Ubisofts Blockbuster: Rainbow Six, AC: Syndicate und Anno 2205 angespielt

Sasan Abdi
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Ubisofts Blockbuster: Rainbow Six, AC: Syndicate und Anno 2205 angespielt
Bild: Ubisoft

Vorwort

Wer noch immer mit dem Material vom letzten Jahr beschäftigt ist, sollte sich sputen: Die Spielesaison steht an. Auch in diesem Jahr nutzen Publisher und Entwickler die Monate und Wochen vor Weihnachten, um ihre potentiellen Verkaufsschlager an den Mann und die Frau zu bringen.

Mit Rainbow Six Siege, Assassin's Creed Syndicate und Anno 2205 führt UbiSoft gleich drei interessante Titel in seinem Weihnachtsportfolio. Wir haben sie in Berlin ausprobieren können.

Rainbow Six Siege (1. Dezember)

Langsames, taktisches Vorgehen und der umsichtige Einsatz von Kampfmitteln wie Blendgranaten, das war einmal im Rainbow-Six-Universum. Mit Siege wird die Reihe endgültig zu einem klassischen Multiplayer-Shooter.

Das muss aber nicht per se schlecht sein. Unser erster Kontakt mit dem Titel macht zumindest Lust auf mehr, zumal auch Freunde des alten Ansatzes – Menschen gegen die KI – bedient werden. In erster Linie liegt der positive Eindruck aber darin begründet, dass es eine wahre Klassen- und Gadgets-Vielfalt gibt. Schon auf den ersten Blick gibt es viel Stoff zum experimentieren: Wollen wir lieber als Operator mit einer kleinen Drohne auf Erkundungstour gehen, oder unseren Teammitgliedern mit einem Schild Deckung geben? Das ist nur eine von vielen Fragen, die sich beim Blick auf die Spezialisierungen, die später natürlich auch mit eigenen Loadouts und Perks verfeinert werden können, stellt.

Angespielt werden konnte eine Map aus dem sogenannten Terroristen-Jagd-Modus: Auf der einen Seite eine Spezialeinheit mit vier menschlichen Spielern, auf der anderen Seite ein großes Anwesen, das von mehreren Dutzend KI-gesteuerten Terroristen bewacht wird. Das Ziel der Spezialeinheit lautet, eine irgendwo in dem Gebiet festgehaltene Geisel zu retten.

Zu Beginn der Runden kommt das typische Rainbow-Six-Flair auf, das man so auch von älteren Titeln wie S.W.A.T. kennt. Bevor der erste Schuss gefallen ist, stellt sich die Frage nach der Vorgehensweise: Behutsam tastet sich das Team heran. Eine Drohne wird gestartet, um das Innere des Anwesens zu erkunden.

Ein gutes Team wird sich dann schnell besprechen: In einem Raum stehen zwei Terroristen, ansonsten ist er aber relativ schwach gesichert. Kein Stacheldraht wie in anderen Zimmern, der das Fortkommen behindern würde. Hinzu kommt, dass die Wände dieses Raumes an zwei Punkten Schwachstellen aufweisen. In Absprache mit den Teammitgliedern werden an beiden Stellen Sprengsätze angebracht: Durch das orchestrierte Eindringen werden die Gegner maximal überrascht.

Rainbow Six Siege
Rainbow Six Siege (Bild: Ubisoft)

Schade ist, dass die Spannungskurve in jedem Match zu diesem Zeitpunkt plötzlich abfiel. Dies ist im Gameplay begründet: Sobald der Eintritt einmal erfolgt ist, wird zumindest diese Art der Siege-Spiele schnell zu einem simplen Shoot-and-Run.

Ein weiteres Problem ist die Schwäche der KI. Allzu oft passierte es, dass Gegner sich nicht wehrten oder ohne jegliche Deckung in der Gegend herumstanden. Besonders frappierend sind die Probleme dann, wenn die menschlichen Spieler in die Defensive wechseln. Sobald die Geisel gefunden ist, gilt es, den Rückzug anzutreten. In diesem Moment setzen alle verbliebenen Terroristen alles daran, die Gruppe zu stoppen. Doch besonders dann machte die KI keinen richtig guten Eindruck. Ein Entwickler erklärte uns, dass dies daran liege, dass der einfachste der drei Schwierigkeitsmodi eingestellt sei. Ob das wirklich die einzige Ursache ist?

