Tom Keller
Lt. Commander
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- Dez. 2006
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Von hier:
Die meisten Produzenten behaupten, ihren Shows keine Lacher hinzuzufügen. Chuck Lorre, der Mann hinter Two and a Half Men, Mike & Molly und The Big Bang Theory drückt sich da unmissverständlich aus: "Ich werde nicht und habe auch noch nie meine Shows mit Fake-Gelächter beschönigt. Das habe ich schon immer als eine hassenswerte und kontraproduktive Verhaltensweise angesehen." Steve Levitan, Schöpfer von Just Shoot Me! und Co-Schöpfer von Modern Family, ist niemals über das Beseitigen von kleinen technischen Fehlern hinaus gegangen: "Wenn richtig eingesetzt, ist die einzige Aufgabe des Laugh-Guys das Säubern der Tonspur - nichts anderes." Phil Rosenthal, welcher sagt, dass er bei Alle lieben Raymond "selten die Lacher manipuliert" hat, gibt zu, dass er auch gegenteiliges erlebt hat. "Ich habe in der Vergangenheit an Shows gearbeitet, wo der Techniker für das 'Beschönigen' aus den Vollen geschöpft hat. Hauptsächlich deshalb, weil es kaum Gelächter aus dem Live-Publikum gab.", erinnert er sich. "Die Ausführenden Produzenten würden dazu sagen: 'Keine Sorge - ihr wisst doch, wer über den Witz lachen wird!? Mr. Beschönigung.'" Bickelhaupt bestätigt das: "Ja, es gibt Fälle, in denen ich für jegliche Publikumsreaktionen verantwortlich bin." sagt er. "Ich werde euch aber nicht verraten um welche Shows es sich handelt."
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Man höre sich nur einmal eine Episode von How I Met Your Mother an, welche größtenteils Multi-Camera gedreht wird... allerdings in einem leeren Studio. Die Lacher, digital von Bickelhaupt für die Ausstrahlung geformt, sind mild. Johlen und Gepfeife sind größtenteils abwesend. Er erklärt das damit, dass Produzenten zunehmend "vom großen vollen Publikum Abstand nehmen - eben dem lärmenden Sound, der in den 70ern, 80ern und 90ern Standard war. Sie wollen eine eher subtile Tonspur."
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Wenn die Reaktionen übertrieben klingen, bestehen die Produzenten meist darauf, dass das nur an den anwesenden Leuten liegen würde, welche die Witze eben sehr, sehr komisch finden. Und Bickelhaupt bestätigt diese Bemerkung - zumindest im Fall der Shows von Lorre. "Ich bin mir sicher, dass 99 bis 100% davon, was wir da hören, sein Publikum ist." sagt er. Obwohl Bickelhaupt an keiner von Lorres Sitcoms gearbeitet hat, hat er "an Shows wie diesen in der Vergangenheit gearbeitet." Eine schrecklich nette Familie, sagt er "war großartig. Ich habe an dieser Show für Jahre und Jahre gearbeitet und musste ehrlich gesagt außer Säuberungsschnitten kaum etwas tun." Das war auch einer gewissenhaften Auswahl des Publikums zu verdanken: Eine schrecklich nette Familie, sagt er, hatte meist ein Publikum voller Marines und Leute aus dem Dienstleistungssektor, welche gut auf den politisch inkorrekten Humor der Serie reagierten. Als Bickelhaupt laut eigener Aussage an der Judd Hirsch Sitcom Mein Lieber John mitarbeitete, in der es um einen armen Trottel ging, der sich von einer Trennung erholte, hatte die Produzenten ein Publikum aus größtenteils Singles zusammengestellt; Sherman Hemsleys Kirchen-Sitcom Amen bestand hingegen zu großen Teilen aus Gospel-Chor-Mitgliedern.
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Manchmal kann allerdings auch das Live-Publikum fake klingen. Sitcoms werde mit Galgenmikrofonen aufgezeichnet, die sich sowohl über den Köpfen der Darsteller, als auch des Publikums befinden. Wenn der Ton der Shows abgemischt wird, verschmelzen Produzenten und Tontechniker kunstvoll das, was auf der Bühne gesagt wird mit dem, was im Publikum passiert. "Alles befindet sich in einem natürlichen Raum positioniert, wenn es ordentlich erledigt wird." sagt unser anonymer Tontechniker. "Aber wenn sich bewusst dafür entschieden wird, den Ton aus dem Publikum während der Dialoge zu reduzieren und während des Gelächters zu verstärken, beginnt es künstlich zu klingen." Bickelhaupt bestätigt das, indem er betont, dass "alles davon abhängt, wie es gemischt wird." Der Techniker erklärt weiterhin, dass derartige Audiobearbeitungen den Produzenten erlauben auf rein natürliches Gelächter zu bestehen: Die Publikumsreaktionen sind zwar streng genommen unverändert, werden allerdings so extrem verstärkt, dass sie merkwürdig klingen.
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