Sony WH-1000XM3 im Test: Effektives ANC trifft auf sehr guten Klang

Frank Hüber
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Sony WH-1000XM3 im Test: Effektives ANC trifft auf sehr guten Klang

tl;dr: Der Sony WH-1000XM3 kombiniert ein hervorragend effektives ANC mit einem sehr guten Klang und einer Akkulaufzeit von fast 30 Stunden. Ein sehr angenehmes Tragegefühl und das leichte Gewicht machen ihn zum perfekten Reisebegleiter. Neben AAC, aptX und aptX HD wird auch LDAC geboten.

Sonys Over-Ear-Kopfhörer genießen seit Jahren einen erstklassigen Ruf, die sich vor allem durch das Gesamtpaket und als Reisekopfhörer mit ANC und geringem Gewicht bei einem vergleichsweise niedrigen Preis einen Namen gemacht haben. Denn der WH-1000XM3 kostet derzeit rund 260 Euro. Auf ein edles Äußeres wie beim Montblanc MB 01 (Test) oder Karbonfaser-Verbundmaterial wie beim Bowers & Wilkins PX5 (Test) muss man bei Sony zwar verzichten, dafür werden andere Qualitäten wie LDAC und 3D-Audio geboten. Der Kopfhörer ist in Schwarz oder Silber-Beige erhältlich.

Im Lieferumfang sind neben dem Kopfhörer ein USB-C-auf-USB-A-Ladekabel, ein 3,5-mm-Audiokabel, ein Flugzeugadapter und eine Transporttasche enthalten. In letzterer finden auch die beiden Kabel und der Adapter Platz. Der Kopfhörer kann gefaltet und so wahlweise kompakt im Etui oder mit aufeinandergefalteten Ohrmuscheln in einer Tasche verstaut werden.

Die Technik im Sony WH-1000XM3

ANC, AAC, aptX, aptX HD, LDAC, USB-C und altes Bluetooth

Die Sony WH-1000XM3 setzen noch auf den Bluetooth-4.2-Standard und hinken somit der Konkurrenz, die fast ausnahmslos auf Bluetooth 5.0 setzt, in diesem Punkt hinterher. Bei den Audio-Codecs muss sich Sony hingegen wiederum nicht verstecken. Neben SBC werden AAC, aptX, aptX HD und LDAC geboten, wobei Sonys eigener Standard LDAC bis zu 990 kbit/s, 24 Bit und 96 kHz Sampling unterstützt. Das ist noch einmal doppelt so viel wie bei aptX Adaptive, das bis zu 420 kbit/s und 48 kHz erzielt. Nur mit diesem Standard kann der WH-1000XM3 auch über Bluetooth einen breiteren Frequenzgang von 20 bis 40.000 Hz ausnutzen, der über Funk sonst auf die üblichen 20 bis 20.000 Hz begrenzt ist. Erst aktiv per Kabel betrieben setzt Sony mit einem Frequenzgang von 4 bis 40.000 Hz noch einen drauf und überbietet die Konkurrenz.

Codec kann selbst gewählt werden

In der App gibt es die Einstellung „Klangqualität-Modus“, die eine Umstellung zwischen „Priorität auf Klangqualität“ oder „Priorität auf stabile Verbindung“ erlaubt. In der Praxis sollte hier immer die Priorität auf Klangqualität gewählt werden, denn die Funktion ist nichts anderes als ein Schalter für die verwendeten Codecs. Wird die stabile Verbindung gewählt, wird SBC genutzt. Andernfalls kommt bei einem iPhone AAC und bei Android aptX (HD) oder LDAC zum Einsatz. Unter Android kann man in den Bluetooth-Einstellungen zudem die LDAC-Wiedergabequalität einstellen. Hier kann zwischen „Ausgeglichen“ und „Für Audioqualität optimiert“ gewählt werden. Letzteres liefert aber fast nie eine störungsfreie Verbindung, sofern andere Funkschnittstellen parallel aktiviert sind.

Kein USB-Audio und kein echtes Bluetooth-Multi-Connect

Die Audioübertragung ist dabei ausschließlich über Bluetooth oder Klinke möglich. Über den USB-C-Anschluss kann der WH-1000XM3 nur geladen werden. Die Übertragung von Audiosignalen via USB ist nicht möglich.

