Kindle Paperwhite 2021 im Test: Software, Lesequalität und Audible

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Michael Schäfer
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Gute Bibliothekssoftware

Nach dem ersten Start und der Anmeldung mit dem Amazon-Konto werden dem Nutzer zunächst die bisher bei Amazon gekauften Bücher angezeigt, die sich einfach per Berührung herunterladen lassen. Um bei einer umfangreichen Bibliothek nicht den Überblick zu verlieren, können gleichzeitig auch nur die sich auf dem Paperwhite befindlichen Inhalte angezeigt werden. Darüber hinaus lassen sich die jeweiligen Titel nach verschiedenen Kriterien filtern, darunter Bücher, Hörbücher, Comics, Zeitungen und Zeitschriften oder Inhalte aus Prime-Reading und Kindle Unlimited. Auch die Anzeige von gelesenen und ungelesenen Büchern ist auf Wunsch möglich. Daneben lassen sich Inhalte unter anderem nach der letzten Verwendung, dem Titel oder dem Autor sortiert anzeigen. Wer viele Bücher auf seinem Reader vorhält, kann sie zudem über Sammlungen ein wenig übersichtlicher gestalten.

Die Bibliothek bietet viele Filter- und Sortiermöglichkeiten
Die Bibliothek bietet viele Filter- und Sortiermöglichkeiten

Auf der Startseite werden dem Nutzer nach wie vor Lesevorschläge unterbreitet, die sich nicht deaktivieren lassen, um den Platz für eigene Bücher besser nutzen zu können. Neu ist zudem die Anzeige des aktuell gelesenen Buches als kleines Cover im unteren Bereich des Bildschirmes. Ebenso offenbart sich an dieser Stelle ein Bug: So löscht das System in manchen Fällen kurz nach dem Aufspielen die Cover von über Calibre auf den Reader übertragenen Inhalten. Die einzige Möglichkeit, dieses Verhalten derzeit zu umgehen, ist es, den Reader bereits vor dem Anschließen an den Rechner in den Flugmodus zu versetzen und ihn auch dort zu belassen. Das steht natürlich im deutlichen Widerspruch zum einfachen Aufspielen der Inhalte über den Onlineshop. An anderen Stellen können ein erneutes kurzes Verbinden per USB-Anschluss mit dem heimischen Rechner und das anschließende Öffnen eines beliebigen mit E-Books gefüllten Ordners Abhilfe schaffen.

Geringer Einfluss auf Darstellung, aber viele Zusatzfunktionen

In Sachen Einflussnahme auf die Textdarstellung bietet Amazon wie die meisten Konkurrenten weiterhin nur durchschnittliche Kost. So beinhaltet die Software lediglich 9 Schriftarten, wobei sie qualitativ sehr hochwertig sind. Sie lassen sich nicht nur in 14 Größenabstufungen anzeigen, sondern sind darüber hinaus zusätzlich im Stärkegrad in 5 Stufen einstellbar, was den Kontrast noch einmal erhöhen kann. Wenn eine Schrift einmal zu dünn und damit schwer lesbar dargestellt wird, was vor allem bei manchen Verlagsschriften durchaus passieren kann, kann hier mit einer kräftigeren Darstellung also gegengesteuert werden. Der Zeilenabstand und der Abstand der seitlichen Ränder lassen sich dagegen wie von anderen Readern gewohnt nur in drei Abstufungen einstellen.

Darüber hinaus hält die Software viele Informationen bereit, darunter X-Ray, das Daten über Inhalt, Personen, Orte und andere Dinge zum jeweiligen Buch bietet, den aktuellen Lesefortschritt, einen kurzen Abriss des Buches beim ersten Öffnen oder Hinweise zu unbekannten Wörtern. Diese Funktion steht jedoch nur bei via Amazon gekauften Büchern zur Verfügung.

Die jeweiligen gemachten Einstellungen lassen sich zudem in Themen zur späteren Verwendung abspeichern, mit „Kompakt“, „Standard“, „Groß“ und „Sehbehinderung“ sind bereits vier Profile vordefiniert. Auf Wunsch kann in den Einstellungen der „Dunkelmodus“ gewählt werden, bei dem der Hintergrund schwarz und die Schrift weiß gehalten ist. Hier dauert der Seitenaufbau aufgrund der höheren Anzahl an auszurichtenden Pixeln spürbar länger.