Positiv ist wiederum die auf der Ubisofts Engine Realblast basierende Technik. Eine echte Augenweide darf man zwar nicht erwarten, gut sieht Siege aber aus. Ein Schmankerl ist die stufenweise Zerstörung, die die Durchbrüche durch Wände, Türen und Bretter gut in Szene setzt.

Modi, in denen es gegen die KI geht, werden in Siege einen kleinen Stellenwert haben. Dennoch gilt: Für ein rundes Spielerlebnis wird sich hoffentlich noch etwas am Verhalten der Gegner verändern. Doch selbst wenn sich nichts mehr tut, wird sich Siege vor allem am klassischen Multiplayer-Erlebnis messen lassen müssen. In dieser Hinsicht ist der Titel mit vielen Modi und Klassen gut aufgestellt. Ein kleines Alleinstellungsmerkmal könnte schließlich darin liegen, dass die Absprache hier viel wichtiger ist als bei vielen Genrekonkurrenten. Das bedeutet aber auch, dass der Spielspaß stärker von der Qualität der Mitspieler abhängt.

Assassin's Creed: Syndicate (19. November)

London im Jahr 1868: In der damals wichtigsten Hauptstadt der Welt stehen die Zeichen auf Veränderung. Die Metropole wächst und wächst, Entwicklungen wie die Dampfmaschine sind Fluch und Segen zugleich, und für viele Menschen liegen Glück und Elend nah beieinander.

Wieder hat Ubisoft ein grandioses Setting ausgewählt, um den ewigen Kampf zwischen Templern und Assassinen weiter zu erzählen. Dass nach dem gewaltigen Paris aus Unity jetzt erneut eine Stadt von Rang als Szenerie dafür dient, ist wichtig: Ein kleines Gähnen kann man sich nämlich kaum verkneifen, wenn man erfährt, dass London von der Organisation eines gewissen Crawford Starrick unterjocht wird und natürlich befreit werden muss. Zwar ist durch den typischen „Underdog Assassine vs. Overlord Templer“-Rahmen noch nicht viel über die Güte der Story gesagt. Wir waren aber trotzdem froh, dass uns die auf den ersten Blick optisch feine Zurschaustellung der Industriellen Revolution sofort in ihren Bann gezogen hat.

Eine Neuerung ist auch, dass dieses Assassin's Creed erstmals mit zwei Protagonisten aufwartet. Etwas aufgesetzt, aber doch erfrischend wirken die Unterschiede der Geschwister Jacob und Evie Fry: Während Jacob, auf dem wohl der Fokus liegen wird, ein draufgängerischer Halodrian ist, präsentiert sich Evie als umsichtige, vielleicht etwas besserwisserische Taktikerin. Mit der Doppelbesetzung reagiert Ubisoft auf die anhaltende Kritik an der Reihe: Frauen spielten bisher eine nebensächliche Rolle.

Assassin's Creed Syndicate
Assassin's Creed Syndicate (Bild: Ubisoft)

Um die Templer zu entmachten, müssen Jacob und Evie durch den Aufbau einer eigenen Gang Stück für Stück die Kontrolle über die sieben Bezirke der Metropole erobern. Dabei setzen die Entwickler – dieses Mal ist nicht das Studio in Montreal, sondern das in Quebec zuständig – auf die bewährte dichte Erzählweise. Diese lässt dem Spieler zwar viele Freiheiten bei der Erkundung der nach wie vor offenen Spielwelt und der Bearbeitung der Aufträge, bindet die Inhalte durch Videosequenzen und Gespräche mit unterschiedlichen Charakteren aber geschickt zu einem großen Ganzen zusammen.

Der wahrscheinlich wichtigste Aspekt, die Inszenierung der Stadt, scheint dabei auf den ersten Blick gut gelungen zu sein. Im London des 19. Jahrhunderts dominieren breite, mit Kutschen gesäumte Hauptstraße und schummrige, mit allerlei Pöbel besetzte Gassen und Abzweige.

Gut gefällt auch, dass wir uns jederzeit ein Gespann aneignen können, um etwa aus brenzligen Situationen zu fliehen. Die Steuerung ist, wie übrigens natürlich auch beim Fassadenklettern, überaus großzügig, sodass selbst unkonzentrierte Zeitgenossen sicher und schnell von A nach B gelangen werden. Zudem ermöglichen die Gefährte neue Spielmechaniken wie Verfolgungsjagden. Gleich in ihren ersten Stunden in London müssen Evie und Jacob immer mal wieder Schergen von Starrick mit kräftigen Stößen gegen ihre Kutschen loswerden.

