Privat-Surfen im Büro nicht immer Kündigungsgrund

Benjamin Beckmann
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Das rheinland-pfälzische Landesarbeitsgericht (LAG) in Mainz hat die Berufungsklage eines Arbeitgebers abgewiesen, welcher einem Angestellten ohne vorherige Abmahnung den Arbeitsvertrag gekündigt hat. Er soll während seiner Arbeitszeit den Internetzugang seines Dienst-PCs mehrmals zu privaten Zwecken verwendet haben.

Einer Klage des Arbeitnehmers wurde bereits im September 2009 stattgegeben. Damals entschied das Arbeitsgericht Koblenz in einem Teilurteil (Aktenzeichen 4 Ca 538/09), dass die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung nicht rechtmäßig war. Dieser legte Berufung ein und kassierte nun in nächsthöherer Instanz erneut eine Niederlage. Das gefällte Teilurteil aus dem letzten Jahr sei rechtmäßig, urteilt das LAG im Urteil vom 26. Februar (Aktenzeichen 6 Sa 682/09).

Im vorliegenden Fall wurde dem Angestellten die private Nutzung des am Arbeitsplatz verfügbaren Internetzugangs vorgeworfen. In erster Linie ging es dabei um Aufrufe der Online-Banking-Plattform seiner Bank. Diese hätten außerhalb der Pausenzeiten stattgefunden. Außerdem hätte er im Jahr 2004 eine Vereinbarung unterschrieben, welche jegliche Internetnutzung abseits dienstlicher Zwecke untersagt.

Dies sind nach Ansicht des LAG Mainz allerdings keine hinreichenden Gründe für eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Das Gericht war der Meinung, dass eine solche zwingend erforderlich gewesen wäre, ehe eine ordentliche Kündigung ausgesprochen werden konnte. Darüber hinaus konnte der Arbeitgeber nicht glaubhaft machen, dass die private Nutzung tatsächlich untersagt worden sei. Nach Aussagen von Zeugen wäre dem Angestellten von seinem direkten Vorgesetzten das Surfen in mindestens einem Fall erlaubt worden und zu diesem Zweck ein spezieller Zugangs-Code weitergereicht worden. Dieses Passwort sei zudem auf allen in der Abteilung vorhandenen Rechnern gleich gewesen. Außerdem ist nicht ersichtlich, dass die Leistung des Mitarbeiters unter der Webnutzung litt.

Der Arbeitgeber ist laut des Urteils auch einen Beweis schuldig geblieben, dass die Zugriffe auf die Website der Bank, aber auch vereinzelte Besuche der Angebote chefkoch.de sowie safari.de, tatsächlich privater Natur waren. Das Aufgabengebiet des Angestellten lässt dies fragwürdig erscheinen – unter anderem war dieser damit beschäftigt, Anzeigen zu gestalten und entsprechende Logos zu finden. Außerdem sei es nicht auszuschließen, dass andere Personen für die vermeintlich privaten Web-Ausflüge verantwortlich seien. Laut Aussage des Angestellten hatten auch Auszubildende im Büro Zugriff auf den PC an seinem Arbeitsplatz.

Aufgrund der Besonderheiten dieses Falls kann man nicht von einem Grundsatzurteil und damit von einem sogenannten „Freischein“ für die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz sprechen. Der Fall zeigt aber, dass der Arbeitgeber hieb- und stichfeste Beweise vorlegen muss, um Mitarbeiter des Unternehmens nach kündigen zu können – und das in den meisten Fällen nur nach erfolgloser Abmahnung.