AMD Radeon R9 Fury X im Test: Eine ernsthafte Alternative zu Nvidias Topmodellen

Wolfgang Andermahr
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AMD Radeon R9 Fury X im Test: Eine ernsthafte Alternative zu Nvidias Topmodellen

Einleitung

Das ist sie endlich: Die Radeon R9 Fury X von AMD. Die erste Grafikkarte des Herstellers, die sich nicht an das vorherrschende numerische Namensschema des restlichen Portfolios hält. Die Radeon R9 Fury X soll auffallen. Sie soll etwas besonderes und einzigartiges sein.

Wie Nvidias Serie GeForce GTX Titan stehen Modelle vom Typ Radeon R9 Fury eine Stufe über den anderen Angeboten des jeweilige Herstellers. Der Preis fällt bei AMD mit 699 Euro aber über 400 Euro günstiger als bei Nvidia aus. Er orientiert sich an der GeForce GTX 980 Ti, die AMD auch zum offiziellen Kontrahenten der Radeon R9 Fury X erkoren hat.

Doch nicht nur der Name grenzt Fury ab. Mit Fiji setzt AMD auf der neuen Serie exklusiv auf eine neue GPU, mit High Bandwith Memory kommt erstmals der Nachfolger von GDDR5 zum Einsatz. Die Radeon R9 Fury X heißt nicht nur anders, sie ist es auch.

Die Bezeichnung Fury ist indes nicht neu. Vor 16 Jahren erschienen vom Hersteller ATi die Grafikkarten Rage Fury, Rage Fury Pro und Rage Fury MAXX. Die Rage Fury MAXX mit zwei GPUs nahm ob der qualitativ minderwertigen Treiber allerdings ein ebenso exklusives wie schnelles Ende. Ein Schicksal, dass die Radeon R9 Fury X nicht teilen wird. So viel steht nach diesem Test fest.

Das ist Fury

AMD hat zwei Grafikkarten unter der neuen Bezeichnung Fury angekündigt: Radeon R9 Fury X und Radeon R9 Fury. Sie setzen wie die Radeon R9 Nano auf die neue GPU Fiji und unterscheiden sich damit deutlich von den ebenfalls neuen Grafikkarten der 300er-Serie, die auf bekannten GPUs aufsetzen.

Den Auftakt am Markt macht die Radeon R9 Fury X, die ab heute im Handel verfügbar sein soll. Die Radeon R9 Fury soll im Juli, die Radeon R9 Nano „später im Sommer“ folgen. Die Eckdaten dieser Grafikkarten sind noch unbekannt. Die Radeon R9 Fury X setzt auf den Vollausbau der GPU.

Die neue GPU Fiji

Mit einer Fläche von 596 mm² ist Fiji die mit Abstand größte GPU, die AMD jemals entwickelt hat. Hawaii fiel noch 36 Prozent kleiner aus, Nvidias GM200 ist annähernd gleich groß. Mit 8,9 Milliarden Transistoren hat AMD 44 Prozent mehr Schaltungen untergebracht als auf Hawaii, die Packdichte ist also ebenfalls gestiegen.

Chip Fiji Hawaii GM200
Transistoren ca. 8,9 Mrd. ca. 6,2 Mrd. ca. 8,0 Mrd.
Fertigung 28 nm HP TSMC 28 nm HP TSMC 28 nm HP TSMC
Chipgröße 596 mm² 438 mm² 601 mm²
Packdichte* 14,9 14,1 13,3
* In Millionen Transistoren pro mm²

Mit dem Mehr an Fläche und Transistoren geht ein Mehr an Ausführungseinheiten einher. 2.816 Shadereinheiten waren es bei Hawaii, Fiji setzt auf 4.096 – ein Zuwachs um 45 Prozent. Diese setzen sich auf 64 Compute Units (CU) zusammen, die jeweils weiterhin 64 ALUs enthalten. Da auch die restliche Struktur der CUs gegenüber Hawaii oder auch Tonga unverändert geblieben ist, gibt es auf Fiji darüber hinaus 256 vollwertige Textureinheiten (vier TMUs pro CU) sowie einen insgesamt 1.024 KB großen L1-Cache (16 KB pro CU).

Überproportional zugelegt hat bei Fiji gegenüber Hawaii der L2-Cache, unterproportional die Anzahl der Raster Operation Processors (ROPs). Mit zwei Megabyte kann Fiji auf einen doppelt so großen L2-Cache zurück greifen als Hawaii, was auch der Energieeffizienz zugute kommen soll. Die Anzahl der ROPs ist hingegen unverändert geblieben. Eine um 40 Prozent verbesserte Speicherkompression, die auch die Anzahl der darstellbaren Pixel der ROPs erhöht, soll diesem vermeintlichen Engpass allerdings entgegen wirken.

