Snapdragon X65: Qualcomm geht auf 10 Gbit/s im 5G-Smartphone

Nicolas La Rocco
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Snapdragon X65: Qualcomm geht auf 10 Gbit/s im 5G-Smartphone
Bild: Qualcomm

Qualcomm läutet mit dem Snapdragon X65 die nächste Geschwindigkeitsstufe für 5G im Smartphone ein. Die vierte Generation Modem-RF-System, wie das Gesamtkonstrukt aus 5G-Modem, RF-Transceiver, RF-Front-End und mmWave-Modulen heißt, soll im Downlink bis zu 10 Gbit/s erzielen. Ende 2021 sollen erste Smartphones damit kommen.

Snapdragon X65 Modem-RF System ist die vollständige Bezeichnung der Plattform, die auf Snapdragon X60, X55 und X50 folgt. Die aktuelle Generation Snapdragon X60 kommt zum Beispiel im Snapdragon 888 zum Einsatz. Die Plattform lässt sich von Qualcomm aber auch unabhängig vom SoC beziehen. Anbieter wie Apple vertrauen zum Beispiel auf das Snapdragon-X55-Modem für 5G in der neuen iPhone-12-Familie.

Beim Snapdragon X65 hat das Sampling bereits begonnen, wie Qualcomm heute vermeldet hat. Die ersten Smartphones mit Snapdragon X65 sollen gegen Ende des Jahres auf den Markt kommen. Dem Unternehmen zufolge handelt es sich um die weltweit erste Modem-bis-Antennen-Lösung, die für 10 Gbit/s im Downlink über 5G und den 3GPP Release 16 ausgelegt ist. Im Mainstream-Segment positioniert Qualcomm das neue Snapdragon-X62-Modem, das für bis zu 4,4 Gbit/s im Downlink ausgelegt ist und damit trotz der höheren Nomenklatur unterhalb des Snapdragon X60 aus dem letzten Jahr zu sehen ist.

Das 3rd Generation Partnership Project (3GPP) ist eine weltweite Kooperation von Gremien für die Standardisierung im Mobilfunk. Der erst im Juni 2020 komplettierte Release 16 läutet die zweite 5G-Phase ein und bringt Erweiterungen unter anderem bei URLLC (Ultra-Reliable Low Latency Communication), New Radio in unlizenziertem Spektrum, 5G-Effizienz und Diensten auf dem Vehicle-to-everything-Layer mit (V2X).

Qualcomm zufolge kommt die Snapdragon-X65-Plattform mit einer per Software aktualisierbaren Architektur daher, die somit Erweiterungen und Anpassungen am 3GPP Release 16 im Nachhinein einfließen lassen kann. Das soll die Lebensspanne der Hardware verlängern und die Kosten über einen längeren Zeitraum der Nutzung reduzieren. Qualcomm sieht dadurch Vorteile etwa beim Einsatz im IoT-Segment oder bei Fixed Wireless Access (FWA), also Internetanbindungen zuhause über Mobilfunk. Das Snapdragon X65 ist zwar auch für Smartphones konzipiert, aber eben nicht nur.

1 GHz Bandbreite über mmWave

10 Gbit/s im Downlink erreicht Qualcomm mittels Carrier Aggregation, also das Zusammenlegen von Frequenzblöcken über das gesamte 5G-Spektrum. Dafür werden wie beim Snapdragon X60 Blöcke aus dem Sub-6-GHz- und dem mmWave-Spektrum über FDD und TDD zusammengelegt. Neu ist, dass Qualcomm im mmWave-Bereich die Aggregation von bis zu 1 GHz Bandbreite über zehn Carrier à 100 MHz bei Nutzung von 2×2 MIMO beherrscht. Beim Snapdragon X60 war dies mit maximal 800 MHz bei 2×2 MIMO möglich. Wird diese Bandbreite mit den Sub-6-GHz-Frequenzblöcken zusammengelegt, lässt sich in der Spitze eine Geschwindigkeit von 10 Gbit/s im Downlink erzielen. Mit dem Snapdragon X60 lag das Maximum noch bei 7,5 Gbit/s.