Nach wie vor hohe Lesequalität

Der neue Paperwhite bietet somit in Sachen Zusatzfunktionen eine Fülle an Möglichkeiten – die jedoch kaum etwas wert sind, wenn der Reader nicht in seiner Kerndisziplin zu überzeugen vermag. Doch darum muss sich der Käufer beim neuen Paperwhite erneut keine Sorgen machen, denn diese Aufgabe löst der E-Book-Reader mit Bravur. Somit gibt Amazon in der Mittelklasse in dieser Hinsicht weiterhin den Ton an. Dank des eigenen Fonts Bookerly und des nach wie vor unerreichten Schriftsatzsystems werden Texte in allen gewählten Größen und Einstellungen jederzeit scharf und sehr gut lesbar dargestellt. Das Kerning sorgt darüber hinaus durch einen harmonischen Abstand zwischen den einzelnen Zeichen und Wörtern für ein ruhiges und gleichmäßiges Schriftbild. Sollte es einmal nicht zur Zufriedenheit des Lesers angezeigt werden, ist eine schnelle Nachbesserung möglich.

Ghosting ist seit der Einführung der Carta-Technologie von E-Ink in vielen Fällen kein Thema mehr, aber immer noch wird schnell deutlich, wie groß nach wie vor der Einfluss einer guten Ansteuerung des Panels seitens der Reader-Hersteller ist. So meistert auch der neue Paperwhite dieses Unterfangen ohne Probleme – wenn in den Einstellungen eine Invertierung, also ein komplettes Neuausrichten der einzelnen mit elektronischer Tinte gefüllten Pixel, mit jeder neuen Seite erfolgt. Ansonsten könnten vor allem grafische Elemente wie Bilder oder Menüpunkte selbst einige Seiten später immer noch leicht im Hintergrund erkennbar sein. Die ständig neue Ausrichtung der Pixel soll nach Aussagen der Hersteller zwar mit einem längeren Seitenaufbau und einem etwas höheren Stromverbrauch einhergehen, in der Praxis fällt das jedoch kaum ins Gewicht.

Amazon gibt an, dass aufgrund der neuen Hardware die Leistung deutlich angehoben werden konnte. So soll unter anderem der Aufbau einer neuen Seite rund 20 Prozent schneller erfolgen. Ob dieser Wert am Ende wirklich erreicht wird, konnte im Test nicht genau gemessen werden – im direkten Vergleich zum Vorgänger agiert der neue Paperwhite jedoch spürbar schneller. Dieser Leistungszuwachs macht sich unter anderem beim schnellen Blättern zu einer bestimmten Stelle im Buch deutlich bemerkbar.

Audible

Mit dem Vorgänger hatte Amazon erstmals die Audible-Unterstützung auch dem mittleren Preissegment zur Verfügung gestellt, die bis dahin nur dem höherpreisigen Oasis vorbehalten war. In Verbindung mit einem entsprechenden Bluetooth-Ausgabegerät wie Kopfhörer oder Lautsprecher lassen sich bei der Amazon-Tochter Audible gekaufte Inhalte wiedergeben. Einen separaten Kopfhöreranschluss oder gar einen eigenen Lautsprecher besitzt der Reader nicht.

Der Aufible-Player bietet nur grundsätzliche Funktionen
Der Aufible-Player bietet nur grundsätzliche Funktionen

Beim Herunterladen der jeweiligen Inhalte sollte jedoch auf die Dateigrößen geachtet werden. Da Audible viele Hörbücher ungekürzt anbietet, können hier einige Stunden und somit nicht selten 1 bis 2 GB an Material zusammenkommen. Einen Einfluss auf die Qualitätsstufe und damit auch auf die Dateigröße hat der Nutzer nicht. Hinzu kommt der Umstand, dass Hörbücher nur selten in einzelnen Segmenten geladen werden können, um ebenfalls Speicherplatz zu sparen. Somit kann gerade die Paperwhite-Variante mit kleinerem Speicher schnell an ihre Grenzen stoßen.

Das Verbinden mit einer jeweiligen Ausgabeeinheit ist schnell hergestellt, im Test traten hierbei bei verschiedenen Geräten keine Probleme auf. Die Software selbst hält nach wie vor lediglich die nötigsten Grundfunktionen bereit: So kann per Schieberegler oder Inhaltsverzeichnis zu einer gewünschten Stelle gesprungen werden, ebenso ist über eine entsprechende Schaltfläche das Spulen um 30 Sekunden nach vorne oder hinten möglich. Lesezeichen lassen sich ebenso setzen und auch beim neuen Reader kann die Abspielgeschwindigkeit von der Hälfte bis hin zum Dreifachen der normalen Geschwindigkeit eingestellt werden. Das war es dann aber schon. Es gibt allerdings Verbesserungen zu vermelden: So werden nun die entsprechenden Audible-Inhalte in der Bibliothek mit Cover angezeigt, was lange Zeit nicht unterstützt wurde. Ein Abspielen der Inhalte im Hintergrund ist dagegen nach wie vor nicht möglich. Gleiches gilt für das Einbinden separater Audible-Konten – auf Inhalte, die unter Umständen unter einem anderen Namen gekauft wurden, kann somit nicht zugegriffen werden.