Grafikkarten-Historie: Wie die Pixel laufen lernten

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Carsten Spille
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Ein neuer Ansatz

Es wurde Zeit, das sich etwas bewegt. Und genau in diesem Moment trat ein Hersteller auf den Markt, mit dem in diesem Moment sicher niemand gerechnet hätte, PowerVR.

Zu Zeiten der S3-Virge Chips war PowerVR schon mal mit dem PCX und PCX2 kurz auf dem Grafikkartenmarkt erschienen, hatte aber mit diversen Problemen zu kämpfen und zog sich ins lukrativere und sicherere Spielekonsolengeschäft, in diesem Fall der SEGA Dreamcast zurück.

Matrox m3D
Matrox m3D

Zwischenzeitlich gab es vereinzelt auch Produkte mit dem Dreamcast-Chip namens Neon250, der wie auch die älteren Produkte bereits das Tile-Based Rendering einsetzte. Man hatte jedoch noch mit etlichen Treiberschwierigkeiten zu kämpfen, auch wenn sich die Performance durchaus sehen lassen konnte, besonders unter OpenGL.

Von Aktion und Reaktion

Nun ist aber mit Sega der Hauptabnehmer der PowerVR-Chips weggefallen, da der Sega-Dreamcast mittlerweile eingestellt worden ist. Also zauberte man den nächsten Chip auf eine AGP-Grafikkarte namens KYRO und betrat den nVidia dominierten Grafikmarkt.

PowerVR trat mit einem völlig anderen Renderingkonzept an. Wärend bisher alle 3D-Beschleuniger die Szene dreiecksbasierend und engineabhängig teilweise sogar von hinten nach vorne berechneten, ohne zu schauen, ob ein gezeichnetes Objekt später überhaupt sichtbar sein wird (Brute-Force-Rendering), versuchte es PowerVR mit dem Konzept des TileBasedRendering, welches damals mit der "PCX" auf der Matrox m3D und der Videlogic Apocalypse 3D Einzug in den Grafikkartenmark hielt, aber aufgrund massiver Darstellungsprobleme und mangelnder Treiberunterstützung für DirectX keine Akzeptanz fand. Beim TBR wird das ganze Bild in kleine Kacheln (Tiles) unterteilt und berechnet, gleichzeitig ist es möglich sämtliche, nicht sichtbare Objekte aus dem Rendering-Prozess auszuschließen.

Mit nur 115MHz Chip- und Speichertakt war der ur-Kyro gerade mal in der Lage, die MX-Karten von nVidia in Schach zu halten, dies aber sehr deutlich. PowerVR sah sich dazu veranlasst, eine Neuauflage der Kyro, die Kyro2 auf den Markt zu bringen. Die Kyro2 unterschied sich von der Kyro nur durch den 60MHz höheren Takt von 175MHz, welcher durch einen neues Produktionsverfahren möglich wurde.

Die Kyro2 war ein Schlag ins Gesicht von nVidia. Hat man PowerVR bisher nur müde belächelt, musste nVidia doch plötzlich einsehen, das es mit einem intelligenten Rederingverfahren möglich ist, eine 25MHz höher getaktete GeForce2GTS im Regen stehenzulassen.

PowerVR Kyro von Videologic
PowerVR Kyro von Videologic
PowerVR KyroII von Videologic
PowerVR KyroII von Videologic

Überdies sah man sich bei nVidia offenbar zu einem sehr unglücklich formulierten internen Schriftstück veranlasst, welches dummerweise seinen Weg ins Netz fand. In diesem Text wurde der KyroII als „TNT2-class“ Produkt bezeichnet ,was PowerVR und die Fangemeinde als regelrechte Denunzierung empfanden. Der Effekt war, dass PowerVR durch intensive Aufklärung durch diverse Internetseiten, jede Menge Sympathiepunkte ergatterte und zu einem ernstzunehmenden Gegner für nVidia avancierte, zumal die Kyro2 nur knapp die Hälfte einer GeForce2 GTS kostete.