Avatar unter Linux im Test: Ein Ausflug nach Pandora muss noch warten

Marek Lindlein
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Avatar unter Linux im Test: Ein Ausflug nach Pandora muss noch warten

Avatar: Frontiers of Pandora setzt grafisch neue Maßstäbe, aber auch Anforderungen an die Hardware. Wie sich der Titel unter Linux schlägt, untersucht die Redaktion in diesem Test. Die Veröffentlichung über Ubisoft Connect statt Steam macht sich dabei direkt bemerkbar: Das Abenteuer auf Pandora will (noch) nicht rund laufen.

Startschwierigkeiten in Pandora

Das Jahr 2023 hat gezeigt, dass das Spielen von Windows-Spielen unter Linux in der Regel direkt ab Start gut funktioniert. Alle wesentlichen Neuerscheinungen, die die Redaktion getestet hat, liefen ab Veröffentlichung und mit meist guter Performance. Beispiele:

Dieser jüngeren Tradition folgend war auch der erste Start von Avatar: Frontiers of Pandora mit einer Radeon unter Linux nichts Ungewöhnliches und sowohl die Introsequenz und als auch das Erkunden der Dschungel-Welt kein Problem – bis die Grafikeinstellungen für die Benchmarks angepasst wurden. Daraufhin stürzte das Spiel ab und zog den Desktop des Arch-Linux-Systems auch mit herunter. Insbesondere Anpassungen an den Raytracing-Optionen schienen die Wahrscheinlichkeit eines Crashes zu erhöhen. Aber selbst in niedrigen Einstellungen zeigten sich Probleme, lediglich das Zeitfenster, bis sie auftraten, war länger. Ein vernünftiger Vergleich zwischen der Windows- und der Linux-Performance war damit nicht möglich, weshalb selbiger mit angepassten Qualitätseinstellungen erfolgen sollte.

Am Abend des 9. Dezembers 2023 veröffentlichte Valve dann ein Update für Proton Experimental. Es adressierte zwar nicht die Probleme oder das Spiel selbst direkt, führt jedoch zu einer leichten Verbesserung der Gesamtsituation, wodurch Benchmarks sogar in höchsten Qualitätseinstellungen möglich wurden – wenn auch nicht in gewohnter Form.

Testsystem und Benchmarks

Als System kam das bereits aus anderen Tests bekannte Mainboard Asus Prime X670E-Pro Wi-Fi samt AMD Ryzen 9 7900 (105 Watt cTDP) und 32 GB DDR5-6000-RAM (CL30) zum Einsatz.

Bei den Grafikkarten waren erstmals alle relevanten Hersteller vertreten: AMD, Nvidia und Intel. Für AMD kam die PowerColor Hellhound Spectral White RX 7800 XT mit 16 GB zum Einsatz. Nvidia trat mit der Founders-Edition der GeForce RTX 3070 Ti 8 GB an. Abschließend war Intel mit der Sparkle Arc A380 Elf am Start.

Auf Softwareseite war Arch Linux mit allen aktuellen Paketen installiert: Kernel 6.6, Mesa 23.2.1 und KDE 5.27. Für die Nvidia-Karte stand der 545er-Treiber zur Verfügung. Display-Server war Xorg. Proton Experimental wurde mit Stand vom 9. Dezember 2023 eingesetzt. Da Avatar nicht über Steam verfügbar ist, wurde Ubisoft Connect als „steamfremdes Spiel“ über Proton auf Steam gestartet.

Beim Steam Deck handelt es sich um die Standardvariante (LCD) mit SteamOS 3.5.7.

Raytracing kostet bei AMD viel Leistung, Abstürze verderben den Spaß

Von den drei GPU-Herstellern im Test lieferte nur AMD eine Basis, mit der das Spielen überhaupt möglich war und Benchmarks durchführbar waren. Das Proton-Experimental-Update löste zwar das Problem der Abstürze nicht, ermöglichte es aber, ausreichend lange im Spiel zu bleiben, um einen Benchmark-Vorgang durchzuführen.

