Wie erhöht bzw. verringert eine Zentralbank die Geldmenge einer Währung?

niqlas

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Hallo,

wenn die z.B. die EZB 10 Milliarden Euro druckt um damit die Geldmenge zu erhöhen, wie wird das Geld dann in den Umlauf gebracht? Geld ist doch ein Tauschmittel, gegen was wird es denn eingetauscht?

Was ist, wenn die EZB Euros aus dem Umlauf entnehmen will? Woher und wie nimmt sie dieses Geld?

Vielen Dank!
 
Die EZB handelt in diesen Fällen immer nur gegenüber den Geschäftsbanken.

D.h.: die Geldmenge wird über die Geschäftsbanken in Umlauf gebracht, "getauscht" wird in der Regel nicht direkt, da vorhandenes Buchguthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank durch den Notenumlauf nur "sichtbar" gemacht wird. Und auch der Austausch alter Noten erfolgt über die Geschäftsbanken.

Quellen und mehr Infos:

https://www.ecb.europa.eu/euro/intro/issuance/html/index.de.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Geldschöpfung
 
Das meiste Geld wird nie gedruckt, Banknoten und Münzen machen nur einen kleinen Bruchteil der Geldmenge aus. Das meiste existiert nur in Computern und wird von den Banken erzeugt wenn Kredite vergeben werden und gar nicht von der Zentralbank selbst. Die Zentralbank limitert nur über die Regeln zur Kreditvergabe das Volumen an Krediten über das Verhältnis von Kreditvolumen zum Kapital die eine Bank haben muss um Kredite vergeben zu dürfen. Vor allem aber stimuliert die Zentralbank über die Leitzinsen an denen sich auch die Zinsen der Banken orientieren, wie stark der Markt Kredite nachfragt, bei geringen Zinsen ist die Kreditnachfrage i.d.R. höher und die Geldmenge weitet sich aus.

Aktuell macht die EZB noch mehr und kauft Anleigen auf, was den gleichen Effekt hat als würde sie die Kredite selbst vergeben haben und erhöht damit die Geldmenge zusätzlich auf die gleiche Art wie Banken es machen wenn sie Kredite vergeben, denn die Erwartung ist, das die Banken die der EZB Anleihen verkaufen den Erlös in Form anderer Kredite erneut vergibt. Verringert wird die Geldmenge dann z.B. wenn diese Anleihen fällig und getilgt werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hoffe ich bin nicht zu spät, aber ich kann die beiden obigen Antworten nicht einfach so stehen lassen.

Wie meine Vorredner bereits erwähnt haben, läuft die "klassische" Geldschöpfung über die Geschäftsbanken ab. Das zentrale Element ist dabei der Leitzins. Vereinfacht gesagt können sich die Geschäftsbanken zu diesem Zinssatz Geld bei der Zentralbank leihen. Somit haben wir nun Geld erschaffen. Das ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange!

Die Geschäftsbanken können ebenfalls Geld schöpfen. Das Stichwort dazu ist das Fraktionale Reserve-System (fractional reserve banking). D.h. eine Geschäftsbank muss Verbindlichkeiten mit Kunden (bspw. Geldbetrag auf deinem Konto) nur zu einem Prozentsatz X mit Eigenmitteln decken. Sagen wir X ist 20% und Du hast 100€ auf dein Konto eingezahlt. Dann muss deine Bank nur 20€ behalten und kann die restlichen 80€ verleihen. Der Prozentsatz X wird durch die Zentralbank festgelegt!

Eine dritte Möglichkeit bietet sich der Zentralbank über offene Markteingriffe. Das ist das, was Draghi im Moment macht -> er kauft Staatsanleihen. Andere Möglichkeiten sind das kaufen fremder Währungen (mit "neu" erschaffenem Geld) oder Gold.

Um die Geldmenge zu verringern, hat die ZB also mindestens die folgenden Möglichkeiten:
- Leitzins erhöhen (Banken können weniger Kredite vergeben, weil weniger Leute Interesse an einem Kredit haben)
- Regulatorische Anpassungen
-> Erhöhen der Mindestreserve (Prozentsatz X)
-> Regeln für die Vergabe von Hypotheken etc.
- Offene Markteingriffe
-> Verkauf von Fremdwährungen
-> Verkauf von Gold
=> und "Vernichtung" der eingenommenen Geldbeträge
 
invveritas schrieb:
eine Geschäftsbank muss Verbindlichkeiten mit Kunden (bspw. Geldbetrag auf deinem Konto) nur zu einem Prozentsatz X mit Eigenmitteln decken. Sagen wir X ist 20% und Du hast 100€ auf dein Konto eingezahlt. Dann muss deine Bank nur 20€ behalten und kann die restlichen 80€ verleihen.
Richtig, denn wenn man Geld auf ein Konto bei der Bak einzahlt, gehört es einem nicht mehr, es gehört der Bank und der Kontoinhaber hat nur eine Anspruch darauf das Geld von der Bank zurückzubekommen. Aber die Bank kann nicht nur diese z.B. 80€ verleihen, sie kann sogar noch ein Vielfaches davon verleihen, weil sie jetzt mehr Einlagen, also Geld hat.
 
