Roccat Kain 100 & 120 Aimo im Test: Die Kreuzung wäre nahezu perfekt

Fabian Vecellio del Monego
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Roccat Kain 100 & 120 Aimo im Test: Die Kreuzung wäre nahezu perfekt

tl;dr: Roccat beteiligt sich mit gleich zwei Mäusen am Wettbewerb um die besten Taster, die als direkt und subjektiv präzise zu gefallen wissen. Auch die Eingabegeräte als Ganzes machen im Test einen guten Eindruck, haben jedoch ihre eigenen kleinen Schwächen: Nahezu perfekt wäre eine Mischung aus Kain 100 und 120 Aimo.

Roccats neueste Mausserie siedelt sich preislich unterhalb der ebenfalls ergonomischen und alteingesessenen Kone-Reihe an, bietet aber im Gegenzug zu den hinsichtlich der Kosten ebenbürtigen Kova-Mäusen ein ergonomisch klar für Rechtshänder angepasstes Chassis. Auf den Trend möglichst leichter Eingabegeräte springt der Hersteller nur bedingt auf, wenngleich sowohl Kain 100 Aimo als auch Kain 120 Aimo durch wenige, aber laut Roccat sehr direkte und schnelle Taster durchaus eine Verwendung für Shooter nahelegen – dem Rennen um möglichst niedrige Schalter-Reaktionszeiten schließen sich beide Modelle an.

Die Unterschiede beider Varianten finden sich derweil technisch in erster Linie beim verbauten Sensor: Die rund 50 Euro teure Kain 100 setzt auf sensorische Mittelklasse, während die Kain 120 zum Aufpreis von 20 Euro ein Exemplar aus PixArts High-End-Riege verbaut. Darüber hinaus unterscheidet sich die Oberfläche der wahlweise in schwarzer oder weißer Farbgebung erhältlichen Eingabegeräte.

Roccat Kain 100 Aimo
Roccat Kain 120 Aimo
Ergonomie: Rechtshändig
Sensor: PixArt PMW-3331
Optisch
PixArt PMW-3381
Optisch
Auflösung: 200–8.500 CPI
5 Stufen
100–16.000 CPI
5 Stufen
Geschwindigkeit: 7,6 m/s 10,2 m/s
Beschleunigung: 343 m/s² 490 m/s²
USB-Abfragerate: 1.000 Hz
Primärtaster: Omron D2FC-F, 50 mio. Klicks
Anzahl Tasten: 6
Oberseite: 4
Linksseitig: 2
Sondertasten: Mausrad
cpi-Umschalter
Software: 5 Profile
vollständig programmierbar, Sekundärbelegung
Makroaufnahme, Angle-Snapping
Interner Speicher: 5 Profile
Beleuchtung: Farbe: RGB, 1 adressierbare Zone
Modi: Atmend, Wellen, Farbschleife
Reaktiv
Farbe: RGB, 2 adressierbare Zonen
Modi: Atmend, Wellen, Farbschleife
Reaktiv
Gehäuse: 124 × 65 × 43 mm
Hartplastik, Beschichtung
Gummielemente
124 × 65 × 43 mm
Hartplastik, Beschichtung
Gewicht: 89 Gramm (o. Kabel)
Anschluss: USB-A-Kabel, 1,80 m USB-A-Kabel, 1,80 m, umwickelt
Preis: ab 48 € / 50 € ab 55 € / 70 €

Verfügbar sind beide Mäuse laut Roccat ab sofort, der Preisvergleich listet Kain 100 Aimo und Kain 120 Aimo bereits. Mit der Kain 200 Aimo soll zudem eine kabellose Adaption folgen, diesbezüglich nennt der Hersteller aber bislang weder einen konkreten Zeitraum noch vollständige Spezifikationen.

Rechtshänder-Gehäuse und zwei Oberflächen

Hinsichtlich der Form des Gehäuses gleichen sich Kain 100 und Kain 120 haargenau: Beide Mäuse bieten eine klar für die Bedienung mit der rechten Hand ausgelegte Ergonomie, die sich in einer hohen linken Flanke und einem nach rechts abfallenden Rücken zeigt. Damit bleiben die Eingabegeräte recht schlicht und liegen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit den meisten Nutzern gut in der Hand, sofern diese nicht zu klein ausfällt. Impliziert wird dabei deutlich der Palm-Grip, wobei mit kleineren Händen auch ein Claw-Grip möglich ist. Problematisch ist dann jedoch die Position der zweiten Seitentaste, die in diesen Fällen oftmals zu weit hinten liegt.

