Turmoil im Test: Wenn Rohöl süchtig macht

Sasan Abdi
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Turmoil im Test: Wenn Rohöl süchtig macht

Vorwort

Es gehört zu den großen Errungenschaften der Indie-Entwickler-Bewegung, dass die Spielebranche in den letzten Jahren immer wieder Inhalte hervorgebracht hat, die sich abseits von ausgetrampelten Pfaden bewegen. Diese Entwicklung kann schon aus Gründen des Artenschutzes kaum genügend gelobt werden, schließlich werden so auch wieder Genres bedient, die vor nicht allzu langer Zeit als Auslaufmodelle galten.

Turmoil ist dafür ein gutes Beispiel, denn hier wagt sich mit Gamious ein kleines niederländisches Entwicklerteam daran, einen Titel im traditionell schwierigen Simulationsgenre zu platzieren. Wir haben die Early-Access-Alpha des Spiels getestet, bei dem sich alles um das schwarze Gold dreht.

Spoiler-Warnung: Da ein Spieletest nicht immer gänzlich ohne die Wiedergabe einzelner wichtiger Handlungselemente der Geschichte möglich ist, bitten wir all jene, die vorab nichts über die Handlung des Spiels erfahren möchten, nur das Fazit zu lesen. Wir bemühen uns jedoch stets, die Wiedergabe auf absolut notwendige Erzählelemente zu beschränken.

Systemanforderungen

Bei den Systemanforderungen präsentiert sich Turmoil sehr genügsam. Demnach sollte der Titel selbst auf alten Systemen problemlos laufen.

Testsystem und Herstellerempfehlung (Minimum)
Komponente Testsystem Herstellerempfehlung
Betriebssystem Windows 8.1 (64 Bit) Windows XP SP 2
Prozessor Core i7-4790 2,5 GHz, Single-Core
Arbeitsspeicher 8 GByte 2 GByte
Grafik Radeon R9 290X DirectX 9 kompatibel
Festplattenspeicher ca. 1 GByte
Internetanbindung Für Steam-Aktivierung

Turmoil auf einen Blick

Auf den ersten Blick kann man sich kaum vorstellen, dass Turmoil ein echter Süchtigmacher ist. Die gezeichnete Grafik wirkt zwar nett, erinnert aber eher an ein Browserspiel. Und auch die Spielmechanik wirkt zunächst unspektakulär: Es geht darum, möglichst viel Rohöl aus der Erde zu fördern und es zu einem möglichst guten Preis zu verkaufen.

Was einfach klingt, zieht den Spieler aber nach kurzer Zeit in den Bann. Schon nach wenigen Spielrunden macht sich bemerkbar, dass der Titel ein hervorragender Lückenfüller ist. Doch der Reihe nach.

Am Anfang steht die Förderlizenz

In der rudimentären Kampagne tritt der Spieler gegen drei KI-Widersacher an, die allesamt im Ölrausch des 19. Jahrhunderts ihr Glück versuchen und nach dem großen Reichtum streben. In der zentralen Stadt ist allerdings zu Beginn herzlich wenig los: Nur das Haus des Bürgermeisters lädt dazu ein, in Bieterwettkämpfen um die besten Gebiete für Bohrungen zu feilschen.

Turmoil im Test
Turmoil im Test

An dieser Stelle kann ein erster kleiner Kritikpunkt an Turmoil angebracht werden. Denn bei der Ersteigerung einer Förderlizenz für einen Landstrich gibt es bisher keine Gütekriterien: Der Spieler bietet auf gut Glück gegen die KI und riskiert, am Ende für viel Geld eine im Vergleich wertlose Lizenz zu erstehen. Der einzige Anhaltspunkt ist dabei unter Umständen, dass in den umliegenden Landkreisen in vorherigen Runden bereits große Funde gemacht wurden – das wird aber erst im späteren Verlauf des Spiels deutlich, wenn entsprechend viele Förderrunden gelaufen sind. Praktisch wäre hier, wenn der Spieler beispielsweise über die Investition in neue Technologien zumindest Wahrscheinlichkeiten für Funde im jeweiligen Landstrich einsehen könnte. So ist der Anreiz, einen Widersacher zu überbieten, eher gering, weil man ohnehin nicht weiß, welche Katze man da im Sack kauft.

Multitasking, das süchtig macht

Ist die wenige Sekunden dauernde Bieterei abgeschlossen, kann die Förderung losgehen. Dazu wechselt die Ansicht auf eine neue Karte, die das gepachtete Land abbildet. In den folgenden zwölf Monaten – dies entspricht etwa zehn Minuten – gilt es, möglichst viel Rohöl aus dem Boden zu saugen. Der Spieler kauft Wünschelrutenläufer, die nach Vorkommen fahnden, platziert Fördertürme und lässt bohren. Ist eine Blase getroffen, sprudelt das schwarze Gold und kann von Pferdewagen abtransportiert werden. Aber wehe, dies geschieht nicht rechtzeitig und der Turm läuft über: Dann wird am Ende der Runde eine Strafgebühr fällig.