Multi-Connect über Bluetooth, so dass mehrere Endgeräte gleichzeitig mit dem WH-1000XM3 verbunden werden können, unterstützt der Kopfhörer nicht beziehungsweise so eingeschränkt, dass es sich im Alltag nicht nutzen lässt. Denn es können zwar zwei Geräte mit dem WH-1000XM3 verbunden werden, aber nur von einem kann Musik wiedergegeben werden. Soll das andere dafür genutzt werden, muss erst die Bluetooth-Verbindung bei beiden beendet und der Kopfhörer zunächst manuell nur mit dem gewünschten anderen Gerät neu verbunden werden. Ein schneller Wechsel der Signalquelle ist somit nicht möglich und in der Praxis ist die Funktion, zwei Geräte zu verbinden, quasi nutzlos.

Für das ANC im WH-1000XM3 setzt Sony den 32-Bit-Audio-Signalprozessor QN1 ein, der die Geräuschminimierung der Umgebung anpasst. Zudem ist in ihm der Verstärker integriert, der eine geringe Verzerrung bieten soll. Bei den dynamischen Neodymium-Treibern setzt der Kopfhörer auf 40-mm-Exemplare mit Flüssigkristallpolymer-Membranen.

Bis zu 30 Stunden Akkulaufzeit mit ANC

Sony verspricht eine Akkulaufzeit von bis zu 30 Stunden bei aktivierter Geräuschunterdrückung. Ist ANC deaktiviert, soll der WH-1000XM3 bis zu 38 Stunden durchhalten. Im Test werden knapp 28 Stunden bei Verwendung von aptX und aktiviertem ANC erreicht. Auch auf langen Reisen geht dem Modell somit nicht die Luft aus.

Das vollständige Aufladen des Kopfhörers dauert rund 3 Stunden. In dieser Zeit kann er nur über Klinke ohne ANC genutzt werden. Über eine Schnellladefunktion steht nach nur 10 Minuten eine Akkukapazität zur Verfügung, die eine Musikwiedergabe von bis zu 5 Stunden erlaubt.

Technische Daten des Sony WH-1000XM3 im Vergleich
Sony WH-1000XM3 Bowers & Wilkins PX5 Montblanc MB 01 Sennheiser Momentum 3 Wireless beyerdynamic Amiron wireless copper
Wandlerprinzip dynamisch, 40 mm dynamisch, 35 mm dynamisch, 40 mm dynamisch, 42 mm Tesla, dynamisch
Bauform Geschlossen
Frequenzgang 4–40.000 Hz (Kabel), 20–40.000 Hz (Bluetooth, LDAC) 10–30.000 Hz 10–20.000 Hz 6–22.000 Hz 5–40.000 Hz (Kabelbetrieb)
Nennimpedanz 16 Ohm passiv, 47 Ohm aktiv 20 Ohm 32 Ohm 100 Ohm passiv, 470 Ohm aktiv 32 Ohm
Kennschalldruck 101 dB k.A. 100 dB 99 dB 100 dB
Klirrfaktor k. A. < 1 % < 0,3 % (1 kHz, 100 dB SPL) < 0,05 % bei 500 Hz
Kabel 3,5-mm-Klinke, 1,2 m 3,5-mm-Klinke, 1,0 m 3,5-mm-Klinke auf USB-C 3,5-mm-Klinke 3,5-mm-Klinke, 4-polig, 1,2 m
Bluetooth 4.2 5.0 4.2
Unterstützte Codecs SBC, AAC, aptX, aptX HD, LDAC SBC, aptX Adaptive, AAC SBC, aptX, aptX LL, AAC SBC, aptX, aptX HD, aptX LL, AAC
Akkulaufzeit 30 Stunden (mit ANC) 25 Stunden (mit ANC) 20 Stunden (ohne ANC) 17 Stunden (mit ANC) 30 Stunden
Ladezeit 3 Stunden 2 Stunden 3 Stunden 2 Stunden
Akkukapazität k. A. 730 mAh 330 mAh 1.050 mAh
Ladebuchse USB-C
Gewicht (ohne Kabel) 255 g 241 g 280 g 306 g 400 g

