In-App-Käufe: Rückschlag für Apple im Streit mit Epic Games

Update Andreas Frischholz
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In-App-Käufe: Rückschlag für Apple im Streit mit Epic Games
Bild: Epic Games

Epic Games konnte im Gerichtsverfahren gegen Apple einen Teilerfolg erzielen. Die Richterin Yvonne Gonzalez Rogers urteilte, dass Apple künftig alternative Bezahlmodelle bei In-App-Käufen akzeptieren muss. Eine Strafe muss Epic dennoch zahlen.

Mit dem Urteil wird Apple dauerhaft untersagt, den App-Entwicklern das Einbinden von Links und Buttons zu verbieten, die auf Alternativen zu dem In-App-Bezahlmodell verweisen. Die Konsequenz ist: Um Provisionen an Apple zu vermeiden, dürfen Entwickler die App-Nutzer etwa beim Bezahlvorgang auf die eigene Website weiterleiten. Das Urteil muss Apple binnen drei Monaten – also bis zum 9. Dezember – umsetzen, sofern ein höheres Gericht nicht widerspricht.

Ausgangspunkt für das Verfahren war der Streit um Fortnite. Epic wollte nicht die bis zu 30 Prozent Provision zahlen, die Apple für Umsätze verlangt, die über den App Store generiert werden. Epic implementierte daher ein alternatives Bezahlmodell, um die Käufe außerhalb der App abzuwickeln. Apple bewertet das als Verstoß gegen die Richtlinien und schmiss Fortnite – ebenso wie Google – aus dem App-Store. Was folgte, waren Klagen sowie eine Kampagne von Epic gegen die Marktmacht von Apple und Google.

Obwohl das Urteil nun den Verweis auf alternative Bezahlwege erlaubt, muss Epic dennoch eine Strafe zahlen. Der Grund: Der Vertrag mit Apple war gültig, daher war der Verstoß rechtswidrig. Die Konsequenz ist, dass Epic nun 30 Prozent der Umsätze abgeben muss, seit das System implementiert wurde. Dabei handelt es sich um 3,5 Millionen US-Dollar.

Rückschlag für Apple, Epic ebenfalls unzufrieden

Apple war in den letzten Wochen den App-Entwicklern bereits entgegen gekommen, doch das Urteil geht nun nochmals weiter. In einer Analyse von Bloomberg heißt es, das Urteil wäre ein bedeutender Rückschlag für den Konzern, der zunehmend unter Druck von Wettbewerbsbehörden und Regulierern steht. Erwartet wird allerdings, dass Apple Berufung gegen das Urteil einlegt. Wenn das der Fall ist, wird das Verfahren mindestens noch ein Jahr dauern und könnte am Ende sogar beim Obersten Gerichtshof in den USA landen.

Von einem Misserfolg will Apple derweil ohnehin noch nicht sprechen. „Heute hat der Gerichtshof bestätigt, was wir schon immer gesagt haben: Der App Store verstößt nicht gegen das Kartellrecht“, sagte ein Konzernsprecher laut The Verge. Deutlich zurückhaltender äußert sich derweil Epic-CEO Tim Sweeney. Auf Twitter bezeichnet er das Urteil als „kein Gewinn für Entwickler oder Nutzer“.

In einem weiteren Beitrag erklärte Sweeney zudem, nach wie vor bestehe keine Chancengleichheit. Fortnite werde daher erst dann in den App Store von iOS zurückkehren, wenn Epic ein In-App-Bezahlmodell implementieren kann, bei dem ein fairer Wettbewerb mit Apples Lösung besteht.

Branchenbeobachter sind derweil zuversichtlicher. Matt Stoller, Forschungsleiter bei der Kartellrechtsorganisation American Economic Liberties Project, sagt auf Anfrage von Mashable: „Es bedeutet etwas, dass Apple verloren hat.“ Das Urteil verdeutliche, dass Gerichte auch gegen die Tech-Riesen entscheiden – und das in Verfahren, bei denen es vor fünf Jahren „noch als verrückt angesehen“ worden wäre.

Weitere Verfahren laufen

Mit Blick auf die erwartete Berufung ist das letzte Wort in diesem Verfahren also noch nicht gesprochen. Ausstehend sind ohnehin noch die Klagen, die Epic gegen Apple in der EU und Australien führt sowie die Klagen gegen Google. Und zudem will auch der US-Kongress die Marktmacht der Tech-Konzerne auf den Marktplätzen regulieren, während die EU am Digital Service Act arbeitet. Der Druck auf die Tech-Konzerne nimmt weiter zu.

Update

Epic Games hat Berufung gegen das Urteil eingelegt, der Fall geht also in die nächste Instanz. Ob Apple Berufung einlegt, ist bis dato noch nicht bekannt.

Ursprünglich wollte Epic mit der Klage nachweisen, dass Apple mit dem App Store unter iOS eine Monopolstellung aufgebaut habe, die der Konzern missbrauche. Der Versuch scheiterte aber, Richterin Rogers teilte Epics Argumentation nicht, wie es in einer Analyse des Urteils von The Verge heißt.

Sie kritisierte zwar Apples Verhalten, indem sie etwa Apples „außergewöhnlich hohe“ Margen ansprach und erklärte, scheinbar würden nur rechtliche Schritte dazu führen, dass Apple an der Preisschraube drehe. Doch der Marktanteil im Mobile-Gaming-Sektor sei noch nicht ausreichend, um Apple eine Monopolstellung im Sinne des amerikanischen Kartellrechts zu attestieren.

Es ist eine Argumentation, die Hintertüren für weitere Verfahren offenlässt. Womöglich konnte sich Epic aber schon bei diesem Verfahren nicht mit seiner Argumentation durchsetzen, weil man sich laut Rodgers nicht ausreichend auf diesen Aspekt fokussiert hatte. Doch auch mit weiteren Punkten scheiterte Epic. So zwang die Richterin Apple etwa nicht, Fortnite wieder in den App Store aufzunehmen. Ebenso wenig kann Epic einen eigenständigen App Store auf iOS anbieten.

Selbst wenn Apple bei diesen Punkten nicht verlor, bleibt das Urteil ein Rückschlag, weil der Konzern das Verfahren für In-App-Käufe öffnen muss. So läuft weiterhin die Debatte, wer eigentlich Gewinner und wer Verlierer ist. Eine der interessanteren Antworten: Beide haben verloren.

Inwieweit Apple und auch Google mit den jeweiligen App Stores die Marktmacht missbrauchen, beschäftigt aber nicht nur Gerichte. Sowohl der US-Kongress als auch die EU-Kommission befassen sich mit dem Thema, Experten rechnen mit einer verschärften Regulierung.