Doch damit ist das Geschäft nicht abgeschlossen, denn natürlich muss das schwarze Gold auch verkauft werden. Dazu gibt es zur linken und zur rechten Seiten des Landes je eine Ölfirma, die unterschiedliche, sich stetig verändernde Preise für den angelieferten Rohstoff zahlt.

Damit wäre der Grund dafür, dass Turmoil süchtig macht, bereits beschrieben: Während wir unter Zeitdruck die Infrastruktur zum Fördern errichten und nach neuen Vorkommen suchen, müssen wir nebenbei auch noch die Preise im Auge behalten. Steht dieser bei einem der Abnehmer gerade bei 1,30 US-Dollar, müssen unsere Pferdewagen schnellsten liefern. Zahlen dagegen beide Unternehmen gerade nur 0,50 US-Dollar, lohnt es sich eher, das geförderte Rohöl in riesige Speicher einzulagern, um es zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbringender zu verkaufen.

Hinzu kommt, dass bei alle dem die Zeit im Auge behalten werden muss. Wer bis Anfang Dezember mit dem Verkaufen wartet, wird nur einen Bruchteil seines gelagerten Öls loswerden. Am Ende steht dann, wenn auch noch Strafgebühren dazu kommen, in dieser Förderzeit vielleicht sogar unterm Strich ein Minus.

Mit neuen Technologien zu mehr Effizienz

Noch komplexer wird die Angelegenheit, wenn im Laufe der Kampagne weitere Funktionen hinzukommen. Wir können beispielsweise vor einer Runde im Saloon die Chefs der Abnehmer bestechen, um einen Mindestpreis für die nächste Förderrunde garantiert zu bekommen.

Turmoil im Test
Turmoil im Test

In der Werkstatt lassen sich dagegen die neuesten Errungenschaften der Technik wie doppelte Pipelines, ein Steinbohrer und größere Fördertürme einkaufen. Beim Tüftler kriegt man für viel Geld Gadgets wie einen Ölscanner und umtriebige Maulwürfe. Und im Stall können größere und schnellere Pferdewagen erstanden werden.

Es gibt also auch zwischen den Runden immer einiges zu tun, wobei auch dieser Teil des Öl-Managements wichtig ist. Denn wie in der wahren Welt gilt: Wer nicht in neue Fördertechnologien investiert, bleibt über kurz oder lang auf der Strecke.

Automatische Einheitensteuerung mit kleinen Problemen

Bei all der Komplexität und dem Zeitdruck ist es gut, dass der Spieler seine Einheiten in den Förderrunden nicht gezielt steuern kann: Pferdewagen, Wünschelroutenträger und anderes Personal verrichtet seine Tätigkeiten automatisch. Das ist deswegen gut, weil damit ein in diesem Fall lästiges Mikromanagement entfällt. Problematisch aber ist, dass gerade die Pferdewagen nicht immer ganz im Sinne ihres Chefs arbeiten. Gerade bei der Abholung des Öls von Fördertürmen kann es vorkommen, dass sich die beiden damit befassten Gefährte zu einem von zwei Türmen begeben, während der andere unterdessen für teures Geld überläuft. In diesem Moment will man zu gerne manuell eingreifen, allerdings dürften diese seltenen Momente dem Alpha-Status geschuldet sein.

Turmoil im Test
Turmoil im Test

Selbst wenn nicht, bewegt sich diese Kritik aber auf hohem Niveau. Insgesamt ist der technische Zustand trotz Early-Access-Status' bereits nahe an der Perfektion. Neben kleineren KI-Verbesserungen stören nur Details, wie etwa der Umstand, dass sich die Elemente der Oberfläche nicht ausblenden lassen. Das ist dann ärgerlich, wenn eine Bohrung versehentlich unter einem solchen Element endet und man sie partout nicht fortsetzen kann, weil ein Icon der Oberfläche drüber liegt. Wünschenswert wäre darüber hinaus, dass ein Zeitraffer Einzug hält: Wirkliche lange Phasen der Untätigkeit entstehen in den kurzen Turmoil-Runden aber nicht.

Grafisch punktet der Titel mit einem netten, eigenen Stil. Die gezeichneten Elemente passen gut zum Setting. Anspruchsvoll im technische Sinne ist das Gebotene nicht – eine solche Erwartung wäre allerdings nicht nur unangebracht, sondern würde auch deplatziert wirken. Einzig bei den Spielkarten würden wir uns etwas mehr Abwechslung wünschen: Egal ob man See-, Wald- oder Wiesenland ersteht – die Umgebung sieht immer gleich aus.

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