Coffee Lake: Wie schnell der Core i7-8700 ist, kommt ganz drauf an

Jan-Frederik Timm
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Coffee Lake: Wie schnell der Core i7-8700 ist, kommt ganz drauf an

tl;dr: Wie schnell ist der Intel Core i7-8700? Tests von ComputerBase zeigen: Das kommt ganz auf die Plattform an. Lässt sie dem Prozessor freien Lauf, sind Ergebnisse auf dem Niveau des Core i7-8700K das Resultat. Bremst der OEM, fallen Takt und Leistung hingegen deutlich. Hintergrund ist irgendwie auch die TDP.

Auf dem Papier liegt der Unterschied in der TDP

Laut Intel Ark trennen den Core i7-8700 vom Core i7-8700K 30 Watt TDP, 100 MHz beim maximalen Takt bei Last auf einem Kern und 500 MHz Basistakt. Und die thermischen Spezifikationen für das Package nennen 130 statt 65 Watt.

Die TDP definiert Intel als „die durchschnittliche Leistungsaufnahme (in Watt), die der Prozessor beim Betrieb auf Basisfrequenz ableitet, wenn alle Kerne bei einer von Intel definierten, hochkomplexen Arbeitslast aktiv sind“. In anderen Anwendungen und bei anderen Taktraten kann der Verbrauch also abweichen. Und eine klare Vorgabe für den Verbrauch der CPU innerhalb der vorgegebenen Taktspielräume macht Intel nicht.

Neuerdings kommuniziert der Konzern nicht mal mehr die maximalen Taktraten für die Last auf mehreren Kernen, seit Skylake-X und Coffee Lake sind sie Tabu. ComputerBase hat sie für beide Prozessoren aber in der Praxis ermittelt und durch Quellen in der Industrie bestätigen lassen. Ergebnis: Bei Last auf zwei und vier Kernen trennen beide Prozessoren weiterhin nur 100 MHz, bei Last auf allen sechs Kernen herrscht Gleichstand. Voraussetzung: Sie nutzen den maximalen Turbo auch. Die TDP spricht per Definition nicht dagegen.

Eckdaten von Core i7-8700 und i7-8700K im Vergleich
Kerne/
Threads
Takt
(Basis)
Turbo
1 / 2 / 4 / 6 Kerne
TDP
Core i7-8700K 6/12 3,7 GHz 4,7 / 4,6 / 4,4 / 4,3 GHz 95 W
Core i7-8700 6/12 3,2 GHz 4,6 / 4,5 / 4,3 / 4,3 GHz 65 W

Mal auf i7-8700K-Niveau, mal nicht

Im Test des Core i7-8700 auf dem Desktop-Mainboard Gigabyte Aorus Z370 Gaming Ultra lagen in allen Szenarien in der Tat dauerhaft bei beiden CPUs die maximal möglichen Turbo-Taktraten an, ohne dass Auto-OC-Funktionalitäten der Mainboards aktiv waren. Damit lagen beide Prozessoren im Anwendungs-Parcours quasi gleichauf. Auch der Stromverbrauch fiel gleich aus.

Ein zweites Mal konnte ComputerBase die CPU in der vergangenen Woche im Medion Erazer X67015 (Test) testen. In Spielen mit vergleichsweise geringer CPU-Last gab es dabei keine Unterschiede zu verzeichnen, in Anwendungen hingegen schon: Die Leistung fiel in den drei getesteten Anwendungen mit Last auf sechs Kernen um sieben bis neunzehn Prozent niedriger aus. Als Ursache konnten nach ca. 15 Sekunden Last die stark fallenden Taktraten ausgemacht werden, statt 4,3 GHz lagen dann noch 3,6 bis 3,7 GHz an. Laut HWiNFO betrug der Verbrauch nur noch 65 Watt.

Der Aldi-PC Medion Erazer X67015 im Test
Der Aldi-PC Medion Erazer X67015 im Test

Medion verwies auf die offiziellen Spezifikationen zur TDP von Intel, die gemäß der genannten Definition aber wenn überhaupt nur mittelbar als Argument heranzuziehen ist. Im Ergebnis verhielt sich der Medion-PC so eher wie ein Notebook, denn dort deckeln OEMs die CPUs von Intel nach kurzer Spitzenphase in der Regel bei der angegebenen TDP.

Gemäß Intel Spec hat die CPU eine TDP von 65 Watt. Diese Leistung stellt unser Mainboard auch zur Verfügung. Es gibt in der Tat einige Gaming Mainboards mit Z370 Chipsatz, die höhere TDP Leistungen zur Verfügung stellen können. Die CPU wird dann höhere Taktraten erreichen, wird aber auch außerhalb ihrer Spezifikation betrieben.

