Apple App Store: Entwickler dürfen über alternative Bezahlwege informieren

Michael Schäfer
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Apple App Store: Entwickler dürfen über alternative Bezahlwege informieren
Bild: ParampreetChanana | CC0 1.0

Apple vollführt einen weiteren Schritt zur Deeskalation in der Auseinandersetzungen um die Bezahlmöglichkeiten im App Store. Eine Einigung sieht vor, dass Entwickler für iOS und iPadOS ab sofort auch unter Zuhilfenahme von aus der App-Nutzung erhobenen Daten Nutzer über alternative Zahlungsmöglichkeiten informieren dürfen.

Das ist das von Apple und Entwicklern getroffene Ergebnis einer außergerichtlichen Einigung auf eine Sammelklage bezüglich der Zahlungsmodalitäten im App Store, welcher noch vom zuständigen Gericht zugestimmt werden muss und über die der iPhone-Hersteller im Rahmen einer Pressemitteilung informiert hat. In dieser verpflichtet sich Apple zudem die Richtlinien dahingehend zu präzisieren, dass iOS-Entwickler Nutzer mit deren Erlaubnis anhand der in ihren Apps gesammelten Daten auch über Zahlungsoptionen außerhalb des App Store informieren dürfen. Hat ein Nutzer also in der App seine E-Mail-Adresse hinterlegt, darf der Entwickler ihn über diese auf Wunsch in Zukunft über weitere Bezahlmöglichkeiten informieren. Nutzer müssen dieser Art der Kontaktaufnahme aber explizit zustimmen und können diese jederzeit widerrufen. Ein Anbieten zusätzlicher Möglichkeiten zur Bezahlung innerhalb der App bleibt aber nach wie vor untersagt.

Abkehr von bisheriger Umsetzung

Damit weicht das Unternehmen erneut seine bisher sehr restriktiv gehandelte Vorgehensweise innerhalb von lediglich rund drei Monaten zum zweiten Mal weiter auf: Bis zum Juni 2021 war es Entwicklern explizit untersagt, Nutzer außerhalb des App Stores über weitere Bezahlmöglichkeiten aktiv zu informieren. Diese Regel schwächte Apple bereits mit der Aktualisierung der App Store-Richtlinien im selben Monat dahingehend ab, dass Entwickler aktiv auf ihre Nutzer zugehen und diesen weitere Bezahlmöglichkeiten auch außerhalb des Stores mitteilen durften – bis dahin aber noch ohne die aus den Apps gewonnenen Daten. Zu diesem Zeitpunkt stand Apple bereits wegen seiner Zahlungsmodalitäten besonders bei den Abo-Modellen in vielen Teilen der Welt enorm in der Kritik, unter anderem reichten in dem Zusammenhang Spotify und Epic unabhängig voneinander bei der EU Kartellbeschwerde ein, aber auch im eigenen Land drohte Ungemach.

Kleine Entwickler werden nachträglich entschädigt

Die Einigung umfasst darüber hinaus weitere Punkte: So verpflichtet sich Apple zur Zahlung von 100 Millionen US-Dollar in den „Small Developer Assistance Fund“, der unter Entwicklern, die 1 Million US-Dollar oder weniger „für alle ihre Apps in jedem Kalenderjahr, in dem die Entwickler ein Konto zwischen dem 4. Juni 2015 und dem 26. April 2021 hatten, verdient haben“, aufgeteilt wird. Entwickler können dabei mit Zahlungen von 250 bis 30.000 US-Dollar rechnen – abhängig davon, wie viele Anträge für eine Ausschüttung gestellt werden. Die verbleibenden Mittel sollen an die gemeinnützige Organisation „Girls Who Code“ gehen.

Verringerte Provision auch in den nächsten Jahren

Andere Punkte wurden bereits in der Vergangenheit umgesetzt: So reduzierte Apple am 1. Januar 2021 im Rahmen des „App Store Small Business Program“ die Provision für Entwickler, welche durch den App-Verkauf im Store weniger als 1 Million US-Dollar eingenommen haben, auf 15 Prozent. In der nun geschlossenen Vereinbarung soll der neue Provisonssatz für die nächsten 3 Jahre unverändert bleiben. Darüber hinaus verpflichtet sich Apple, einen jährlichen Transparenzbericht über den App Store vorzulegen. Dieser soll laut dem Unternehmen unter anderem aussagekräftige Statistiken über den App-Überprüfungsprozess, darunter die Anzahl der aus verschiedenen Gründen abgelehnten Apps, die Anzahl der deaktivierten Kunden- und Entwicklerkonten, objektive Daten zu Suchanfragen und -ergebnissen genauso beinhalten wie die Anzahl der aus dem App Store entfernten Apps. Bisher ist noch nicht geklärt, ab wann der Bericht veröffentlicht werden wird, aber auch hier verpflichtet sich Apple für eine Dauer von mindestens drei Jahren. Gleichzeitig werde das Unternehmen zusätzliche Informationen über das App-Beschwerdeverfahren auf der App-Review-Website hinzufügen, um Entwicklern ein besseres Verständnis für das Beschwerdeverfahren zu vermitteln.

Freiere Preisgestaltung

Darüber hinaus wird die Anzahl der bisherigen Preispunkte für Abonnements, In-App-Käufe und kostenpflichtige Apps von rund 100 auf 500 erhöht. Entwickler erhalten somit die Möglichkeit, sich in Sachen Preise breiter aufstellen zu können. Ebenso verpflichtet sich Apple, das aktuelle System der App-Store-Suche ebenfalls für mindestens 3 Jahre unberührt zu lassen.

Richard Czeslawski, Präsident von Pure Sweat Basketball, Inc. und einer der Kläger, gab in einer Erklärung an, dass Entwickler nun die Möglichkeit erhalten, „Kontaktinformationen, die wir bei der Anmeldung in unserer App erhalten haben, zu nutzen, um mit unseren Kunden auch außerhalb der App über Kaufalternativen zu IAP zu kommunizieren. Das ist eine große Sache.

Kein Urteil besser als ein schlechtes Urteil

Das Entgegenkommen von Apple und der Versuch einer außergerichtlichen Einigung könnte aber ebenso in die Richtung gedeutet werden, dass der iPhone-Hersteller keine großen Hoffnungen mehr hatte ein eventuelles Verfahren zu seinen Gunsten beenden zu können und so ein negatives Urteil, welches unter Umständen auch für andere Auseinandersetzungen herangezogen werden könnte, abzuwenden.

Zugeständnisse auch in anderen Bereichen

Die genannten Punkte sind jedoch nicht die einzigen angestrebten Änderungen im App Store seitens Apple dieser Tage: Erst am Donnerstag hatte das Unternehmen bekannt gegeben, dass es die Provision von In-App-Käufen bei Verlagen ebenfalls auf 15 Prozent im ersten Jahr verringert. Voraussetzung dafür ist aber die Teilnahme an Apples Nachrichtendienst News. Doch auch wenn die getroffene Änderungen und die Einigung im vorliegenden Rechtsstreit, sofern sie die nötige richterliche Zustimmung erfährt, für Apple nicht ungelegen kommen dürfte, dürfte es fraglich sein, das andere Regulierungs- und Wettbewerbsbehörden dies ebenso als ein ausreichendes Zugeständnis sehen und von ihren bisher eingeleiteten Untersuchungen Abstand nehmen.