Kindle Unlimited: Bekannte Indie-Autoren ziehen sich vermehrt zurück

Michael Schäfer
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Kindle Unlimited: Bekannte Indie-Autoren ziehen sich vermehrt zurück

Bereits zum US-Start im Juli 2014 mussten Nutzer von Amazons digitaler Bücherei auf viele aktuelle Bestseller verzichten. Nicht anders sah es beim Start in Deutschland knapp drei Monate später aus. Sowohl Verlage als auch Autoren fürchteten damals um ihre Einnahmen – eine realistische Einschätzung, wie sich jetzt herausstellte.

So bestand der Inhalt der Leihbücherei zum Deutschlandstart im Rahmen der Frankfurter Buchmesse letzten Jahres vor allem aus Büchern von Indie-Autoren. Da Amazon auch in den USA nur wenige bekannte Verlage für den neuen Dienst ins Boot holen konnte, zierten vor allem Selfpublisher die Autorenliste. Diese erhofften sich von Kindle Unlimited vor allem einen höheren Bekanntheitsgrad und damit einhergehend höhere Buchverkäufe. Diese brachen stattdessen jedoch teilweise dramatisch ein, da die entgangenen Einnahmen durch Buchverkäufe nicht von den im Vergleich geringen Leihvergütungen aufgefangen werden konnten. Durch diesen Umstand ziehen mittlerweile immer mehr Autoren die Reißleine und nehmen ihre Veröffentlichungen aus den Regalen des Leihdienstes. Dies könnte am Ende auch für Amazon Folgen haben, mit schwinden des Angebotes dürfte auch die Akzeptanz des Nutzers fallen.

Rund vier Monate nach dem Start in den USA verbuchte zum Beispiel die bekannte Indie-Autorin H. M. Ward – mit über fünf Millionen verkauften Büchern in den letzten vier Jahren eine der bekanntesten unabhängigen Autoren bei Amazon – bereits einen deutlichen Rückgang der Einnahmen. Wards Verkaufseinnahmen fielen zuletzt um 75 Prozent. Auch dieser Verlust konnte nicht von der Vergütung des Leihdienstes aufgefangen werden. Die Autorin nahm daraufhin ihre Bücher aus dem Verleih und die Erlöse erholten sich langsam. In einem Forenbeitrag machte Ward diesen Umstand publik und erhielt überwiegend Zustimmung von anderen Autoren, die mit den gleichen Folgen zu kämpfen hatten und in letzter Zeit ähnliche Schlüsse zogen.

Doch wie sieht es in Deutschland nach drei Monaten Kindle Unlimited aus? Hierzulande tritt ebenfalls bei immer mehr Lesern und Autoren nach der anfänglichen Hoffnung große Ernüchterung ein. Zum einen konnte Amazon in dieser Zeit die Zahl der teilnehmenden Verlage ebenfalls nicht erhöhen, aber auch viele Autoren ändern ihr Engagement zunehmend: Manche lassen ihre Romane gänzlich aus dem Leihsortiment entfernen, andere wiederum ziehen lediglich neue Veröffentlichungen zurück. Im Internet zeigten sich Leser enttäuscht über die knappe Verfügbarkeit von Verlagstiteln. Deutsche Leser bleiben bislang von der großen Abwanderungswelle der Autoren in den USA verschont. Von den hierzulande 40 meistverkauften E-Books sind gerade einmal sieben nicht ausleihbar, davon der überwiegende Teil Verlagstitel. Doch bei einer ähnlichen Vergütung ist schon bald auch im deutschsprachigen Raum eine ähnliche Trendwende zu befürchten.