Calibra: Das Portemonnaie für Facebooks Kryptowährung

Update Michael Günsch
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Calibra: Das Portemonnaie für Facebooks Kryptowährung
Bild: Facebook

Facebook wird zum Finanzdienstleister. Das Unternehmen hat Pläne zur eigenen Kryptowährung Libra enthüllt und bietet mit Calibra die passende digitale Geldbörse an. Damit sollen künftig Geldtransfers so einfach wie das Senden einer Textnachricht ausfallen.

Libra ist ein Stablecoin und lässt sich nicht minen

Für Calibra hat Facebook das gleichnamige Tochterunternehmen gegründet, das nach eigenen Angaben unabhängig von Facebook agiere. Libra heißt die kommende Kryptowährung, die wie so viele andere auf Blockchain-Mechanismen setzt und ein globales, rein digitales sowie sicheres Zahlungsmittel werden soll. Im Rahmen der Libra Reserve soll das virtuelle Zahlungsmittel allerdings durch andere Währungen und Wertanlagen abgesichert sein, versprechen die Betreiber.

Damit unterscheidet sich Libra beispielsweise von Bitcoin und Ethereum und gilt als sogenannter Stablecoin. Durch die Absicherung sollen Kursschwankungen und daraus resultierende Spekulationen vermieden werden. Außerdem kann die Währung nicht elektronisch „geschürft“ (mining) werden. Ein Libra wird voraussichtlich einen Gegenwert in der Nähe von 1 US-Dollar, 1 Euro oder 1 Britischen Pfund besitzen, berichtet TechCrunch, doch sei der exakte Kurs noch nicht festgelegt.

Calibra wickelt Libra-Transfers per Smartphone ab

Das zweite Glied in der Kette ist Calibra als digitale Geldbörse für weltweite Transfers von Libra zwischen Privatpersonen. Aber auch als Zahlungsmittel im Geschäftsumfeld und später auch für das Offline-Bezahlen an der Kasse sind Libra und Calibra angedacht. Calibra soll sowohl als eigenständige Smartphone-App angeboten als auch in die Facebook-Dienste Messenger und WhatsApp integriert werden. Der Startschuss soll irgendwann im Jahr 2020 erfolgen.

Facebook wirbt damit, den Zahlungsverkehr mit Calibra zu vereinfachen oder Menschen ohne Bankkonto in dieser Form erst zu ermöglichen. Facebook verweist dabei auf Erhebungen der World Bank Group aus dem Jahr 2017, nach denen „fast die Hälfte der Erwachsenen auf der Welt kein aktives Bankkonto besitzt“.

Transfergebühren laut Facebook „gering und transparent“

So löblich die Pläne erscheinen, ohne Eigennutz geschieht dies alles nicht. Facebook schafft auf diese Weise den Schritt auf das Parkett der Finanzdienstleister und wird den Dienst auch nicht kostenlos anbieten, sondern „geringe“ und „transparente“ Transfergebühren verlangen; Details wurden noch nicht verraten. Zudem bietet Facebook damit einen Mehrwert für seine etablierten Dienste, von deren Reichweite wiederum Calibra profitieren wird.

Startkapital durch namhafte Gründer

Die Kryptowährung Libra wird von der Libra Association verwaltet, eine unabhängige Organisation mit Hauptsitz im Schweizer Genf. Zu deren Gründungsmitgliedern zählen etablierte Finanzdienstleister wie Visa, Mastercard und PayPal sowie mit eBay, Uber und Vodafone weitere Unternehmensgrößen. Jedes Mitglied muss mindestens 10 Millionen US-Dollar in Libra Investment Tokens investieren, sodass ein hohes Startkapital zustande kommt. Auch Facebook ist Gründungsmitglied und erhält keine Sonderrechte, sondern soll wie alle anderen „nur durch die Mehrheit von einer Stimme oder 1 Prozent der Gesamtstimmen im Rat vertreten werden“.

Libra und Calibra sollen sicher sein

Durch äußerst schlampiges Verhalten im Umgang mit Nutzerdaten hat Facebook zuletzt nicht gerade für Vertrauen in das Unternehmen gesorgt. Die Distanz durch die Gründung eines eigenständigen Tochterunternehmens für die Krypto-Ambitionen ist daher nur logisch. Denn wenn es um Geld geht, sind Sicherheit und Vertrauen das A und O.

Wir verwenden dieselben Überprüfungs- und Betrugsbekämpfungsverfahren wie Banken und Kreditkarten und verfügen über automatisierte Systeme, die die Aktivitäten proaktiv überwachen, um betrügerisches Verhalten zu erkennen und zu verhindern“, heißt es in der Ankündigung. Zudem wird mit Rückerstattungen im Betrugsfall sowie Live-Support bei Passwortverlust geworben.

Ohne Zustimmung des Anwenders sollen keine Account- und Finanzdaten mit Facebook oder Dritten geteilt werden. Dies bedeute auch, dass Facebook keine Calibra-Daten für Werbezwecke verwende. In Einzelfällen, etwa aus rechtlicher oder sicherheitstechnischer Ursache, sei ein Datentausch aber möglich.

Update

Maxine Waters, Vorsitzende des Finanzausschusses im US-Kongress, hat Facebook dazu aufgefordert, die Arbeiten an der eigenen Kryptowährung vorerst zu stoppen, bis der Kongress und die Regulierungsbehörden verstanden hätten, was genau hinter dem Projekt steht. Das berichtet The Verge. Die jüngste Vergangenheit gebiete diese Vorsicht, schließlich sei Libra ein weiterer Eingriff des Weltkonzerns in das Leben seiner Nutzer, so die Demokratin. Zuvor hatte der Republikaner Patrick McHenry den Ausschuss dazu aufgefordert, aktiv zu werden, und auch Bedenken über die Konformität des Ansatzes mit den internationalen Finanzmärkten geäußert.