Anschlüsse und Tasten auf beide Ohrmuscheln verteilt

Die Anschlüsse und Tasten hat Sony auf die linke und rechte Ohrmuschel verteilt. Links geht der 3,5-mm-Klinkenanschluss nach unten weg, rechts ist es der USB-C-Anschluss. An der linken Ohrmuschel ist zudem der Ein-/Ausschalter verbaut, der auch den Bluetooth-Kopplungsprozess startet, wenn er lange gedrückt wird. Darüber befindet sich die NC-Taste, mit der zwischen ANC, Umgebungsgeräuschen und der Deaktivierung beider Modi hin und her gewechselt werden kann. Weitere Tasten besitzt der WH-1000XM3 nicht, dafür jedoch NFC in der linken Ohrmuschel und Touchflächen zur Bedienung in der rechten Ohrmuschel.

DSEE HX im Alltag nicht bedeutend

Auch der WH-1000XM3 unterstützt wie die Sony-In-Ears WF-1000XM3 (Test) DSEE HX („Digital Sound Enhancement Engine HX“), mit dessen Hilfe digitale, komprimierte Musikstücke um fehlende Musik-Informationen ergänzt werden sollen, so dass diese „fast High-Resolution-Audio-Qualität“ erreichen sollen. Wie schon bei den In-Ears ist der Unterschied aber zu gering, als dass die Technik als Vorteil und Klangverbesserung angesehen werden kann. In der Headphones-Connect-App kann die Funktion ein- und ausgeschaltet werden.

3D-Audio für mehr Räumlichkeit

Darüber hinaus unterstützen die WH-1000XM3 „360 Reality Sound“, wodurch der Eindruck eines dreidimensionalen Klangbilds erzeugt wird, wenn die Audiodateien entsprechend abgemischt wurden. Erneut ist der Effekt groß, wenn das Material gut darauf ausgelegt wurde, wobei ein Teil dessen dann auch auf herkömmlichen Kopfhörern wahrgenommen werden kann. Bei einigen Musiktiteln ist die Abmischung hingegen gewöhnungsbedürftig und klingt zu distanziert und dumpf. Zudem ist die Auswahl an passenden Tracks auf Tidal, Deezer oder nugs.net sehr begrenzt. Ein klares Kaufargument ist „360 Reality Sound“ deshalb bislang nicht.

Steuerung über Knöpfe und Touch

Die Taste zum Umschalten der Umgebungssteuerung für ANC und den Transparenzmodus an der linken Ohrmuschel kann in der App optional auch mit dem Google Assistant oder Amazon Alexa belegt werden. Die Wiedergabesteuerung über die Touchfläche auf der rechten Ohrmuschel kann nicht verändert werden. Doppeltes Tippen startet und pausiert die Wiedergabe, horizontales und vertikales Wischen springt einen Track vor oder zurück und erhöht oder reduziert die Lautstärke. In der Praxis funktioniert die Steuerung trotz Touch zuverlässig und gut, macht die Bedienung aber anfälliger für Fehleingaben und ist nicht mit handelsüblichen Handschuhen möglich. Wer das Touchfeld nicht nutzen möchte, kann es in der App deaktivieren und die Musik über das verbundene Endgerät steuern.

Wird die rechte Ohrmuschel mit der Handfläche bedeckt, wird die Lautstärke reduziert und der Transparenzmodus für Umgebungsgeräusche aktiviert. So soll man schnell mit anderen Personen interagieren können, etwa wenn man im Zug oder Flugzeug etwas gefragt wird. Im Alltag wird man meist aber wohl einfach die Ohrmuschel zur Seite schieben, um Personen um sich herum sofort zu hören.

Taste für ANC und Transparenzmodus

Wie bereits erwähnt kann über die ANC-Taste zwischen der aktiven Geräuschunterdrückung, dem Transparenzmodus und der Deaktivierung beider Modi umgeschaltet werden. Erst in der App kann der Nutzer bei den Umgebungsgeräuschen zudem deren Verstärkung oder eine Windgeräuschreduzierung auswählen. Die Umgebungsgeräusche können von Stufe 1 bis Stufe 20 (am lautesten) verstärkt werden. So kann jeder eine für das persönliche Nutzungsszenario beste Wahl treffen. Über „Fokus auf Stimme“ lassen sich zudem explizit die Stimmen in der Umgebung verstärken, indem andere Geräusche unterdrückt werden, was das Rauschen erhöht.