Für die Bedienung im Fingertip-Grip eignet sich die Kain wiederum nur bedingt, da sie einerseits für die meisten Anwender zu klobig und spätestens angesichts verfügbarer Alternativen zu schwer ist. Der Handhabung im Palm-Grip hätte indes durch konkave Flanken weiter zugearbeitet werden können, doch auch so liegen beide Mäuse sicher in der Hand. Die Kain 120 ist lediglich rechtsseitig potentiell schwer zu halten, denn während linksseitig im schlimmsten Fall die Daumentasten einen Haltepunkt liefern und die Kain 100 eine raue Textur bietet, rutschen Ring- und kleiner Finger auf der Softtouch-Oberfläche leicht ab.

Besagte raue Textur findet sich in Form einer groben Gummierung an beiden Flanken der günstigeren Maus, während ihr Rücken aus glattem Hartplastik besteht. Ob die partiell deutlich rauere Oberfläche oder die Softtouch-Beschichtung der Kain 120 besser gefällt, liegt beim Nutzer. Mutmaßlich dürfte für das Gros an Interessenten jedoch die Kain 120 die haptisch angenehmere Maus sein. Generell gilt, dass glattere Oberflächen bei trockenen Händen mehr Halt bieten, während raue Texturen für mehr Haftung bei Schweiß sorgen.

Mit beiden Oberflächen geht indes ein potentiell höheres Risiko für Abrieb einher als mit bloßem Hartplastik. Zwischen den beiden primären Maustasten findet sich bei der Kain 120 zudem eine silberne, optisch als gebürstetes Aluminium anmutende Fläche. Tatsächlich handelt es sich dabei jedoch auch um Kunststoff.

Gewicht, Kabel, Gleiteigenschaften

Wiederum beiden Kain-Mäusen gemein ist das Gewicht von 89 Gramm. Im Vergleich zu den zahlreichen leichtgewichtigen Neuvorstellungen der letzten Monate erscheint das fast schwer, doch insgesamt ordnen sich die zwei Eingabegeräte im Masse-Mittelfeld ein, zumal die zahlreichen Leichtgewichte stets symmetrisch und ohne klare ergonomische Formgebung daherkommen. Der Schwerpunkt beider Mäuse liegt leicht nach vorne versetzt und folglich ungefähr an der Postion, an der auch die Fingerspitzen das Eingabegerät halten. Da die zwei großen, an der Front und am Heck vorzufindenden Gleitfüße gut ausfallen, sind sowohl Kain 100 als auch Kain 120 recht gleitfreudig.

Ein wenig getrübt wird diese Eigenschaft bei der Kain 120 jedoch durch das Kabel: Es ist zu steif umwickelt, als dass es die Maus nicht spürbar beim Bewegen beeinflussen würde. Grundsätzlich schlimm ist das nicht – präzise Bewegungen sind problemlos möglich –, doch jüngste Konkurrenten wie Cooler Masters MM710, Razers Viper oder GPCGRs Model O und Model O- verfügen über ein flexibler umwickeltes Kabel. Davon nicht betroffen ist die Kain 100: Ihr Kabel ist lediglich gummiert und deutlich weniger steif, womit es an das der Endgame Gear XM1 erinnert.

Beleuchtung

Beide Mäuse verfügen über RGB-Leuchtdioden, die Anzahl derer unterscheidet Kain 100 und Kain 120 jedoch weiter: Erstere verfügt lediglich über eine Illumination des Mausrads, während bei letzterer auch noch das Roccat-Logo auf dem Mausrücken leuchtet. Das teurere Eingabegerät erlaubt überdies die separate Ansteuerung der beiden Zonen, wobei ein identischer RGB-Wert stets zu gleichen Farben führt: Eine relative Farbtreue ist gegeben. Erfreulich wäre darüber hinausgehend eine optische Indikation der Sensorauflösung gewesen.

„Intelligente“ Primär- und drei Sekundärtasten

Den Fokus legt Roccat bei der Kain-Serie klar auf die Schalter der linken und rechten Maustaste: Die als „Titan Click“ bezeichnete Technik setzt auf zwecks der taktilen Kohärenz vorsortierte Omron-Schalter des Typs D2FC-F und kombiniert diese mit einem laut Roccat intelligenten Algorithmus“, um Mausklicks schneller zu verarbeiten. Die Reaktionszeit schrumpfe somit von 7 Millisekunden auf „quasi 0/1 Millisekunde“.

