Eye of the Tige schrieb:
Finde ich spannend, dass jeder auf den Exanwalt schimpft - klar, es war eindeutig falsch und unmoralisch die ganze Abmahnwelle - allerdings sind viele erst in die Verlegenheit gekommen abgemahnt zu werden, weil sie illegal (oder halblegal) Pornos geschaut haben!
(...)
Die Gesetzeslage zum Thema Streaming ist momentan sehr undurchsichtig. Aktuell ist - zumindest in Deutschland - garantiert nur das *Anbieten* von urheberrechtlich geschützten Inhalten strafbar, während das Herunterladen auch so langsam in Richtung strafbar rückt. Herunterladen bedeutet hier aber: die
gesamte Datei wird lokal gespeichert. Beim Streamen wird dagegen immer nur ein Teil der Datei gepuffert, und der gesamte Stream wird wenn dann nur automatisch im Browser-Cache gespeichert und automatisch wieder gelöscht (wobei es vielerorts mittlerweile auch so gehandhabt wird, dass man garnicht mehr den ganzen Stream bekommt, sondern nur die nächsten paar Minuten bis der Buffer voll ist).
Und wenn wir von legal oder illegal reden dann müssen wir auch ganz genau darauf schauen,
wo denn die zur Abmahnung eingesetzten IP-Adressen herkamen: Vor dem Landgericht Köln wurde "beschrieben", dass man die Adressen mit einer Software ermittelt hätte, welche normalerweile in Peer2Peer-Netzwerken eingesetzt wird. Diese Filesharing-Netzwerke funktionieren aber grundlegend anders als Streaming-Dienste - bei denen nicht viele Clients mit einander sondern nur ein Server mit den Clients redet.
Will man beim Streaming wissen, welcher Client sich mit dem Server verbunden hat (und viel wichtiger: was für Daten übertragen wurden), so muss man im Prinzip den Server manipulieren (und die Clients auf eine andere Website umleiten) oder sich in die Verbindung einschalten (was zunächst mal eine völlig anhaltslose Überwachung von Privatpersonen darstellt). Beides ist aus rechtlicher Sicht mindestens genauso in der Grauzone beheimatet wie Streaming an sich.
Zu guter letzt wäre dann noch die Frage zu klären: ist für den Nutzer erkennbar, dass er etwas strafbares macht? Im Fall von Redtube ist diese Frage mit "Nein" zu beantworten - auf der Seite gibt es alles zwischen 5 Minuten Home-Videos und 2 Stunden langen Profi-Produktionen. Manche sind urheberrechtlich geschützt, andere nicht. Manche sind sogar von den Rechteinhabern selbst dort eingestellt worden, inkl. Werbung für ihre eigene Website. Woran soll man also festmachen, ob man Clip X jetzt schauen "darf" oder nicht?
Glücklicherweise müssen wir uns hier nicht mehr mit dieser Frage quälen, sondern ein Gericht hat mittlerweile entschieden, dass es auf Seiten wie Redtube eben
nicht so einfach zu erkennen ist ob die Inhalte urheberrechtlich geschützt sind oder nicht.
Diese ganze schwammige Rechtsgrundlage (und seitens des Landgerichts Köln technisches Unverständnis) wurde nun ausgenutzt, um im Namen einer Firma (die selbst noch nichteinmal die notwendigen Urheberrechte besaß) über Abmahnungen Geld einzutreiben. Inwiefern der Anwalt davon wusste sei mal dahingestellt (aber entweder wir lassen "Unwissenheit schützt nicht vor Strafe" immer oder nirgens gelten) - aber die ganze Aktion roch einfach nach Abzocke:
1) Die abgemahnte Summe von ca. 200-250 € war klein genug, dass sie die meisten (zähneknirschend) bezahlen würden ohne groß ein Fass aufzumachen und sich selbst nen Anwalt zu nehmen.
2) Die Abmahnungen erfolgten kurz vor Weihnachten - eine Zeit in der man sich glaube ich idR als allerletztes mit irgendwelchen Rechtsfragen auseinandersetzen möchte
3) Die Zahlung sollte an eine (Briefkasten)Firma in der Schweiz erfolgen
4) Die Herkunft der IP-Adressen wurde nicht dargelegt - bei dieser "Beweisgrundlage" hätte man auch anfangen können, zufällig aus dem Telefonbuch herausgesuchte Leute abzumahnen. Werden schon welche dabei sein, die auf Redtube waren.
Um den zulassungslosen Anwalt mache ich mir indes wenig Sorgen - der scheint ja eh eher in Richtung Selbstständigkeit zu gehen, und sorry aber wer als Anwalt (!) wegen Insolvenzverschleppung drankommt hat entweder beim Studium nicht aufgepasst oder wusste genau was er da tut. So oder so gut dass er seine Lizenz los ist.