Snapdragon X65
Snapdragon X65 (Bild: Qualcomm)

Höhere mmWave-Sendeleistung

Mit dem Snapdragon X65 geht die Vorstellung des neuen mmWave-Antennenmoduls QTM545 einher. Es ist der Nachfolger des QTM535, bietet eine höhere Sendeleistung bei identischem Formfaktor und unterstützt laut Qualcomm alle weltweit genutzten mmWave-Frequenzbänder, darunter auch das neue n259 im V-Band bei 41 GHz respektive den Bereich von 39,50 bis 43,50 GHz. Zuletzt hatte sich Qualcomm mit dem QTM535 darauf konzentriert, das Antennenmodul zu verkleinern, damit mehr davon in kompaktere Smartphones passen. Drei bis vier davon sollten optimalerweise zum Einsatz kommen, um Verdeckungen des empfindlichen Signals zu verhindern.

KI ermittelt Umgreifen des Smartphones

An diesem Punkt setzt die erstmals KI-gestützt durchgeführte Antennenabstimmung der Plattform an. Mittels KI will Qualcomm 30 Prozent besser als bei der vorherigen Generation erkennen können, wie ein Smartphone umgriffen wird und daraufhin eine entsprechende Antennenabstimmung vornehmen. Das soll für schnellere Übertragungsraten, einen allgemein besseren Empfang und längere Akkulaufzeiten durch eine optimale Auslastung der freien und verdeckten Antennen sorgen.

Neue Komponenten für das RF-Front-End

Der „AI-Enhanced Signal Boost“ ist Teil des neuen RF-Front-Ends, das mit dem neuen QET7100 den passenden Envelope-Tracker bietet, der im Sub-6-GHz-Spektrum und bei LTE die Effizienz der Leistungsverstärker verbessern und den Stromverbrauch reduzieren soll. Qualcomm gibt eine 30 Prozent höhere Energieeffizienz gegenüber Lösungen von Konkurrenten an. Über einen Tracker lassen sich mehrere Leistungsverstärker (PA) ansteuern, sodass OEMs eine größere Auswahl bei den PAs haben. Mit dem QPM6679 bietet Qualcomm einen passenden PA an, der keinen externen Diplexer mehr benötigt und 100 MHz Bandbreite beim Tracking unterstützt.

Internet zuhause mit 10 Gbit/s über 5G

Das Smartphone ist aber nur ein Bereich, in dem Qualcomm mit dem Snapdragon X65 aktiv sein will. Das Modem ist auch Bestandteil der zweiten Generation der 5G-FWA-Plattform, also einer Plattform für Fixed Wireless Access, das zuhause eine schnelle Internetanbindung über Mobilfunk statt das Festnetz realisiert. Die neue FWA-Plattform folgt auf ein Referenzdesign, das Qualcomm vor zwei Jahren noch auf Basis des Snapdragon X55 vorgestellt hatte. Speziell für den FWA-Einsatz gibt es mit dem QTM547 ein weiteres neues mmWave-Antennenmodul, das in einem 5G-Router verbaut nicht den kompakten Abmessungen eines Smartphones unterliegt und deshalb so groß wie eine US-amerikanische 1-Cent-Münze sein kann und leistungsfähiger ist.

Die neue Plattform soll ebenfalls Geschwindigkeiten von bis zu 10 Gbit/s über 5G zuhause erreichen. Über das neue mmWave-Modul soll eine bis zu 30 Prozent bessere Abdeckung erzielt werden. Die Reichweite im Sub-6-GHz-Spektrum gibt Qualcomm mit Verbesserungen im Bereich von 25 Prozent an. Mit Unterstützung für bis zu acht Empfängerantennen für den Sub-6-GHz-Bereich sollen bei Empfang und Leistung Verbesserungen von bis zu 35 respektive 20 Prozent möglich sein. OEMs, die 5G-Router auf Basis der neuen Plattform mit Snapdragon X65 anbieten wollen, bietet Qualcomm ein neues Referenzdesign mit entsprechender Ausstattung an. Im ersten Halbjahr 2022 rechnet Qualcomm mit den ersten darauf basierenden 5G-Routern.

Speziell für LTE-basierte FWA-Systeme hat Qualcomm außerdem das Snapdragon-X12+-Modem vorgestellt, das im 4G-Downlink bis zu 600 Mbit/s erreichen soll.

ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von Qualcomm unter NDA erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühest mögliche Veröffentlichungszeitpunkt.