Obama und Merkel rechtfertigen NSA-Überwachung

Andreas Frischholz
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US-Präsident Barack Obama hat bei seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin die Internetüberwachung durch die NSA verteidigt. Merkel erklärte, man habe „Fragen des Internets“ ausführlich besprochen – damit ist das NSA-Programm „Prism“ gemeint.

Merkel erklärte im Rahmen der gemeinsamen Pressekonferenz, das Internet wäre Neuland, das auch den „Feinden und Gegnern unserer demokratischen Grundordnung“ völlig neue Möglichkeiten bieten würde. „Wir schätzen die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika in Fragen der Sicherheit“, sagte Merkel. Gleichzeitig habe sie aber deutlich gemacht, dass es bei der notwendigen Informationsgewinnung auch die Verhältnismäßigkeit beachtet werden müssten. In dem Gespräch habe man nun vereinbart, zukünftig einen offenen Informationsaustausch zu betreiben, der unter anderem zwischen den Bundesinnenministerium und den entsprechenden Behörden in den USA stattfinden soll.

Obama verteidigte erneut die Überwachungsprogramme der NSA. Bürger aus den USA und Europa würden nicht abgehört, man speichere nur Telefondaten, um etwa bei verdächtigen Nummern herauszufinden, wer mit diesen kommuniziert habe. Die Überwachung sei aber an richterliche Beschlüsse gebunden und man bemühe sich, die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten. Wie gehabt betonte Obama die Bedeutung von Prism, mit dem Programm hätte man zahlreiche Anschläge vereiteln können.

Obama will mehr Transparenz für NSA-Programme

Ähnlich äußerte sich Obama bereits gestern im Rahmen des G8-Gipfels in Nordirland. Dort lobte Obama die Professionalität der NSA und beharrte darauf, dass der Geheimdienst weder die Telefongespräche von US-Bürgern belauschen noch deren E-Mails mitlesen würde. Dafür habe allein das FBI die Befugnis und die Behörde könnte das auch nur mit dem entsprechenden richterlichen Beschluss des „Foreign Intelligence Surveillance Court“ (FISC).

Obama räumte lediglich ein, dass er zwar zuversichtlich war, das notwendige System aus „Checks and Balances“ in die Überwachungsprogramme der Geheimdienste integriert zu haben, doch die Öffentlichkeit ist darüber offensichtlich nicht ausreichend informiert. Er habe nun bei den Geheimdiensten angefragt, wie viel Informationen man veröffentlichen könne, ohne bei den Programmen weitere Kompromisse einzugehen. Außerdem kündigte er Gesprächsrunden mit unabhängigen Bürgern an.

Ein interessanter Aspekt an den Aussagen von Obama ist, dass diese nicht im direkten Widerspruch zu der jüngsten Kritik des Whistleblowers Edward Snowden stehen. Einer seiner zentralen Kritikpunkte lautete, dass die politischen Vorgaben in den NSA-Programmen nur durch sehr schwache Schutzmechanismen eingehalten werden. Zu dem Verfahren gegen Snowden, der sich derzeit in Hongkong versteckt, sagte Obama indes nicht viel. Er habe den Fall dem zuständigen Justizministerium übergeben, das sei nun zuständig für die Ermittlung und eine mögliche Auslieferung.

Erstaunen und Spott bei den Neuland-Bewohnern

In Erinnerung bleiben wird von der Pressekonferenz in Berlin am Ende eher ein Satz von Angela Merkel. Die Kanzlerin ließ die versammelte Presseschar wissen: „Das Internet ist für uns alle Neuland.“ Internet? Neuland? Die Ureinwohner reagierten schnell, aktuell zieht eine Welle aus Erstaunen und Spott durch die Social-Media-Kanäle. Unter dem Hashtag #neuland sammeln sich bei Twitter die Beiträge, bei Tumblr finden sich nun auch die „News from Neuland“. Regierungssprecher Steffen Seibert hat die Aussage von Merkel auf Twitter ergänzt. Demnach wollte Merkel ausdrücken, das Internet sei „rechtspolitisches Neuland“ – „das spüren wir im politischen Handeln täglich“. Die Stimmung verbesserte Seibert damit nicht, Twitter-Nutzer verwiesen auf die umfassende Regulierung des Internets, zudem werde schon seit Mitte der 1990er Jahre Netzpolitik gemacht.