Die Problemstellung hat eher mit Thermodynamik als mit Aerodynamik zu tun. Die Lösung dazu benötigt einige Annahmen und auch etwas Rechnen.
Ich bin von folgenden Punkten ausgegangen:
- Das Raumvolumen ändert sich nicht
- Der Luftdruck ändert sich nicht
- Die Raumluft und alle Wände haben konstante Starttemperatur
- Die Wandtemperatur ändert sich nicht und gibt einen Wärmestrom proportional zur Temperaturdifferenz ab
- Durch das Lüften strömt Luft mit der Außentemperatur ein
- Die Luft lässt sich als perfektes Gas beschreiben
- Die Luft sei im Raum ideal durchmischt, d.h. Druck/Temperatur im Raum sind konstant
- Die Luftzufuhr sei ein konstanter Massenstrom
Die Annahmen 1-6 sind sehr plausibel. Annahme 7 wird benötigt, um das Problem mit Stift und Papier lösbar zu machen. Ansonsten ist man schnell im Bereich Computational Fluid Dynamics, also einem Lösen mittels spezieller und leistungshungriger Berechnungssoftware. Die Annahme 8 habe ich eingeführt, damit ich später von Zeit auf einen Umwälzungsgrad schließen kann. Umwälzungsgrad 0,5 heißt, dass rein rechnerisch 50% der Luft ausgetauscht wurden, Umwälzungsgrad 2 sind quasi 2x kompletter Luftaustausch.
Mit all den Annahmen kann man die Zustandsgleichung idealer Gase, die Massenbilanz, den 1. Hauptsatz der Thermodynamik sowie die Wärmekapazitätsgleichungen ineinander einsetzen. Es ergibt sich eine Differentialgleichung der Struktur:
T' + (a1+a2) * T = a1*Wandtemperatur + a2*Umgebungstemperatur
Diese Gleichung lösen, dann noch die Anfangstemperatur einsetzen, dann kommt man am Ende auf folgendes Diagramm:
Lässt man den Wärmeübergang weg (also Rel. Wärmeleitung: 0), dann stimmt das Ergebnis für geringen Umwälzungsgrad tatsächlich mit der schwarz gestrichelten Interpolation überein. Da der Raum auskühlt, wird die ausströmende Luft immer kälter, d.h. der Wärmeverlust durch das Fenster geringer. Entsprechend flacht sich der Trend ab, aber nach mehreren Umwälzungen erreicht irgendwann die Temperatur die Außentemperatur.
Als relative Wärmeleitung habe ich dabei eine Kennzahl aus Wärmeabgabe der Wand relativ zum Luftaustausch durch das Fenster angeschaut. Geht man ins andere Extrem, (z.B. Rel. WL: 100), dann ist dem Raum völlig egal, wie stark man belüftet, die Wand liefert also genug Wärme nach, um die einströmende Luft nahezu auf Raumtemperatur zu heben.
Der große Übergangsbereich ist bei Rel. Wärmeleitung = 1, d.h. die Effekte durch Lüften und Aufheizen durch den Raum sind ähnlich stark. Was eine realistische Zahl für diesen Koeffizienten ist, lässt sich schwer pauschalisieren. Genausowenig wie die Frage, wie lange es dauert, bis man die Luft rechnerisch einmal komplett umgewälzt hat.