Auch wenn es ein wenig abseits vom Thema ist, habe ich da folgende Frage zu. Ein Kollege von mir meinte vor einiger Zeit in einer Diskussion um Banken und Kredite, daß eine Bank für jeden angelegten Euro eines Bankkunden, 5 Euro von der EZB leihen kann, um damit zu arbeiten. Und zwar zum aktuellen Leitzins. Um das mal noch etwas deutlicher zu formulieren.

Ich lege 100€ aufs Konto. Dafür kann sich meine Hausbank bei der EZB 500€ holen zum aktuellen Leitzins. Diese 500€ kann sie dann zum Hauszins, den sie anbietet, an Kreditnehmer verleihen. Ist das so richtig, wie das mein Kollege erzählt hat? Konnte dazu nicht wirklich was erhellendes finden. Oder hat er das mit dem von euch angesprochenen Beispiel mit den 100€ einzahlen und mit 80€ davon kann gearbeitet werden, verwechselt? Wäre dankbar, wenn da jemand was genaues zu wüsste.
 
Da hat dein Kollege etwas verwechselt. Geld bekommen die Banken bei der EZB "grenzenlos" ... solange die Sicherheiten die die Bank hinterlegen ausreichen.
Wenn eine Bank selbst einen Kredit über 100€ vergibt, muss sie zusätzlich noch 2€ bei der EZB hinterlegen, Stichwort Mindestreserve.

Für die Refinanzierung von Krediten wird aber nicht zwingend auf EZB Kredite gesetzt. Diese sind immer sehr kurzfristig - Tageskredite, Monatskredite. Der Häusle-Bauer will aber Kredit für 10 Jahre und mehr haben, da nutzen die Banken eher Pfandbriefe und andere Schuldverschreibungen um diese Kredite zu refinanzieren.
 
Hallo killy,
danke für deine Antwort. Nun kann ich beruhigt ins neue Jahr rutschen. Dir und allen anderen hier natürlich auch einen guten Rutsch.
 
Holt schrieb:
Aber die Bank kann nicht nur diese z.B. 80€ verleihen, sie kann sogar noch ein Vielfaches davon verleihen, weil sie jetzt mehr Einlagen, also Geld hat.

Falsch. Die Geldmengenvermehrung kommt daher, dass sie die 80€ bspw. bei einer anderen Bank Anlegen kann, die dann wiederum 64€ "frei" verwenden kann und nur 16€ behalten muss.
 
Fast richtig. ;)

Nimmt ein Kunde bei Bank A einen Kredit von 80€ auf und legt dieses Geld als Guthaben bei Bank B an, dann kann Bank B nun knapp 78€ Kredit vergeben. Weitere 2% von 78€ landen bei der EZB ... so ca. 1,56€ ;) ... es sind ja nur 2% und nicht 20%

Die Geldmenge wird aber aktuell nicht durch Mindestreservemaßnahmen beeinflusst. Die EZB hat sie seit Einführung des Euros konstant bei 2% belassen. Die Bundesbank hat meines Wissens nach, auch kaum mit der Mindestreserve gearbeitet.
 
Der Prozentzsatz hängt davon ab wofür die Bank den Kredit vergibt. Wenn Banken z.B. Staatsanleihen kaufen, brauchen sie dafür keine Reserven hinterlegen weil die ja als sicher gelten, während Aktien als riskant eingestuft werden und mehr Reserven vorhanden sein müssen.
 
Eine Mindestreserve wird für Kredite verlangt. Der Kauf von Staatspapieren und Aktien hat nichts mit der Mindestreserve zu tun. Da wird abhängig vom Risiko das Eigenkapital der Bank gebunden. Und auch Staatsanleihen können risikobehaftet sein, es gibt ausreichend Staaten die kein AAA Rating haben sondern eher auf Ramschniveau notieren. ;)
 
invveritas schrieb:
Um die Geldmenge zu verringern, hat die ZB also mindestens die folgenden Möglichkeiten:
- Leitzins erhöhen (Banken können weniger Kredite vergeben, weil weniger Leute Interesse an einem Kredit haben)


- Regulatorische Anpassungen
-> Erhöhen der Mindestreserve (Prozentsatz X)
-> Regeln für die Vergabe von Hypotheken etc.


