Linux: Juristische Durchsetzung der GPL in der Kritik

Ferdinand Thommes
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Linux: Juristische Durchsetzung der GPL in der Kritik
Bild: James Morris | CC BY 2.0

Im Rahmen des anstehenden Kernel-Summit entwickelt sich eine Diskussion über die juristische Durchsetzung der GPL. Kernel-Entwickler Greg Kroah-Hartman und Linus Torvalds sind strikt dagegen, dass Anwälte die GPL vor Gericht durchsetzen sollen und unterstreichen das mit markigen Worten.

Die GPL oder auch GNU General Public License ist die am weitesten verbreitete Software-Lizenz und die Grundlage freier Software. Linus Torvalds sagte vor wenigen Tagen, Linux unter die GPL gestellt zu haben sei die beste Tat seines Lebens.

Anlass der jetzigen Diskussion, die auf der Mailingliste der Linux Foundation stattfindet, war der Vorschlag der SFC-Rechtsanwältin Karen Sandler, auf dem Ende Oktober abgehaltenen Kernel-Summit eine Diskussion und eine Frage-und-Antwort-Sitzung abzuhalten. Karen Sandler arbeitet derzeit für die Software Freedom Conservancy (SFC), die Unterstützung bietet, wenn GPL-Verletzungen vor Gericht geklärt werden sollen.

Greg Kroah-Hartman (GKH) fühlte sich dadurch angegriffen, da es den Anschein erwecke, dass einerseits Firmen mit ihren Anwälten hinter verschlossenen Türen entscheiden und andererseits die Kernel-Entwickler losgelöst davon agieren. Zudem äußerte er, der Kernel-Summit solle eine rein technische Veranstaltung bleiben und zudem sei es zu spät für Änderungen im Ablauf. Obwohl einige Kernel-Entwickler sich dafür aussprechen, bleibt GKH dagegen und argumentiert, in der Vergangenheit hätten Angestellte im Nachhinein Probleme mit ihrem Arbeitgeber bekommen, nachdem sie solche Treffen über dieses Thema besucht hätten. Eine Abklärung sei hier im Vorfeld nötig. Auch wenn die Sitzungen des Summit nicht aufgezeichnet werden, könnten Diskussionen dieser Art gefährlich sein, da Teilnehmer eventuell von der Gegenseite als Zeugen benannt werden könnten.

Im Verlauf der Diskussion stoßen zwei Paradigmen aufeinander. Vertreter der Devise, GPL-Verletzer müssten vor Gericht, da ansonsten jeder glaubt, er könne die GPL mit Füßen treten, treffen auf die Core-Entwickler, die seit Jahren in den großen Unternehmen mit den Entscheidern zusammen arbeiten und Freunde und Verfechter für die GPL gewinnen. GKH ist klar der Meinung, dass diese von ihm praktizierte Form der Öffnung neben unzähligen Vielfliegermeilen in den letzten 15 Jahren auch viele Erfolge gezeitigt hat.

Bradley M. Kuhn, Anwalt der SFC und derzeit in die Klage gegen VMware involviert, argumentiert für die Verfolgung von GPL-Verletzungen mit dem Argument, es gäbe viele Firmen, die die GPL verletzen und den Rechteinhabern ins Gesicht sagen: „Du glaubst, wir müssten uns an die GPL halten? Dann geh vor Gericht. Anders werden wir die GPL nicht akzeptieren.

Hartman dagegen will Linux nicht zum Testfall für die GPL werden lassen. Er führt das Verfahren in Sachen Busybox an, bei dem der Fall zwar gewonnen wurde, es aber trotzdem nur Verlierer gab. Busybox wurde geforkt und unter BSD-Lizenz gestellt. Firmen wie Sony unterstützten dies, da sie die GPL als unberechenbar fürchten.

Linus Torvalds schaltet sich spät in die Diskussion ein und stellt sich voll hinter Hartman, nicht ohne etwas Gift gegen Anwälte im Allgemeinen und die SFC und Bradley M. Kuhn im Besonderen zu versprühen. Torvalds möchte das Thema auf dem Kernel-Summit unter dem Arbeitstitel „Lawyers: poisonous to openness, poisonous to community, poisonous to projects“ sehen. Anwälte haben keinen Zutritt, es sei denn, sie seien auch Kernel-Entwickler. Seine Einlassung gipfelt in dem Satz „Because Bradley Kuhn is so incredibly full of shit that this *needs* to be stated openly.

Die beiden Top-Entwickler sind entschieden der Meinung, Anwälte hinterlassen verbrannte Erde, egal was sie vorgeben zu wollen. Das treffe sogar zu wenn Fälle gewonnen werden. Der weitaus erfolgreichere Weg ist nach Ansicht von Hartman und Torvalds, in den Unternehmen um Freunde, Unterstützer und Code zu werben. Gerichtsverfahren seien hier kontraproduktiv. Der einflussreiche Entwickler Matthew Garrett schränkt hier ein, es komme darauf an, was man erreichen wolle. Wenn es um Gewinnmaximierung ideeller und monetärer Art gehe, so sei dieser Ansatz wohl richtig. Leider lasse er viele Anwender auf der Strecke, die mit unfreien Geräten arbeiten müssten.