Soziales Netzwerk: Twitter verschärft Regeln und löscht 70.000 Konten

Michael Schäfer
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Soziales Netzwerk: Twitter verschärft Regeln und löscht 70.000 Konten
Bild: Twitter

Twitter reagiert weiter auf die Vorkommnisse der letzten Tage und verschärft seine Regeln. Gleichzeitig löschte der Nachrichtendienst über 70.000 Konten von vermuteten QAnon-Anhänger. Facebook reagiert dagegen zögerlicher.

Mit der neuen Richtlinie zu „koordinierten schädlichen Aktivitäten“ wollen die Verantwortlichen die Kommunikation auf dem Sozialen Netzwerk in Zukunft vor Versuchen schützen, bei denen zu Gewalt angestiftet, Angriffe organisiert und absichtlich irreführende Informationen über das Ergebnis der letzten US-Präsidentschaftswahl geteilt werden. Dies geschehe auch in Hinsicht auf die bevorstehende Amtseinführung des neuen US-Präsidenten am 20. Januar 2021.

Seit Freitag 70.000 Konten gesperrt

Mit der Umsetzung der neuen strengen Durchsetzungsmaßnahmen hat Twitter bereits am letzten Freitag begonnen, indem der Dienst seither über 70.000 Konten, über welche hauptsächlich QAnon-Inhalte geteilt wurden, dauerhaft sperrte. Die hohe Zahl der gelöschten Zugänge soll daher rühren, dass mehrere Accounts einzelnen Personen zugeordnet werden konnten, die laut Twitter hauptsächlich der Verbreitung von Verschwörungstheorien der Gruppierung im großen Umfang dienten. Das bedeutet ebenso, dass die Zahl der real betroffenen Personen deutlich geringer ausfällt. Die Maßnahme soll sich zudem auf die Follower-Anzahl anderer Konten ausgewirkt haben.

Bereits in den Richtlinien zur US-Wahl 2020 wurde festgelegt, dass entsprechende verbreitete oder geteilte Inhalte weiterhin einer eingeschränkten Sichtbarkeit in der Suche, in Antworten und in den Timelines unterliegen und von Twitter auch nicht weiterempfohlen werden. Der Umfang der dafür infrage kommenden Inhalte wurde nun noch einmal erweitert, seit Freitag gelten hierfür verschärfte Regeln. Somit dürfen bestimmte Begriffe in Trends und Suchvorschlägen nicht mehr enthalten sein:

  • Koordinierte schädliche Aktivitäten
  • Bürgerliche Integrität
  • Hasserfülltes Verhalten
  • Glorifizierung von Gewalt
  • Gewalttätige Drohungen
  • Sensible Medieninhalte

Bei den verschärften Vorgaben soll aber auch weiterhin der jeweilige Kontext zur Beurteilung im Vordergrund stehen.

Facebook reagiert ebenfalls

Doch Twitter ist nicht der einzige Anbieter, der eine härtere Gangart gegen entsprechende Nachrichten eingeschlagen hat. So soll aktuell Facebook vor allem gegen Beiträge mit dem Slogan „Stop the Steal“ vorgehen. Der Social-Media-Riese begründet das Vorgehen damit, dass der Begriff von Gruppierungen verwendet wird, welche das Ergebnis der Wahl infrage stellen und die an den Ausschreitungen am Mittwoch in Washington DC beteiligt gewesen sein sollen. Bereits am Wahltag wurde der Slogan schnell zu einer Parole unter den Anhängern des amtierenden US-Präsidenten Donald Trump, von denen sich viele von ihm selbst oder seinen Verbündeten mit nachweislich falschen Behauptungen über einen vermeintlichen Wahlbetrug anstacheln ließen. Auch wenn der Begriff bereits schon vor Jahren als Hashtag auf Facebook genutzt wurde, erreichte dieser im jetzigen Kontext eine deutlich stärkere Brisanz.

Dass Facebook jetzt, 69 Tage nach der Wahl, gegen diesen Slogan vorgeht, wirft erneut kein gutes Licht auf die Verantwortlichen. Bereits in der Vergangenheit sah sich das Unternehmen Vorwürfen ausgesetzt, dass es nicht konsequent genug gegen Falschmeldungen vorgehen würde. Auch beim noch amtierenden US-Präsidenten zeigt sich der Dienst zögerlich: Während Twitter den privaten Account von Donald Trump aufgrund der Vorkommnisse rund um das Kapitol am 6. Januar 2021 nach anfänglich temporärer Sperre am Ende permanent schloss, verwehrt Facebook dem Präsidenten lediglich auf unbestimmte Zeit den Zugang, mindestens aber bis zum 20. Januar 2021, dem Tag der Vereidigung des nächsten US-Präsidenten.

Skurrile Szenen vor Twitter-Zentrale

Ein Aufruf in einem Trump-Fan-Forum, vor dem Twitter-Hauptquartier in San Francisco gegen den Ausschluss des US-Präsidenten zu demonstrieren, sorgte dafür, dass sich am Montagmorgen 30 Polizisten zur Überwachung des Gebäudes vor dem Haupteingang einfanden. Dies berichtet The Verge. Eine große Reichweite kann das Forum jedoch nicht besitzen, die Demonstration bestand am Ende aus lediglich einer einzelnen Frau mit einem selbstgemalten Schild. Einige Zeit später fanden sich noch zwei Gegendemonstranten ein, ebenfalls mit selbstgemalten Schildern, um ihre Unterstützung für den Ausschluss von Trump kundzutun. Dabei dürfte es sich bei der Anwesenheit der Polizei eher um eine Vorsichtsmaßnahme gehandelt haben, um das Gebäude vor Sachschaden zu bewahren: Aufgrund der aktuellen Corona-Situation in den USA ist die Verwaltung leer, alle Mitarbeiter arbeiten aus dem heimischen Büro.