Zudem bietet Sony in der App einen „Rauschunterdrückungs-Optimierer“ an, hinter dem sich das Versprechen versteckt, ANC an die Kopfform und Frisur des Trägers anzupassen. Startet man die Funktion, gibt der aufgesetzte Kopfhörer Testtöne aus und misst diese über die Mikrofone, so dass sich das ANC der persönlichen Passung des Kopfhörers angleichen kann. Zudem wird ANC dem aktuellen Luftdruck angepasst. Ändert sich eine dieser Variablen, sollte die Optimierung erneut vorgenommen werden.

Sony Headphones-Connect-App mit WH-1000XM3

Keine automatische Pause

Eine Funktion, mit der die Musik automatisch pausiert, wenn man den Kopfhörer abnimmt, wie sie die jüngst getesteten Modelle Montblanc MB 01 (Test) und Bowers & Wilkins PX5 (Test) bieten, kann der WH-1000XM3 nicht vorweisen.

Viele Optionen in der App

Ein Equalizer von 400 Hz bis 16 kHz erlaubt in der App die Anpassung des Klangs, wobei auch aus zahlreichen Profilen gewählt werden kann – allerdings wird dann immer SBC als Audio-Codec genutzt, was seinen Nutzen deutlich einschränkt. Unter dem Eintrag „Surround (VPT)“ kann zudem ein räumlicher Klangeffekt gewählt werden. Ebenfalls in der App kann der Nutzer die Klangposition festlegen. Soll der Eindruck erweckt werden, dass der Klang von vorne, schräg vorne oder schräg hinten kommt, lässt sich dies in der App festlegen. Auf Wunsch können auch die Zeitspanne für das automatische Ausschalten und die Sprache für die Benachrichtigungen umgestellt werden – Deutsch ist bei den Ansagen in der Tat keine Freude. Die App zeigt neben dem Akkuladestand zudem den derzeit genutzten Audio-Codec an und erlaubt eine Aktualisierung der Firmware des Kopfhörers.

Sony Headphones-Connect-App mit WH-1000XM3

Verarbeitung und Tragekomfort

Die Verarbeitung des Sony WH-1000XM3 ist sehr gut, versprüht aber aufgrund des eingesetzten Kunststoffs nicht die Wertigkeit einiger Konkurrenten. Etwas mehr Aluminium, das sich im inneren Kopfband versteckt, hätte dem Kopfhörer auch äußerlich gut gestanden, auch wenn der Kunststoff griffig beschichtet ist. Der Proband erweckt somit äußerlich vor allem den Eindruck von Funktionalität. Sämtliche Kabel sind innenliegend und für den Nutzer nicht sichtbar.

Bei den Polstern am Kopfband und den Ohrmuscheln setzt Sony auf weichen Urethan-Schaum und Kunstleder. Dank des niedrigen Gewichts, des angenehmen Anpressdrucks und der in jede Richtung leichtgängigen Scharniere bietet der Sony WH-1000XM3 einen hohen Tragekomfort und lässt sich sehr gut an den Kopf anpassen. Der Druck ist auch nach langem Tragen nicht unangenehm und die Ohrmuscheln sind groß genug, um die Ohren vollständig aufzunehmen, ohne dass sie an den Rändern anschlagen. Die Verstellung des Kopfbandes erfolgt über feste Raster, die gerade genug Halt bieten, um sich nicht von alleine zu verstellen. Verstaut man den Kopfhörer für unterwegs in einer Tasche oder im Rucksack, muss die Länge des Kopfbandes in der Regel aber neu eingestellt werden. Die passive Isolierung ist gut.

Sony WH-1000XM3

Ohrpolster austauschbar

Die Ohrpolster des WH-1000XM3 können vom Käufer selbst getauscht werden, da diese nur geclippt sind. Allerdings lassen sie sich lediglich unter Zuhilfenahme eines stumpfen Gegenstandes gut von der Ohrmuschel abhebeln, ohne dass das Polster ohne Haltering abgerissen wird. Der abgerundete Stil eines Löffels eignet sich hierfür beispielsweise sehr gut. Die Treiber sind unter dem Ohrpolster noch von einer dünnen Schaumstoffschicht verdeckt, die im oberen Bereich verklebt ist.

25 Jahre ComputerBase!
Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.