n8mahr schrieb:
@0x8100 ja, das hängt (leider) von vielen faktoren ab, das ist extrem komplex. fakt ist aber - zu behaupten, china sei arm und D reich ist sowas von 1995.
In 2023 (durchaus ein paar Jahre nach 1995 also ...) rangierte China in der Rangliste der Länder mit dem höchsten, kaufkraftbereinigten BIP pro Kopf auf Rang 79 hinter Georgien. Deutschland lag auf Rang 20.
Es ist fraglos richtig, dass Chinas beispielloser Aufstieg viele Menschen dort aus der Armut geholt und manche auch reich gemacht hat. Dass das aber so stark durchgeschlagen hat, dass man die europäischen Mittelmächte in Sachen Wohlstand restlos abgehängt oder auch nur gleichgezogen hätte, ist ein Eindruck, der der Realität nicht wirklich standhält.
Genauso wenig übrigens wie das Bild des armen Rentners, der Pfandflaschen sammelt, repräsentativ für den "typischen" deutschen Rentner ist. Viele sind durchaus gut versorgt, obwohl sie keine Berufe mit hohen Einkommen ausgeübt haben. Meine Großeltern etwa wohnen in einem eigenen Haus und beziehen zusammen etwa 2500 € netto Rente. Er war zunächst Fernfahrer und später Arbeiter in einer Keramikfabrik, sie hat nie Erwerbsarbeit gehabt, sondern sich um die drei Kinder gekümmert. Reich sind die beiden also nicht, aber sie leben komfortabel im Rahmen ihrer Mittel. Verzichtet wird auf sehr wenig, auch heute noch. Fazit: Auch mit mittlerem Einkommen war es lange möglich, eine annehmbare Rente zu erzielen, auch wenn das frei verfügbare Einkommen insgesamt gering war und im Prinzip nichts privat angelegt wurde.
Wie dem auch sei, China steuert (politisch gewollt) mitten in die klassische Middle-Income-Trap, da ein Wandel von Industrie- zu Dienstleistungsgesellschaft unerwünscht ist - er würde ja schließlich der Autarkie und damit der Fähigkeit zur wirtschaftlichen wie militärischen Kriegsführung schaden. Die Menge an Jobs, die dem steigenden Bildungsniveau der chinesischen Bevölkerung gerecht werden, ist daher sehr begrenzt und reicht längst nicht aus, um jeden Universitätsabgänger auch angemessen unterzubringen. Am Ende geht es für viele dann doch wieder an die Fertigungsbänder. Und mit solchen Jobs wird man auch in China nicht reich (BYD und sein 996-Wochenarbeitsmodell ist dafür ein ausgezeichnetes Beispiel, die Leute dort leben quasi für den Konzern).
Hinzu kommt, dass nur etwa die Hälfte der 1,4 Mrd. Chinesen erwerbstätig sind, und das obwohl die Alterspyramide deutlich mehr von ihnen in erwerbsfähigem Alter sieht. Viele Menschen außerhalb der urbanen Gebiete leben aber eben nach wie vor von der Landwirtschaft und in Selbstversorgung.
Du sagst es ja selbst - es ist kompliziert. Aber genauso fehlgeleitet wie es ist, zu behaupten, Deutschland sei "immer und überall" reich und China "immer und überall" arm, ist es falsch, das umgekehrte Bild zu zeichnen. Die Realität ist viel komplexer.
@topic:
Mir kann Micron am Ende auch nicht leidtun. Gibt dazu aber eben auch keinen Anlass. Ist halt eine Unternehmensentscheidung aufgrund politischer Umstände. Schwamm drüber und weiter im Text. Sie werden es überleben.