Netzteile: Messungen & Equipment

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Philip Pfab (+1)
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Lastkalkulation

Zur besseren Vergleichbarkeit unserer Netzteiltests geben wir grundsätzlich auch die zugrundeliegenden Lastverteilungen an. Unser 25-Watt-Lastszenario ist von allen Netzteilen unabhängig von ihrer Nennleistung zu absolvieren, um die Eignung für sparsame Computer zu bestimmen. Die beiden Crossload-Szenarien sind eigens von uns definierte Extremzustände, die regulären Lasten 10, 20, 50 und 100 Prozent entsprechen exakt den Vorgaben von 80Plus. Die seit April 2012 gültige Testmethodik wird im offiziellen Testprotokoll beschrieben. Die Kalkulation der Lastverteilung auf den einzelnen Spannungsschienen wird für jedes Netzteil individuell berechnet und ist im jeweiligen Artikel angegeben.

Messungen

Im Folgenden erläutern wir die einzelnen von uns durchgeführten Messungen abseits der Lautstärke und gehen dabei auch kurz auf die mindestens oder maximal einzuhaltenden Werte gemäß jeweiliger Spezifikation ein.

Effizienz

Den Wirkungsgrad bestimmen wir in den fünf Szenarien mit 25 Watt fester Last sowie 10, 20, 50 und 100 Prozent Belastung. Zunächst simulieren wir dabei einen Betrieb im nordamerikanischen 115-Volt-Stromnetz. Diese Werte sind für unsere Leser zwar wenig praxisrelevant, aber perfekt geeignet, um zu prüfen, ob ein Netzteil zu Recht das 80Plus-Zertifikat trägt. Die anschließenden Messungen mit den in Europa üblichen 230 Volt Eingangsspannung dienen der eigentlichen Bewertung des Wirkungsgrads des Probanden.

Leistungsfaktorkorrektur (PFC)

Ein PC-Netzteil verhält sich im Stromnetz anders als gewöhnliche (ohmsche) Lasten wie zum Beispiel eine Glühlampe. Die Phasenverschiebung der Stromaufnahme zur Spannung bedeutet, dass neben der Wirkleistung sogenannter Blindstrom entsteht. Dies führt zum einen zu einer höheren gemessenen Scheinleistung, zum anderen zu einer Belastung für das Stromnetz. Ein Messwert von "1" an dieser Stelle würde bedeuten, dass das Netzteil sich perfekt verhält und kein Blindstrom entsteht. In der Realität werden immer geringere Ergebnisse gemessen. Verbraucher bezahlen in Deutschland übrigens in der Regel lediglich die Wirkleistung. Netzteile mit nicht funktionsfähiger oder nicht vorhandener Leistungsfaktorkorrektur und einer Leistung ab 75 Watt dürfen in der EU aber gemäß Richtlinie 2004/108/EG über die elektromagnetische Verträglichkeit nicht verkauft werden. Diese und alle folgenden Messungen werden mit 230 Volt Eingangsspannung durchgeführt.

Spannungsregulation

Wir verzichten auf eine grafische Darstellung der Spannungsregulation der Schienen mit +5Vsb und -12 Volt. Diese Schienen werden im Verhältnis zu den anderen Schienen nur minimal belastet. Wir prüfen daher nur, ob die Messwerte innerhalb des jeweils erlaubten Bereichs gemäß ATX-Norm liegen. Bei den 3,3-, 5- und 12-Volt-Schienen bilden wir hingegen präzise Werte ab.

Während die meisten Netzteile bei symmetrischer Belastung zulässige Spannungen liefern, sind unsere Tests mit ungleichmäßiger Belastung im mittleren und oberen Wattbereich anspruchsvoll. Wir simulieren dabei zwei Extremzustände, die in modernen Systemen je nach Systemkonfiguration auftreten können. Zunächst belasten wir die +12-Volt-Leitung stark, die anderen Schienen aber nur schwach. Derartige Lastverteilungen können am Netzteil anliegen, wenn ein leistungsfähiges Spielesystem mit einer sparsamen SSD eingesetzt wird. Anschließend kehren wir das Szenario um und fordern die +3,3- und die +5-Volt-Leitung. Als reales Beispielsystem passt beispielsweise ein Fileserver mit vielen Festplatten, aber sehr sparsamen Komponenten. Bewältigt ein Netzteil beide Crossload-Szenarien, muss der Anwender sich bei der Systemzusammenstellung keine Gedanken um die Lastverteilung der ausgewählten Bauteile machen.