Auf Nachfrage seitens ComputerBase betonte der Hersteller, dass es sich dabei nicht um eine bloße Reduktion der bei mechanischen Schaltern nötigen Entprellzeit handele, sondern die Firmware „deutlich smarter und schneller“ arbeite. Genauer wollte Roccat jedoch nicht darauf eingehen, da die Technik einfach zu kopieren und noch kein Patent angemeldet sei. Eine weitere Besonderheit ist derweil die Position der Schalter selbst: Diese befinden sich weiter vorne als bei den meisten Mäusen und sind zudem leicht nach vorne gekippt – und somit parallel zur Tastenabdeckung – befestigt, was zu einem direkteren Druckpunkt führen soll.

Praxisnahe Tests sind bei den Tasten nahezu unmöglich

Ein praktischer Test der entsprechend beworbenen Reaktionszeit gestaltet sich im Rahmen menschlicher Wahrnehmung als schwierig. Da Nutzer die Tastenabdeckungen an unterschiedlichen Stellen aus verschiedenen Winkeln herabdrücken, ist das Geschehen vor dem Auslösen oftmals relevanter als die anschließende Signalverzögerung. Darüber hinaus variiert der Widerstand je nach Kontaktstelle der Finger zu den Abdeckungen, da bei weit nach vorne verlagertem Kontakt beispielsweise eine Hebelwirkung eintreten kann.

Die allein durch diese Variablen entstehenden Unterschiede ziehen eine Reaktionszeit­steigerung von im Extremfall bis zu 30 Millisekunden nach sich, wobei Schwankungen im einstelligen Millisekunden­bereich die Regel sind. Objektiv lässt sich daher nur die Betätigung der bloßen Taster ohne Abdeckung messen, und auch das nur in Relation zu anderen Mäusen, da durch die Signalverarbeitung des Rechners und anschließend den Input-Lag des Monitors weitere Latenzen hinzukommen. Generell gilt, dass geringe Reaktionszeit­differenzen bei Tastern aus den aufgeführten Gründen kaum oder gar nicht wahrgenommen werden können – im Gegensatz zur Sensorik des Mauszeigers, da eine direktere Eingabe und stetige Bewegung hier auch Latenzen im niedrigen einstelligen Millisekunden­bereich spürbar machen.

Die Tasten sind auch ungeachtet der Latenz gut

Möglichst objektive – aber damit eben auch zumeist praxisferne – Tests bescheinigen beiden Kain-Mäusen indes tatsächlich niedrige Latenzen, wobei hier kein Superlativ beansprucht werden kann: Endgame Gears ebenfalls mit schnellen Tastern beworbene XM1 reicht ihnen beim Gros der Tests das Wasser und auch andere Mäuse liefern im Schnitt gleichwertige Ergebnisse, während wiederum andere konsequent dahinter liegen. Subjektiv wahrnehmbar ist das jedoch auch im direkten Vergleich nur selten. Zudem ist anzumerken, das bei den beworbenen Latenzen unterhalb einer Millisekunde ohnehin die USB-Abfragerate limitiert.

Dennoch lassen sich die Taster insgesamt als sehr gut bewerten, was allerdings mehr dem gleichmäßigen und präzisen Druckpunkt, der ansprechenden haptischen Rückmeldung sowie den unbeweglichen und direkt aufliegenden Tastenabdeckungen zuzuschreiben ist, als der niedrigen Reaktionszeit.

Taktiles Mausrad

Gleiches gilt indes auch für das gummierte Mausrad. Jenes ist deutlich und präzise gerastert, dabei aber nicht allzu laut. Hier bietet sich abermals der Vergleich zur XM1 an, deren Mausrad sich ähnlich gut anfühlt und bedienen lässt. Hinsichtlich der Tasten kritisierbar bleiben somit nur die ein wenig zu weit nach hinten verlagerte Position der zweiten Daumentaste sowie das Fehlen einer zweiten Taste zum Durchschalten der Sensorauflösung, das folglich nur sequentiell möglich ist. Letztgenannter Kritikpunkt ist derweil auf hohem Niveau und dem Gros der Konkurrenz gemein.