Die Struktur des Back-Ends sowie die Optimierung am Speicherinterface von Fiji erinnern an Tonga, nicht an Hawaii. Und in der Tat bestätigt AMD: Die neue GPU entspricht im Back-End quasi einem doppelten Tonga im Vollausbau.

Technische Eckdaten des Back-Ends
Chip Fiji Hawaii Tonga*
Compute Units (CU) 64 44 32
Shadereinheiten pro CU 64 64 64
Shadereinheiten 4.096 2.816 2.048
TMUs pro CU 4 4 4
TMUs 256 176 128
L1 pro CU 16 KB 16 KB 16 KB
L1 1.024 KB 704 KB 512 KB
L2-Cache 2.048 KB 1.024 KB 1.024 KB
ROPs 64 64 32
* Im Vollausbau

Auch das Front-End von Fiji entspricht Tonga. Es wurde sogar 1:1 übernommen, obwohl ein doppelt so großes Back-End mit Daten zu versorgen ist. Es ist wie bei Hawaii vierfach ausgelegt und bringt die mit Tonga eingeführten Optimierungen mit sich. AMD bestätigt, dass das in niedrigen Auflösungen, in denen das Back-End weniger gefordert wird, zu einem Flaschenhals werden kann. In hohen Auflösungen, für die Fiji entwickelt wurde, soll hingegen auch das kleinere und gegenüber Hawaii deutlich verbesserte Front-End von Tonga ausreichen, um die Shadereinheiten mit den benötigten Daten zu versorgen. Die Verwandtschaft zu Tonga legt es nahe: Fiji setzt erneut auf die „Third Generation of GCN“ und damit GCN 1.2 und nicht GCN 1.3 oder gar GCN 2.0. Damit unterstützt der Chip auch DirectX 12 mit dem Feature-Level 12_0.

AMD Fiji Blockdiagramm
AMD Fiji Blockdiagramm (Bild: AMD)

AMD will bei Fiji die Energieeffizienz der GPU deutlich gegenüber Hawaii gesteigert haben. Dafür verantwortlich sind nicht nur Optimierungen am 28-nm-HP-Prozess bei TSMC oder Anpassungen an der Architektur wie der verdoppelte L2-Cache, sondern auch ein besseres Energiemanagement. Fiji kann damit erstmals auch unter Last zusätzliche Teilbereiche der GPU, die nicht benötigt werden, deaktivieren. Und es arbeitet nicht mehr jede GPU zwangsweise mit derselben Spannung unter Last, sie kann je nach Güte des Chips variieren. Bei Nvidia ist dieses Vorgehen seit Kepler bekannt.

Abschließend bringt die Ähnlichkeit zu Tonga eine technische Limitierung bei der Double-Precision-Leistung mit sich, die für Spieler allerdings nicht relevant ist. Während Hawaii bei doppelter Genauigkeit (FP64) technische auf die Hälfte der Geschwindigkeit bei einfacher Genauigkeit (FP32) zurück fällt und auf Grafikkarten für Spieler per Software nur ein Achtel erreichen darf, liegt die Leistung bei Fiji nur noch bei einem Sechszehntel.

Diese Beschränkung soll technisch und nicht künstlich per Software bedingt sein und würde damit auch professionelle Grafikkarten treffen. Auch Nvidia hat die Leistung bei doppelter Genauigkeit bei Maxwell zuletzt stark zurückgefahren, mit einem Verhältnis von 1:32 fallen die Einbußen sogar noch höher aus als bei AMD.

Fiji Hawaii GM204 GM200
DP/SP-Verhältnis* 1/16 1/8** 1/32 1/32
* Leistung Double Precision im Verhältnis zu Single Precision, maximal
** Auf Grafikkarten für Spieler, die Hardware kann 1/2

Bei den Fähigkeiten, mit Videos umzugehen, zieht Fiji mit Carrizo gleich und kommt damit moderner als Tonga daher. Der Unified Video Decoder entspricht damit dem der sechsten Generation. Er kann erstmals Ultra-HD-Videos mit den Codecs H.264 und H.265 (HVEC) decodieren.

Einen Stillstand hat es bei den Monitore-Anschlüssen gegeben. Während beim DisplayPort die neuste Version 1.2 verbaut wird, bleibt HDMI auf dem Stand 1.4. Damit kann die Radeon R9 Fury X die Ultra-HD-Auflösung über HDMI nur mit 30 Bilder pro Sekunde weiter geben und zukünftige Blu-rays mit Ultra-HD-Auflösung können gar nicht abgespielt werden. Für letzteres ist neben HDMI 2.0 auch der Kopierschutz HDCP 2.2 notwendig, was in Kombination derzeit nur von Nvidias GM206 auf der GeForce GTX 960 unterstützt wird.

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