Diotissima schrieb:
Wieso? Das sind 38 Betrugsdelikte. 38 erschnorrte kreativ-geistige Leistungen. 38 x Composer, Arrangeur, texter, Coach und Studiotechniker beschißen. Haben diese Leute gar keine Rechte mehr? Die Autoren und Urheber?
Jaja... Raub, Diebstahl, Betrug. Da wird immer mit irgendwelchen armen entrechteten Leuten diskutiert.
Und nach der aktuellen rechtlichen Lage ist das noch gar nicht mal komplett falsch, aber ökonomisch gesehen ganz großer Unsinn.
Die Musikindustrie ist ein Dinosaurier und eine Branche, die längst ausgestorben wäre, wenn sie nicht vom Staat mittels des Urheberrechts künstlich und auf Kosten der Kunden am Leben gehalten würde.
Es ist eine der Grundaussagen der ökonomischen Theorie, daß der Preis eines Produktes in einem funktionieren Markt seinen Grenzkosten entspricht. Unter Grenzkosten versteht man dabei die Kosten einer zusätzlichen Einheit eines Produktes.
Nun gibt es in der Praxis natürlich immer Abweichungen von der Theorie. Aber wie sieht die Praxis denn aus? Was kostet ein zusätzliches mp3? Vielleicht 0,05 cent für den Strom? Und für wieviel wird es verkauft? Für 99 cent. Die Abweichung zwischen Theorie und Praxis beträgt 200 Tausend Prozent (200000%).
Eine andere Überlegung: Für sämtliche Produkte auf der Welt gilt: Wenn sie älter werden, sinkt der Preis (von Sammlerobjekten abgesehen). Für sämtliche Produkte auf der Welt gilt: Ist die Nachfrage groß, steigt der Preis, ist die Nachfrage gering, sinkt er.
Schauen wir mal in itunes: Kosten Stücke die 50 Jahre alt sind weniger als solche die 1 Jahr alt sind? Kosten Stücke die in den Charts auf Platz 100 stehen weniger als die, die auf Platz 1 stehen?
Nein... de fakto kann die Musikindustrie ihre Kunden ausnehmen, weil das Urheberrecht ihr ein Monopol gibt und weil die großen Konzerne einen kartellartigen Preisburgfrieden geschlossen haben.
Warum habe ich behauptet, daß die Musikindustrie ein Dinosaurier sei? Früher war die Mal notwendig: Ein Musiker hat ein Stück gemacht, aber die Aufnahmetechnik war teuer, selbst für Probeaufnahmen. Jemand mußte Geld vorschießen. Dafür brauchte es Leute, die wußten, wir der Markt läuft. Dann mußten sie bekannt gemacht werden. Dafür brauchte es viele teure Platten die an die ganzen Radiostationen verschickt werden mußten. Und zu guterletzt mußte jemand viel Geld in die Hand nehmen, um massig Platten zu produzieren, die dann in die Läden kamen. Und wenn es kein Erfolg wurde, dann bliebt man auf ner Menge totem Kapital sitzen. Das ganze war also obendrein auch noch mit einem großem Risiko behaftet, das fast kein Künstler allein tragen konnte -> ola! Ein Hoch auf die Musikindustrie, denn: keine MI, keine Musik!
Wie ist es heute: Für Demotapes reicht im Grunde die Ausrüstung die jeder Musiker eh zu hause hat. Für alles andere gibt es das Internet. Und wenn ein Stück gut genug ist, bekommt ein Künstler allemal genug Geld, um einen Tag Tonstudio bezahlen zu können. Und wenn ein Stück nicht gut läuft, welches Riskio besteht? Gar keins, denn man hat ja erstmal nichts investieren müssen... -> ola! Nieder mit der Musikindustrie, denn: keine MI, günstige Musik!
Die sogenannte Musikindustrie wird den gleichen Weg gehen wie der Pferdekutschenbau, die Kohleofenhersteller, die Schwert- und Rüstungsschmieden, Bogenmacher, Sattler, Sklavenhändler und Röhrenmonitorhersteller - nämlich in die Nische...
Nur daß diese Urheberrechte dummerweise wie ein Gesetz funktionieren, das jeden zwingt Pferdekutsche zu fahren und eine Rüstung im Schrank zu haben. Ökonomischer Unsinn; volkswirtschaftlicher Schaden ohne Ende, wenn man Menschen zwingt Ressourcen in eine Industrie zu pumpen, die die schon längst nicht mehr braucht.
Zumal der Löwenanteil des Geldes in Marketing und protzige Konzernzentralen gesteckt wird und in die Geldbörsen der Top-100-Künstler, Stars und Sternchen, die so im Geld schwimmen, daß jeder Bankmanager vor Neid erblast. Nur daß Bankmanager wenigstens von Leuten bezahlt werden, die eh schon Geld haben, die Musikindustrie aber in erster Linie von Kindern und Jugendlichen...
edit: Eine Ergänzung: Der Grund, daß überhaupt "handeln" und "wirtschaften" stattfindet, ist immer Knappheit. Ressourcen sind knapp, Arbeit ist knapp, Kapital ist knapp. Muß man für Atemluft bezahlen? Nein. Muß man für Spaziergänge im Wald bezahlen? Nein. Und je knapper, desto teurer. Ist Leitungswasser teuer? Wie knapp ist im Jahre 2008 distributionsfähige Musik? Geht zu youtube, schaut Euch die Schlangen bei DSDS an, geht in die Musikschulen. Es gibt Musik ohne Ende.
Um nochmal auf mein Qutoe einzugehen. All die "Composer, Arrangeur, texter, Coach und Studiotechniker" und all die Promi-Psychologen und Promi-Hundefriseure müssen sich darauf einstellen, daß sich die Welt verändert, daß die Zeit des hemmungslos-Kohle-abgreifens zu Ende geht. Die Frage sei gestattet: Warum sollte ein Promi-Hundefrisör oder Texter mehr verdienen, als ein Schäfer oder ein Journalist? Warum arbeiten all die "Composer, Arrangeur, texter, Coach und Studiotechniker" dann nicht freiberuflich, so wie Millionen andere Menschen auch? Und wenn sie ihren Job gut machen und wenn sie tatsächlich notwendig sind für gute Musik, dann werden sie auch weiterhin Geld verdienen - so wie alle anderen Menschen auch? Zu welchem Zweck existiert der ganze Wasserkopf noch, die Musikindustrie-Firmenveraltungen und -vostände, die Rechtsanwälte, die Gema-Angestellten, die Internet-Dedektive, die Lobbyisten, usw. All die Leute werden von uns bezahlt: Wird die Musik im Radio durch diese Leute vielleicht besser? Oder helfen sie nur, den Dinosaurier am Leben zu erhalten?
Warum sollte die Gesellschaft all diesen Leuten mittels Urheberberrecht ihre kleine sorglose Überfluss-Kuschelwelt einrichten und erhalten, auf Kosten all der Menschen, die die Musik sich anhören, also auf unsere Kosten?