Mit gleichen Einstellungen wie im Windows-Test präsentierte sich Avatar: Frontiers of Pandora ebenfalls mit hübscher Grafik, doch kostete sie unverhältnismäßig viel Leistung: Lediglich 43,8 FPS schaffte die RX 7800 XT in 2.560 × 1.440 mit unregelmäßigen Frametimes – das Spiel stotterte. In Full HD waren im Schnitt 58,1 FPS möglich. Unter Windows waren es in WQHD und mit Ryzen 7800X3D hingegen ganze 51,4 FPS respektive 66,2 FPS in Full HD. Bei der Ermittlung der 1 %-Low-FPS zeigten sich dann auch noch Ungereimtheiten, weshalb auf sie verzichtet wurde.

Schlechte Frametimes machen sich unterhalb von 50 FPS als „stottern“ bemerkbar.
Schlechte Frametimes machen sich unterhalb von 50 FPS als „stottern“ bemerkbar.

Nvidia und Intel verweigern den Dienst

Die Situation mit der Intel-Grafikkarte ist schnell beschrieben: Das Spiel stürzte bereits während des Ladevorgangs ab. Bei Nvidia war die Lage etwas anders. Das Hauptmenü lud noch problemlos und es war möglich die Grafikeinstellungen anzupassen, doch das Starten eines gespeicherten Spielstandes endete dann immer mit einem Absturz.

In der Introsequenz und im Hauptmenü waren Angaben zu den FPS sichtbar – spielbare Frameraten und starkes Ruckeln wechselten sich ab; auch luden einige Texturen nicht korrekt. Das gezeigte Bild wirkte wie ein Überlaufen des Grafikspeichers im Zusammenspiel mit fehlenden Optimierungen für Linux.

Auf dem Steam Deck kommt man nicht weit

Das Starten des Games auf dem Steam Deck gelang und das Hauptmenü lud. Doch selbst mit niedrigsten Grafikeinstellungen und FSR auf „Leistung“ war Avatar nicht spielbar. Direkt nach dem Laden des Spielstandes gab es 20 FPS und eine ansehnliche Grafik, doch selbst die kleinste Drehung des Charakters ließ die Framerate auf etwa 4 FPS absinken. Nutzereingaben benötigten teilweise Sekunden, um in Bewegung umgesetzt zu werden. Zu allem Überfluss hatte das Steam Deck mit den gleichen Abstürzen wie der Linux-Desktop zu kämpfen.

FSR 3 unter Linux

FSR 3 als reiner Upscaler funktionierte und lieferte auch unter Linux ansehnliche Ergebnisse. AMD Fluid Motion Frames alias Frame Generation funktionierte unter Linux leider (noch) nicht, die Option war schlichtweg ausgegraut.

Fazit

Es gibt dieses Jahr viel Gutes über die Entwicklungen im Linux-Gaming zu berichten, doch mit Avatar: Frontiers of Pandora ist zum Jahresende ein Titel erschienen, bei dem Linux-Spieler sich bei Interesse noch in Geduld üben müssen. Ständige Abstürze trüben den Spielspaß, wenn man eine AMD-Grafikkarte verwendet. Mit Nvidia oder Intel war ein Spielen gar nicht erst möglich. Wann das Spiel überhaupt fehlerfrei unter Linux laufen wird, ist ungewiss.

Durch die Veröffentlichung über Ubisoft Connect steht es nicht unbedingt im Fokus der Proton-Entwickler. Dass eine Steam-Veröffentlichung Voraussetzung für die Spielbarkeit ist, widerlegen aber Titel wie Diablo IV, das ebenfalls bei anfänglichem Battle.net-Release fehlerfrei mit Proton lief. Daher bleibt als Fazit für Spieler auf Linux nur, mit dem Kauf zu warten, bis erste Patches erscheinen.

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