Studie zum Medienkonsum: Zuviel Nutzung schadet Kindern und Jugendlichen

Michael Schäfer
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Studie zum Medienkonsum: Zuviel Nutzung schadet Kindern und Jugendlichen
Bild: NadineDoerle | CC0 1.0

Kinder und Jugendliche, aber auch Eltern, brauchen eine bessere Entwicklung der medialen Kompetenzen, denn die unkontrollierte Nutzung von Smartphones und Tablets kann bereits im jungen Alter drastische Folgen haben. Dennoch: Eltern sollten sich nicht generell verrückt machen lassen, wie so oft gibt nicht nur schwarz und weiß.

Kaum Beratungsbedarf seitens Eltern gesehen

Das ist die Essenz der Blikk-Studie, welche unter der Schirmherrschaft der Drogenbeauftragten und mit Förderung des Bundesministeriums für Gesundheit sechs Monate lang 5.573 Eltern und deren Kinder zum Umgang mit digitalen Medien und zum Medienkonsum befragt hat. Gleichzeitig wurden im Rahmen der üblichen Früherkennungsuntersuchungen die körperliche, entwicklungsneurologische und psychosoziale Verfassung analysiert.

Erste Erkenntnis der Studie: 41 Prozent der befragten Eltern haben sich bisher noch nie über die Gefahren der übermäßigen Mediennutzung informiert oder damit auseinandergesetzt, 90 Prozent sehen erst gar keinen Beratungsbedarf bezüglich des Umgangs ihres Kindes mit neuen Medien.

70 Prozent der Kita-Kinder nutzen Smartphones mehr als 30 Minuten täglich

Also alles bestens? Eher nicht, denn grundlegend kam die Studie zu der Erkenntnis, dass bereits 70 Prozent der untersuchten Kinder im Kita-Alter ein Smartphone mehr als eine halbe Stunde täglich nutzen. Zudem erkannten die Forscher einen direkten Zusammenhang zwischen intensiver Mediennutzung und Entwicklungsstörungen – die jedoch nicht immer ausschließlich auf die Kinder zurückzuführen sind. So konnten bereits Fütter- und Einschlafstörung sowie Anzeichen einer Bindungsstörung bei Säuglingen beobachtet werden, wenn die Mutter während der Betreuung parallel digitale Medien nutzt. Die Bundesdrogenbeauftragte und gleichzeitige Schirmherrin Marlene Mortler (CSU) warnte daher vor zu hohen Medienkonsum im frühen Kindesalter: „Kleinkinder brauchen kein Smartphone. Sie müssen erst einmal lernen, mit beiden Beinen sicher im realen Leben zu stehen“. Zudem sei es dringend notwendig, Eltern beim Thema Mediennutzung eine Orientierung zu geben und diese langfristig zu begleiten.

Anfälligkeit für Störungen bis zu 350 Prozent höher

Darüber hinaus weist die Studie auf einen Zusammenhang zwischen Sprachentwicklungsstörungen sowie motorischer Hyperaktivität und übermäßigen Medienkonsum bei Kindern im Vorschulalter hin. Bei gleicher täglichen Nutzung soll die Anfälligkeit um 350 Prozent höher liegen als bei vergleichbaren Kindern, bei denen die Freizeitaktivitäten woanders liegen. Mehr als 65 Prozent dieser Kinder können sich zudem weniger als zwei Stunden selbstständig außerhalb der digitalen Welt beschäftigen. Folgen sind große Unruhe und leichte Ablenkbarkeit.

Was Hänschen nicht lernt ...

Die Probleme werden in höheren Altersgruppen noch deutlicher: So verdoppelt sich die Anfälligkeit für beschriebene Störungen bei fehlender erlernter Kompetenz und einer täglichen Nutzung von 60 Minuten im Grundschulalter fast auf das sechsfache. Zudem führt die tägliche Bildschirmnutzung zur erhöhten Aufnahme von Süßgetränken und Süßigkeiten und aufgrund der fehlenden Bewegung zu einer signifikanten Erhöhung des BMI – Übergewicht in frühen Jahren ist oftmals eine der Folgen.

... lernt Hans nimmermehr

Wie schwer es ist, fehlende Medienkompetenz im höheren Alter zu erlernen oder zu kompensieren, zeigt die Altersgruppe bis 14 Jahre (J1): Hier gaben rund 16 Prozent der befragten Jugendlichen Probleme mit der selbstbestimmten Kontrolle der eigenen Internetnutzung an. Zudem berichteten viele von negativen Auswirkungen auf ihren Alltag.

Dosis und Gift

Dennoch warnen die Experten davor, digitale Medien von Grund auf zu verteufeln, denn wie immer macht die Dosis das Gift: Als Ergänzung zu wichtigeren Entwicklungsbereichen wie Bewegung, Förderung der Kreativität sowie dem Aufbau von sozialen Kontakten ist gegen die Nutzung von Smartphone & Co nichts einzuwenden. Professor Dr. Rainer Riedel, Institutsleiter an der RFH Köln, merkt bei der Präsentation der Studie an, dass Kinder und junge Menschen lernen sollten, „die Vorteile einer inzwischen globalen digitalen Welt zu nutzen, ohne dabei auf die Erlebnisse mit Freunden im Alltag zu verzichten“.

Problematisch wird es, wenn die digitale Welt zur überwiegenden Freizeitbeschäftigung wird; um dem vorzubeugen sollten Eltern Kindern eine gewisse Medienkompetenz vorleben. Kinderarzt und Vorstandsmitglied des Berufsverbandes der Kinder-und Jugendärzte Dr. Uwe Buesching plädiert sogar dafür, dass eine qualifizierte Medienberatung zukünftig die Früherkennungsuntersuchungen bei den Kinderärzten ergänzen muss.

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