Kutschen in AS: Syndicate
Kutschen in AS: Syndicate (Bild: Ubisoft)

Ansonsten fallen die Gameplay-Neuerungen auf den ersten Blick aber übersichtlich aus. Wachen lassen sich jetzt mit Wurfmessern und Pfiffen anlocken, eine sofortige Flucht über die Dächer kann mit dem Krallenhandschuh realisiert werden, mit dem sich die Protagonisten in Windeseile aus den Gassen in windige Höhen katapultieren können.

Wenn Ubisoft am Ende keine großen Überraschungen auffährt, findet sich an dieser Stelle das potentielle Problem für Syndicate: Insgesamt fühlt es sich wie ein typisches Assassin's Creed an. Hoffen wir, dass die Story und der Charme des Settings die mittlerweile etwas angestaubte Spielmechanik übertünchen können.

Anno 2205 (3. November)

Auf dem Mond nicht viel Neues? Zu der Frage, wie die Besiedelung des Mondes in Anno 2205 sich auf das Gameplay auswirken wird, lässt sich bisher nichts sagen, denn die potentiell entscheidende Stärke des Titels ist bisher noch nicht freigeschaltet. Und so versuchten wir uns erst einmal an der Besiedelung der Erde.

Hier bleibt unterm Strich vieles beim Alten, aber das ist in diesem Fall auch gut so. Nach wie vor wollen die Anno-Metropolen clever geplant sein. Wo kommt die Industrie hin? An welcher Stelle wird die Nahrung, zum Beispiel leckere Vitamindrinks, produziert? In welchem Bereich sollen die Menschen siedeln? Und ganz wichtig: Wie bringt man die Gebäude und Produktketten unter, die Voraussetzung dafür sind, dass sich die Bevölkerung zumindest teilweise von einfachen Arbeitern in anspruchsvolle aber zugleich auch finanzkräftige Führungskräfte entwickeln? Natürlich sind am Ende auch dieses Mal wieder die Ressourcen, etwa Iridium oder Petrochemikalien, entscheidend.

Neu bei alledem ist der „Multi-Map-Ansatz“. Per Tastendruck kann der Spieler eine Übersichtskarte der Welt aufrufen und von gemäßigten Breiten in die Arktis wechseln. Auf diesem Wege lassen sich parallel unterschiedliche Siedlungen errichten, die über sogenannte Transferrouten Handel betreiben und so die stetig wachsenden Ansprüche der Bevölkerungen sicherstellen können. Auch wenn sich diese Funktion früher vereinfacht auf einer Karte fand: Auf den ersten Blick überzeugt der Ansatz.

Eine Metropole in Anno 2205
Eine Metropole in Anno 2205 (Bild: Ubisoft)

Zunächst gewöhnungsbedürftig ist dagegen, dass der militärische Teil komplett ausgelagert wurde. Nur wer wirklich möchte, kann sich in Echtzeit in Seeschlachten stürzen, die auf einer extra Karte ausgetragen werden und auf denen man nebenbei auch noch Aufträge erfüllen kann. Diese Lösung wirkt beim Erstkontakt reichlich aufgesetzt. Bei näherer Betrachtung könnte sich der Schritt aber als konsequent erweisen, schließlich haben Anno-Veteranen die militärischen Aspekte der Reihe schon immer bemängelt. Wer keine Lust darauf hat, kommt jetzt ganz ohne aus.

Am Ende dient der Aufbau auf der alten Welt dem großen Ziel, den Mond zu besiedeln. Was den Spieler hier erwartet, ist unklar. Wenn sich nur ein Bruchteil der Hoffnungen erfüllen, könnte der Erdtrabant aber das I-Tüpfelchen auf einem guten, wenn auch nicht völlig innovativen neuen Anno sein.

Zusammenfassung

Strategie, Open-World und ein Multiplayer-Shooter – Ubisoft bietet in dieser Saison einen schönen Genremix. Aus dem Stehgreif ohne Wenn und Aber überzeugt hat uns bei unserem Erstkontakt allerdings keiner der Titel. Und doch muss sich keines der Projekte verstecken: Wenn die ein oder anderen Problemstellen noch behoben oder umschifft werden, haben sowohl Rainbow Six: Siege als auch Asssassin's Creed: Syndicate und Anno 2205 das Zeug zu einer Empfehlung.

Assassin's Creed Syndicate
Assassin's Creed Syndicate (Bild: Ubisoft)

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