Justizminister kritisiert Datenberge von Sicherheitsbehörden

Andreas Frischholz
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Justizminister Heiko Maas kritisiert im Interview mit Spiegel-Online, dass aus Sicherheitsgründen immer mehr Daten gespeichert und ausgewertet werden. „Ich stelle mir mittlerweile auch grundsätzlich die Frage, ob bei Datenerhebungen immer größeren Ausmaßes überhaupt noch eine effektive Auswertung möglich ist“, erklärte Maas.

Es wäre in Einzelfällen zwar sinnvoll, wenn Sicherheitsbehörden im Rahmen der Gesetze auf Daten zugreifen könnten. Doch: „Wenn ohne konkreten Anlass tagtäglich millionenfach Daten erhoben werden, bezweifle ich schon, ob das Ziel der Verbrechensbekämpfung das generell aufwiegt.“ Konkret bezog sich diese Aussage auf die umstrittenen Pläne vom Bundesnachrichtendienst (BND).

Dieser will mit der „Strategischen Initiative Technik“ (SIT) bei der Internet-Überwachung technisch aufrüsten und etwa soziale Netzwerke im Ausland in Echtzeit ausforschen. Für Maas wäre aber eine massenhafte Ausspähung sozialer Netzwerke rechtlich „kaum zu begründen“. Zudem werde für solche Instrumente eine rechtliche Grundlage benötigt.

Dementsprechend skeptisch zeigt sich Maas auch bei einer Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs bestehe eine große Unsicherheit, ob „eine anlasslose Speicherung (…) rechtlich überhaupt noch möglich ist“. Daher soll es laut Maas keinen nationalen Alleingang geben. Ohne eine neue Richtlinie der EU-Kommission will der Justizminister keinen Gesetzentwurf vorlegen.

Allerdings hat EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström erst in der letzten Woche verkündet, die Vorratsdatenspeicherung wäre nun Sache der einzelnen EU-Staaten. Die EU selbst verfolge vorerst keine Pläne, eine neue Richtlinie zu verabschieden. Angesichts der Aussagen von Justizminister Maas scheint sich die Vorratsdatenspeicherung also erneut zum Streitthema innerhalb der Großen Koalition zu entwickeln. Denn Sicherheitspolitiker rund um Innenminister Thomas de Maizière (CDU) beharren nach wie vor auf eine zügige Neuregelung.

Vage Aussichten bei Aufklärung der NSA-Überwachung

Zurückhaltend zeigt sich der Justizminister derweil bei der Aufklärung des NSA-Skandals. Auf die Frage, welche Erfolgsaussichten die Ermittlungen des Generalbundesanwalts überhaupt haben, will er im Interview mit Spiegel Online nicht näher eingehen. Stattdessen spricht Maas nur vage davon, dass eine Anklage wegen der Handy-Spionage gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) davon abhänge, ob im Zuge der Ermittlungen weitere Tatsachen festgestellt werden.

Dabei rechtfertigte Maas nochmals, dass kein offizielles Ermittlungsverfahren wegen der massenhaften Überwachung von deutschen Kommunikationsdaten eingeleitet wurde. Eine Ermittlungsbehörde könne nur dann „ein Verfahren eröffnen, wenn sie tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer verfolgbaren Straftat hat“. Das sei bislang nicht der Fall. Allerdings prüfe der Generalbundesanwalt nach wie vor, ob neue Hinweise die Einleitung eines offiziellen Verfahrens rechtfertigen.

Zusätzliche Erkenntnisse verspricht sich Maas durch eine Vernehmung von Edward Snowden in Moskau. „Snowden hat Informationen, die bei der weiteren Aufklärung der NSA-Affäre helfen können“, sagte Maas. Die Befragung von Snowden ist jedoch weiterhin einer der zentralen Streitpunkte im NSA-Untersuchungsausschuss. Die Abgeordneten der Großen Koalition hatten am Freitag durchgesetzt, dass Snowden in Moskau angehört werden soll. Oppositionspolitiker fordern aber, dass die Befragung in Deutschland stattfindet.

Ebenso sieht es auch Snowden. Dessen Anwalt Wolfgang Kaleck erklärte in der letzten Woche, eine Anhörung in Moskau wäre nicht praktikabel.

Einem Aufenthalt in Deutschland steht aber die Bundesregierung im Weg. Diese will nicht zusichern, dass Snowden hierzulande nicht festgenommen und an die USA ausgeliefert werde. Ohnehin erweckten vor allem die konservativen Mitglieder der Bundesregierung um Kanzlerin Merkel und Innenminister de Maizière nicht den Eindruck, allzu großes Interesse an der Aufklärung des NSA-Skandals zu haben. Stattdessen wurden in erster Linie die Beziehung zu den USA und die Zusammenarbeit von deutschen und amerikanischen Sicherheitsbehörden betont.