wieder an uns schicken müssen. Diese Arbeit möchten wir der Partnerfirma ersparen.

Zum Risiko: Es gibt zwei Möglichkeiten: Die Zielsumme wird erreicht und wir geben das an den Hersteller weiter, der die SilentPower für uns bauen wird. Wenn das aus irgendeinen Grund nicht passiert oder wir die Zielsumme nicht erreichen können, dann erhalten die Unterstützter ihr Geld zurück. Das ist Vertraglich so geregelt und dieses „Rückgaberecht“ der Investition erhalten unsere Vorbesteller auch durch Bestätigung der AGBs. Da aber drei Personen über die Finanzen wachen und unser Projekt keine Eintagsfliege werden soll, können wir uns einen zu lockeren Umgang mit den Investitionsvermögen nicht erlauben. Aber zur Frage: Die Chance, das Geld zu verlieren, ist nicht größer als bei anderen Crowdfunding-Projekten. Und hier fällt mir kein Fall ein, wo ein Totalausfall zu beklagen wäre (bitte um Korrektur, falls ich hier falsch liege).

Ich hoffe, ich konnte einige Unsicherheiten beseitigen. Uns ist bewusst, dass solche Projekte, bei denen die Unterstützer erst in einigen Monaten ihre Gegenleistung in Händen halten werden, das mit einer gewissen Skepsis betrachten.

Holger Ficht, Komponentenauswahl, Systemintegration und Marketing

Zunächst unbeantwortet blieb die Frage nach der Firma „FusionTech“, die im Impressum mit Nürnberger Adresse angegeben ist. Ein ComputerBase-Leser war vor Ort und konnte kein Klingelschild mit dieser Aufschrift entdecken. Was es damit auf sich hat erklärt Ficht wie folgt:

Wir haben dort ein kleines Büro gesponsert bekommen (als Untermieter) damit wir als Team eine Anschrift haben. Ja, das mit dem Klingelschild muss der Vermieter endlich mal machen… Aber das ist wirklich nur die Anschrift. Arbeiten kann man dort nicht, wir machen fast alles ausschließlich privat und dürfen in Uni-Laboren arbeiten.

FusionTech nennen wir uns als Team und werden das auch als Unternehmen in wenigen Tagen anmelden. Wir haben mit der Entscheidung noch gewartet weil einige juristische Fragen zu klären waren und wir überhaupt wissen wollten, ob den SilentPower jemand haben will und ob ein dauerhaftes Geschäft sinnvoll ist.

Letztlich haben die Entwickler für viele der aufkommenden Fragen eine Antwort parat, auch wenn damit nicht sämtliche Zweifel ausgeräumt werden. Für Crowdfunding-Projekte sind Ungereimtheiten wie ein unvollständiges Impressum und mangelnde Transparenz Gift, weshalb die jungen Entwickler hier eindeutig nachbessern müssen.

Wie der Homepage zu entnehmen ist, sind inzwischen über 19.000 Euro über die Schwarmfinanzierung zusammen gekommen, womit die Einnahmen seit gestern Mittag um etwa 5.000 Euro zunahmen. Im Blog wird zudem die Frage nach der Reinigung des Kupferschaums beantwortet. Demnach genüge es, diesen mit einem Staubsauger abzusaugen. Alternativen zur bisher angebotenen Hardware sind zur Zeit nicht vorgesehen, was sich jedoch nach erfolgreicher Finanzierung ändern könne.

Nvidia GTC 2024 (18.–21. März 2024): ComputerBase ist vor Ort!
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  • Michael Günsch E-Mail
    … schreibt seit 2009 über PC-Hardware wie Grafikkarten, Monitore und SSDs sowie über Forschung, Spiele und Wirtschaft.

Ergänzungen aus der Community

  • Big Daddy Pork 28.07.2014 16:01
    Ich habe vor 3 Jahren meine Studienarbeit im Bereich von porösen Kühlkörpern geschrieben (im Bereich Turbinenkühlung) und freue mich, dass dieser Ansatz nun auch im kommerziellen Bereich angekommen ist.

    Zum Thema "Lamellen hätten doch auch gereicht": Ja, wenn man sie entsprechend groß dimensioniert natürlich schon. Der große Vorteil an dem Kupferschaum (das ist im Übrigen wirklich nicht mit Stahlwolle zu vergleichen :D) ist die enorme Oberfläche im Vergleich zum Volumen. Lamellen haben ja an sich nur eine zweidimensionale Ausbreitung, der Schaum geht jedoch noch in die dritte Dimension und bietet so viel mehr Fläche und somit Kühlungspotenzial. Ein weiterer Vorteil ist dann noch der durch die Geometrie bedingte erhöhte Wärmeübergangskoeffizient. Durch unterschiedliche Turbulenzeinflüsse wird die übertragbare Wärmemenge bei gleicher Fläche im vergleich zu einfachen Lamellen nochmals gesteigert.

    Es ist auf jeden Fall mal sehr viel Potenzial gegeben, aber ob dieses auch für die Kühlung der angegeben Komponenten unter Volllast ausreicht, kann ich nicht einschätzen. Wenn ich mich recht entsinne, ist die Herstellung eines Kupferschaums auch relativ teuer. Aber das kann sich ja geändert haben.
  • giessl 28.07.2014 18:56
    Anscheinend wurde ein ähnliches Konzept für einen CPU-Kühler schon auf der CeBit 2006 als Prototyp vorgestellt. (Link) Damals brauchte man aber noch 'high pressure fans'...