Spannungen außerhalb des zulässigen Korridors können zu instabilem Betrieb und permanenten Beschädigungen anderer Bauteile führen. Eine besonders präzise Spannungsregulation entlastet die Spannungswandler auf Mainboard und Grafikkarte.

Restwelligkeit

Die Ripple-&-Noise-Messungen zeigen die Qualität der ausgegebenen Spannungen, indem nicht vollständig geglättete Wechselspannungsanteile in Spannungsspitzen sichtbar und erfasst werden. Dabei darf der Abstand zwischen dem unteren und oberen Punkt der Spannungsspitze (Peak-to-Peak) bei 12 V nicht höher als 120 mV sein. Die restlichen Spannungen müssen Werte unter 50 mV erreichen.

Wir verzichten in unseren Tests auf eine grafische Darstellung der Schienen mit +5Vsb und -12 Volt. Diese Schienen werden im Verhältnis zu den anderen Schienen nur minimal belastet. Wir prüfen daher nur, ob die Messwerte innerhalb des jeweils erlaubten Bereichs gemäß ATX-Norm liegen. Bei den 3,3-, 5- und 12-Volt-Schienen bilden wir hingegen präzise Werte ab.

Restwelligkeit Sea Sonic Platinum 1000 am Oszilloskop
Restwelligkeit Sea Sonic Platinum 1000 am Oszilloskop
Restwelligkeit FSP Raider 550 am Oszilloskop
Restwelligkeit FSP Raider 550 am Oszilloskop

Zu hohe Restwelligkeit kann andere Komponenten des Rechners auf längere Sicht schädigen und vorzeitig altern lassen. Je nach Ausmaß der Spezifikationsverletzung kann ein überhöhter Wechselspannungsanteil auch sofort zu instabilem Betrieb führen. Besonders niedrige Restwelligkeit entlastet die Stromversorgung der übrigen Komponenten und wird daher beispielsweise von Übertaktern geschätzt.

PG-time

Das Power-Good-Signal muss gemäß der ATX-Norm beim Starten des Rechners nach mindestens 100 und maximal 500 Millisekunden gesendet werden. Es signalisiert dem Mainboard, dass das Netzteil bereit ist, alle Spannungen in Ordnung sind und der Computer gestartet werden kann. Kommt das Signal nicht innerhalb dieses Zeitraums, scheint das Netzteil defekt zu sein und muss getauscht werden.

Stützzeit

Die Stützzeit (Hold-up-Time) gibt an, wie lange das Netzteil bei voller Belastung und einer Unterbrechung der Netzspannung weiterhin spezifikationskonforme Versorgungsspannungen liefern kann. Eine hohe Stützzeit sorgt beispielsweise dafür, dass ein Rechner bei einem kurzzeitigen Spannungseinbruch im Stromnetz (erkennbar durch Flackern von Glühlampen) weiterläuft. Die Intel-Vorgabe sieht ein Minimum von 16 Millisekunden vor. Netzteile, die das Minimum erfüllen, können problemlos an einer unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) betrieben werden.

Wir testen die Stützzeit zunächst bei Volllast, da die USV auch bei maximaler Belastung des Netzteils zuverlässig anspringen sollte, um einen Datenverlust bei Produktivsystemen zu vermeiden. Ist die Hold-up-time zu gering, testen wir danach erneut mit 80 Prozent Belastung gemäß ATX-Norm.

Standby-Verbrauch

Geringe Leistungsaufnahmen im Standby-Modus werden inzwischen durch gesetzliche Energiesparrichtlinien gefordert. Wir prüfen sowohl die Leistungsaufnahme bei keiner Last (maximal 0,25 Watt zulässig) als auch den Wirkungsgrad bei 45 Milliampere Last auf der +5Vsb-Leitung (mindestens 50 %).

Ältere Netzteile wurden von uns mit den damals gültigen 90 mA Standby-Strom getestet. Dieses Szenario ist etwas einfacher zu bewältigen. Zudem war der Grenzwert der Leistungsaufnahme ohne jede Last bei 0,5, statt den jetzt gültigen 0,25 Watt.