Stellungnahme Medion

Intel erachtet beide Ergebnisse als korrekt

Intels Reaktion erreicht die Redaktion am Dienstag aus den USA. Sie wurde bereits im Test des OEM-PCs verarbeitet, soll aber auch noch einmal separat zur Sprache kommen.

Focusing on Cinebench as a diagnostic, the correct score for an i7-8700 should be approximately 1383. We recommend watching the CPU frequencies by using CPU-Z or HWinfo during the Cinebench run. The 65W TDP limit is meant to kick in after several seconds for Cinebench. For the first several seconds it will run at max All-Core-Turbo (4.3 GHz on i7-8700). After approximately 8 seconds it will drop slightly to around 4.1 GHz or 4.2 GHz. This is the 65W limit taking effect. Exact performance numbers could be related to OEM configurations.

Stellungnahme Intel USA

Intel zufolge ist im Cinebench R15 beim Core i7-8700 mit einem Ergebnis von 1.383 Punkten zu rechnen. Das trifft das Resultat, das ComputerBase im separaten Test der CPU auf dem Gigabyte Aorus Z370 Gaming Ultra erzielt hatte. Diese Ergebnisse waren also korrekt.

Leistung in Cinebench R15 (Multi-Core)
  • Multi-Core-Test:
    • Core i7-8700K (Gigabyte Z370 Gaming Ultra)
      1.412
    • Core i7-8700 (Gigabyte Z370 Gaming Ultra)
      1.389
    • Core i7-8700 (Zielwert Intel)
      1.383
    • Core i7-8700 (Erazer X67015)
      1.203
Einheit: Punkte

Dabei soll die CPU zum Start mit dem maximalen Turbotakt von 4,3 GHz bei Last auf allen Kernen rechnen, bevor nach ungefähr acht Sekunden der Takt reduziert wird, um das bei dieser CPU offiziell auf 65 Watt TDP ausgelegte Kühlsystem nicht zu überfordern. Der Takt soll zu diesem Zeitpunkt allerdings nur leicht auf 4,1 bis 4,2 GHz fallen. Intel spricht in diesem Zusammenhang ganz bewusst vom „65W TDP limit“, das seine Wirkung zeigt, und nicht von einer Obergrenze in Höhe von 65 Watt Verbrauch.

Medion scheint beim Erazer X67015 hingegen genau diese Gleichung aufgestellt zu haben und bremst den Prozessor nach ca. 15 statt ca. 8 Sekunden hart auf 65 Watt Verbrauch ein – der Takt fällt infolgedessen auf 3,6 bis 3,7 GHz. Dass sich der Rechner falsch verhält, sagt Intel trotzdem nicht und widerspricht auch nicht der Aussage von Medion, nur „einige Gaming Mainboards mit Z370 Chipsatz“ würden höher takten. „Die genauen Leistungswerte können von der Konfiguration des OEMs abhängen“, heißt es abschließend. Eine CPU mit 65 Watt TDP nach einem kurzen Boost auf diesen Verbrauch zu deckeln, ist also offensichtlich ebenfalls spezifikationskonform.

Der Kunde ahnt nichts

Das Problem dabei ist wie so oft, dass Kunden hierüber im Unklaren gelassen werden. Basistakt, TDP und thermische Spezifikation des Packages deuten zwar auf Unterschiede hin, in Systemen mit Mainboards für den Endkundenmarkt sind die aber in der Regel (und spezifikationskonform) nicht anzutreffen – und darauf basieren die meisten CPU-Tests. Dass derselbe Prozessor im OEM-System dann bis zu 20 Prozent langsamer agieren kann, wird der Käufer zwar nur in den seltensten Fällen überhaupt bemerken und sich eher über die geringe Geräuschkulisse unter Last freuen. Die Existenz dieser Leistungsschere ist trotzdem problematisch.

Ebenso problematisch bleibt der Fokus der CPU-Hersteller und der Kunden auf die TDP. Im Fall von Intel beschreibt sie einzig und allein einen Betriebszustand: Die Berechnung der nicht weiter definierten „hochkomplexen Arbeitslast“ bei Basis-Takt. Sie bietet im Desktop-PC damit nicht mehr als einen vagen Hinweis auf etwaige Unterschiede, der von Mainboard-Herstellern einfach ausgehebelt werden kann – denn gegen die Nutzung der maximalen Turbo-Taktraten in allen Last-Szenarien bei deutlich mehr Verbrauch spricht in der Regel nichts.

Es ist davon auszugehen, dass andere OEMs – bei dieser und anderen CPUs – vergleichbar verfahren. Selber testen konnte das ComputerBase allerdings noch nicht. Kurzfristig weitere Analysen mit dem PC von Medion sind ebenfalls nicht mehr möglich, weil sich der Rechner bereits auf dem Rückweg zum Hersteller befindet.

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