Netzgebühren für Internetdienste: Meta protestiert gegen Datenmaut-Pläne der EU

Andreas Frischholz
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Netzgebühren für Internetdienste: Meta protestiert gegen Datenmaut-Pläne der EU
Bild: Meta

Dass große Internetdienste sich künftig an den Kosten für den Breitbandausbau in Europa beteiligen, ist ein Wunschprojekt der europäischen Telko-Anbieter, das die EU-Kommission derzeit vorantreibt. Kritiker bewerten das Vorhaben als Verstoß gegen die Netzneutralität, nun mischen auch die Tech-Riesen zunehmend öffentlich mit.

Aktuell äußert sich der Facebook-Mutterkonzern Meta. Dass dieser das Vorhaben – wenig überraschend – ablehnt, beschreiben Kevin Salvadori, Vice President für die Netzwerke-Sparte, und Bruno Cendon Martin, Direktor der Reality Labs, in einem Blog-Beitrag. Die wesentlichen Argumente sind: Die Telkos profitieren von der Attraktivität der Meta-Dienste und zudem würde der Konzern selbst bereits hohe Summen in die digitale Infrastruktur investieren.

Meta verweist auf eigene Milliarden-Investitionen

Zunächst erkennen die Meta-Mitarbeiter an, dass europäische Netzbetreiber angesichts der Marktlage mit Herausforderungen konfrontiert wären. Netzgebühren könnten aber nicht die Lösung sein. Entsprechende Vorschläge würden auf „einer falschen Prämisse“ basieren, weil sie weder den Wert der Internetdienste für das digitale Ökosystem noch die Investitionen anerkennen würden. So würde Meta Milliarden-Summen in die Plattformen stecken, damit diese attraktiv für Nutzer seien. Und erst diese Attraktivität führe laut Meta dazu, dass Nutzer hochpreisige Internetanschlüsse buchen.

Zusätzlich verweist Meta auf die Summen, die Internetdienste selbst in die digitale Infrastruktur investieren – dazu zählt etwa der Ausbau von Untersee-Kabeln oder Rechenzentren. Laut einer Analyse belaufen sich die Ausgaben aller Internetdienste allein von 2018 bis 2021 auf durchschnittlich auf 120 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Und 2022 waren es allein bei Meta global insgesamt 30 Milliarden US-Dollar. Durch diese Investitionen hätten die Netzbetreiber rund 6 Milliarden US-Dollar pro Jahr gespart.

Telko-Branche begrüßt Gebühren

Europäische Netzbetreiber wie die Deutsche Telekom, Vodafone oder Orange fordern praktisch seit über einem Jahrzehnt, dass die Tech-Riesen sich an den Kosten für den Netzausbau beteiligen sollen. Es ist der Blick auf die Gewinne von Apple, Google und Facebook, der Begehrlichkeiten weckt. Umstritten war der Vorstoß aber von Anfang an – nicht nur bei den Tech-Konzernen, sondern auch bei Bürgerrechtlern. Kritiker bezeichnen die Idee als Datenmaut und unberechtigte Forderung, die obendrein gegen die Netzneutralität verstößt. Befürchtet wird, Netzbetreiber könnten den Datenverkehr großer Internetdienste priorisiert behandeln, wenn diese Gebühren zahlen.

Lange Zeit liefen die Forderungen aber ohnehin ins Leere. Auftrieb erhielten diese erst, seit die EU-Kommission im letzten Jahr Zustimmung signalisierte. Und seitdem die Initiative ergreift. Konkret wurde es mit einer Konsultation, die im Februar startete. Diese erfolgte gemeinsam mit einer Vorlage für ein „Gigabit-Infrastrukturgesetz“, das den Breitbandausbau in Europa beschleunigen oder vergünstigen soll. Bei den Netzgebühren geht es um die Finanzierung. Laut dem für den Binnenmarkt zuständigen Kommissar Thierry Breton soll geklärt werden, ob „die Plattformen die Kosten für Investitionen in die Konnektivität der nächsten Generation mit den Telekommunikationsbetreibern teilen sollten“.

Wie der Fragebogen konstruiert ist, weckt aber bereits Kritik. „Die Gefahren für die Netzneutralität, den Konsumentenschutz oder für Medienvielfalt bekommen keinen Platz“, erklärt Thomas Lohninger von der österreichsichen Organisation epicenter.works gegenüber Netzpolitik.org. Der Vorwurf ist im Kern: Die öffentliche Konsultation sei nicht offen, sondern soll etwas Beschlossenes rechtfertigen. Zudem sei diese laut dem EU-Abgeordneten Tiemo Wölken (SPD) tendenziös, weil die Fragen sich ausschließlich an große Konzerne und Netzbetreiber richten. Das erwecke einen falschen Eindruck, so Wölken gegenüber Netzpolitik.org. Auch die FDP-Bundestagsfraktion lehnt das Vorhaben ab. Erfahrungen aus anderen Ländern hätten gezeigt, dass von solchen Gebühren nicht der Breitbandausbau profitiere, sondern die Medienvielfalt leide.

Kleine Netzbetreiber begrüßen Idee, warnen aber vor Marktverzerrung

Lohninger kritisiert indes, dass die EU sich überhaupt mit einem Vorhaben befasse, von dem offenkundig nur große Netzbetreiber profitieren. Die Netze würden aber eher von kleinen Anbietern ausgebaut.

Kleinere Netzbetreiber stehen der Idee allerdings grundsätzlich offen gegenüber. So erklärt der Breko als Verband mit vielen kleineren Netzbetreibern als Mitgliedern in einer Stellungnahme, eine Beteiligung von Tech-Konzernen wie Google, Meta oder Netflix könnte den Glasfaserausbau beschleunigen. „Entscheidend ist jedoch, dass die Umsetzung so erfolgt, dass der faire Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt gesichert bleibt“, so der Breko. Abgelehnt werde daher eine „Verhandlungslösung“, bei der Tech-Konzerne und die großen Netzbetreiber die Gebühren individuell aushandeln. Ein fairer Wettbewerb müsse sichergestellt sein.