WhatsApp-Übernahme: Millionenstrafe gegen Facebook wegen falscher Angaben

Michael Schäfer
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WhatsApp-Übernahme: Millionenstrafe gegen Facebook wegen falscher Angaben
Bild: LoboStudioHamburg | CC0 1.0

Die Europäische Kommission sieht es als erwiesen an, dass Facebook bei der Übernahme des Messenger-Dienstes WhatsApp im Jahr 2014 falsche Angaben in Bezug auf die Übernahme von Daten gemacht hat. Dafür belegt das Gremium das soziale Netzwerk mit einer Strafzahlung von 110 Millionen Euro.

Datenabgleich zunächst nicht einmal technisch möglich

Zur Übernahme von WhatsApp durch Facebook im Jahr 2014 versicherte Facebook als Reaktion auf Bedenken vor einem Datenabgleich der Dienste sowohl in den eingereichten Unterlagen wie auch in einem Auskunftsverlangen der EU, dass selbst technisch unmöglich sei, einen zuverlässigen automatisierten Abgleich zwischen den Benutzerkonten einzurichten – um genau diesen zwei Jahre später indirekt anzukündigen: Im August 2016 räumte sich Facebook durch eine Aktualisierung der eigenen Nutzungsbedingungen und Datenschutzbestimmungen das Recht ein, in Zukunft die Telefonnummern von WhatsApp-Nutzern mit den dazugehörigen Facebook-Profilen verbinden zu können. Die erhobenen Informationen sollten dazu genutzt werden, um Nutzern präzisere Werbung anzeigen zu können und neue Marketing-Kanäle für Firmen zu entwickeln.

Facebook soll von Möglichkeiten frühzeitig gewusst haben

Dieses Vorgehen rief die Wettbewerbshüter auf den Plan, die sich aufgrund der widersprüchlichen Angaben von Facebook getäuscht sahen. Diese äußerten bereits Ende Dezember 2016 Zweifel an der 2014 von Facebook getätigten Aussage. Für das Gremium war klar, dass Facebook bereits zur Übernahme von den Möglichkeiten gewusst hatte. Das Unternehmen hatte anschließend bis zum 31. Januar dieses Jahres Zeit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

EU-Kommission sieht Beweise für bewusste Falschangaben

Dieser gesamte Vorgang ist nun für die EU-Kommission Beweis genug, dass Facebook bereits zum damaligen Zeitpunkt der durchgeführten Prüfung auf Basis der EU-Fusionskontrollverordnung bewusst falsche Angaben gemacht hatte. Die Verordnung besagt, dass Unternehmen sachlich richtige und nicht irreführende Angaben machen müssen, damit eine fristgerechte Überprüfung der Sachlage möglich bleibt. In diesem Fall gelangte das Gremium jedoch zu dem Schluss, dass es zu diesem Zeitpunkt nicht über alle für die Prüfung des Vorhabens relevanten Informationen verfügte.

Urteil als deutliche Warnung

Für die Kommissare ist somit klar, dass Facebook bereits im Vorfeld der Übernahme um die Möglichkeit eines Datenabgleiches wusste. Daher belegt die Europäische Kommission Facebook nun mit einer Geldbuße von 110 Millionen Euro. Die Rechtsmittel der Fusionskontrollverordnung sehen in solchen Fällen eine Strafzahlung von bis zu einem Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes vor. Da Facebook in dieser Angelegenheit zwei getrennte Zuwiderhandlungen begangen hat, betrachtete die EU-Kommission die Zuwiderhandlungen als schwerwiegend. Facebook ist das erste Unternehmen, das mit einer Strafe durch dieses Rechtsmittel belegt wird.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager sprach in einer Stellungnahme von einem klaren Signal und sieht die hohe Summe vor allem als Warnung und Abschreckung vor Nachahmern: „Der heutige Beschluss ist eine deutliche Botschaft an Unternehmen, dass sie die EU-Fusionskontrollvorschriften einhalten müssen, darunter auch die Verpflichtung, sachlich richtige Angaben zu machen“. Die Kommission müsse sich „beim Erlass ihrer Beschlüsse über die Auswirkungen von Zusammenschlüssen auf den Wettbewerb auf umfassende und präzise Informationen stützen können.

Erteilte Erlaubnis bleibt bestehen

Die im Jahr 2014 erteilte Erlaubnis zur Fusion von WhatsApp und Facebook bleibt von den aktuellen Vorkommnissen unangetastet. Die Kommission hatte zwar seinerzeit das hypothetische Szenario eines möglichen Nutzerabgleiches in Betracht gezogen, doch da der Genehmigungsbeschluss auf einer Reihe verschiedener Faktoren beruhte, welche über die Möglichkeit des automatische Abgleichs von Benutzerkonten hinausgingen, waren die von Facebook gemachten irreführenden Angaben zwar relevant, besaßen aber keinen Einfluss auf das Ergebnis des Genehmigungsbeschlusses.

Facebook akzeptiert Strafe

Facebook hat bereits angekündigt, die Strafe zu akzeptieren. Für das Unternehmen bringt das Urteil „die Sache zum Abschluss“, wie ein Unternehmenssprecher verlauten ließ.