- Offene Markteingriffe
-> Verkauf von Fremdwährungen
-> Verkauf von Gold


=> und "Vernichtung" der eingenommenen Geldbeträge

Vielen Dank für die Antwort!

Das verstehe ich soweit alles, aber dienen die Möglichkeiten, die Du aufgelistet hast, nicht einfach nur der Verlangsamung der Geldschöpfung anstatt der Geldvernichtung?
 
Im Moment kauft die EZB ja massiv Anleihen auf um die Geldmenge zu erhöhen (QE) und wenn sie diese verkauft oder beim Auslaufen der Fällig eben nicht erneuert, also keine neun Papier mehr kauft, wird das die Geldmenge auch wieder verringern. Daran ist die EZB aber im Moment gar nicht interessiert.
 
Holt schrieb:
Daran ist die EZB aber im Moment gar nicht interessiert.
Vermutlich um die Wirtschaft anzukurbeln, oder?

Steht denn dem Wachstum der Geldmenge auch ein Wachstum der Werte bzw. Wertmenge gegenüber?
Soweit ich mich an den Schulunterricht erinnere, wurde mir dort beigebracht, dass eine Währung nur existieren kann, wenn sie als dauerhaftes Wertbewahrungsmittel dient. Das ist doch durch die provozierte Inflation überhaupt nicht gegeben?
 
Bargeld ist wie Gold nur ein Geringer Prozentsatz,
der Rest sind praktisch wertlose 0en und 1en.

In der EU sind selbst im Notfall nur 15-20% des Bargelds mit Gold gedeckt

Und da greift dann wieder:
Eine Währung kann nur bestehen sollange die Menschen an diese glauben;)
 
Zuletzt bearbeitet:
@ niqlas

Die Wertstabilität wird mit 2% Inflation im EZB Raum gesehen. Mit diesen kann die Wirtschaft wachsen und die Gehälter steigen. Derzeit versucht die EZB mittels billigem Geld und Flutung der Märkte mit Liquidität die Inflation auf 2% zu hebeln, dies gelingt ihr aber nicht. Die Gründe sind vielfältig - im Grundsatz müssen aber die Investoren bereit sein das billige Geld auch zu investieren, dafür braucht es Vertrauen. Nicht alle Länder in der Euro Zone können aber dieses Vertrauen für Investoren schaffen ... siehe Griechenland ...

@ xA4x

Die Deckung Mittels Goldreserven wurde schon lange aufgegeben. Viel wichtiger ist die politische Stabilität des Währungsraums und das daraus resultierende Vertrauen der Marktteilnehmer (Firmen, Privatleute ...).

@ JanKrohn

Du hast dir den Artikel aber schon bis zum Ende durchgelesen. Das Urteil wurde aufgehoben mit der Begründung das der erste Richter seine Kompetenzen weit überschritten hatte. Aber wenn der Richter auch schon kein Geld akzeptiert womit die Gerichtskosten bezahlt werden sollen ... dann hat der Richter echt einen sitzen. ;)
 
@killy
Wenn ich dich richtig verstanden habe, liegt die Inflationsrate momentan unter 2% (also z.B. 1,x %) und die EZB versucht sie auf 2% anzuheben? Was soll das bringen?

Eine generelle Sache, die mir noch eingefallen ist:
Eine Währung kann nur funktionieren, wenn ein Geldkreislauf stattfindet. Einige riesige Unternehmen haben durch ihre quasi-Monopolstellung aber einen solchen Einfluss, dass sie enorm viel Geld an sich binden. Stellt das nicht eine Gefahr für die gesamte Wirtschaft dar, wenn sich ein Großteil des Geldes bei einigen wenigen Organisationen/ Institutionen / Personen sammelt?
 
Ohne Inflation ist kein Wirtschaftswachstum möglich. Durch die Geldentwertung werden alle Marktteilnehmer angehalten auch zu konsumieren. Auch kann so dein Gehalt steigen. Produkte werden teurer, du bekommst eine Lohnerhöhung, Markt ist ausgeglichen. Klingt ein bisschen komisch, funktioniert aber wunderbar.

Das Gegenteil von Inflation ist die Deflation. Sprich, die Kaufkraft des Geldes steigt jeden Tag an. Klingt erstmal sexy. Jedoch würdest du keine Produkte mehr kaufen, da du am nächsten Tag noch mehr Produkte kaufen könntest. So verhalten sich auch alle anderen Marktteilnehmer, dadurch bricht aber die Wirtschaft zusammen.
Japan hatte sehr lange mit der Deflation zu kämpfen und hat sich immer noch nicht erholt davon (so in den 1990iger).
Generell ist Deflation deutlich schlimmer für die Wirtschaft als Inflation. Bei 2% Deflation kannst du grob den gleichen Schaden erwarten wie bei 50% Inflation ... mal so pauschal in den Raum reingeworfen.
 
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