BMW Digital Key im Test: Das iPhone wird zum Autoschlüssel

Update Nicolas La Rocco
282 Kommentare
BMW Digital Key im Test: Das iPhone wird zum Autoschlüssel

tl;dr: Der BMW Digital Key für das iPhone löst den klassischen Fahrzeugschlüssel ab. Der digitale Autoschlüssel liegt in der Apple Wallet und kommuniziert über NFC mit dem Auto. Im Test überzeugt das System mit einfacher Einrichtung, dem Teilen von Schlüsseln sowie Sicherheit und Datenschutz. Es ist aber erst die 1. Generation.

Update

Etwas über ein Jahr nach dem Start auf dem iPhone hat BMW den Digital Key auf NFC-Basis auch für erste Smartphones mit Android freigegeben. Den Anfang machen Samsung Galaxy S21, S21+ und S21 Ultra sowie Google Pixel 6 und 6 Pro.

Für Apple iPhone hatte BMW in diesem Sommer bereits die nächste Evolutionsstufe vorgestellt: Der BMW Digital Key Plus (Test) setzt auf Ultra-Wideband (UWB) statt NFC, das Smartphone muss in diesem Fall nicht mal mehr aus der Hosentasche genommen und an den Türgriff gehalten werden. Auch für Android soll diese Variante kommen, allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt, erklärt BMW.

Ein Smartphone ist heutzutage bereits deutlich mehr als nur ein Telefon. Es ist auch Browser, E-Mail-Client und Messenger, um nur wenige von zahlreichen Diensten des Internets zu nennen. Das Smartphone ersetzt bei vielen Anwendern aber auch physische Gegenstände, etwa das ausgedruckte Flugticket oder die Karte zum Bezahlen. Möglich macht das beim iPhone die Apple Wallet, die sich mit iOS 13.6 und später im Jahr iOS 14 anschickt, auch den klassischen Autoschlüssel zu ersetzen. BMW wiederum ist der erste Unterstützer des Systems. Und in der digitalen Welt angekommen, lässt sich der Schlüssel dann auch gleich von iPhone zu iPhone teilen.

Das Konzept ist nicht vollständig neu

Die Idee des digitalen Autoschlüssels ist allerdings nicht völlig neu oder gar von Apple erfunden worden. Bereits zum MWC 2018 hatte BMW den Digital Key auf Samsung-Smartphones vorgestellt. Auch damals schon konnten Schlüssel mit ausgewählten Geräten wie Galaxy S7, S8, S9, S10 sowie Note 8 und Note 9 an bis zu fünf Personen geteilt werden. Zum Juli 2018 war der digitale Schlüssel als ConnectedDrive Service „BMW Digital Key“ buchbar, seit Juli dieses Jahres lässt sich der Dienst aber nicht mehr buchen oder verlängern. Bisherige Anwender können den Service jedoch für die restliche Laufzeit nutzen. Für alle ab Juli 2020 mit den technischen Voraussetzungen produzierten Fahrzeuge steht der neue BMW Digital Key in Verbindung mit dem iPhone zur Verfügung. Dort ist die Technik nativ in das Betriebssystem integriert, während bei der Lösung mit Samsung-Smartphones immer die Connected-App zum Einsatz kam.

Diese BMW-Modelle werden unterstützt

Apple hatte die Unterstützung für digitale Autoschlüssel zur WWDC im Sommer parallel zur Ankündigung von iOS 14 vorgestellt. Der weltweit erste Unterstützer des neuen Systems ist BMW, der das Hinterlegen von Autoschlüsseln auf dem iPhone auf ab 1. Juli 2020 produzierten Modellen anbietet. Dazu gehören nach aktuellem Stand die Baureihen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 8, X5, X6, X7, X5M, X6M und Z4. Außen vor sind demnach der 7er sowie der X1, X2, X3 und X4. ComputerBase nutzte einen 3er BMW für den Test.

Folgende Sonderausstattung wird benötigt

Was diese Fahrzeuge mit Produktion ab Juli dieses Jahres von früheren BMW-Modellen unterscheidet, ist die NFC-Schnittstelle in der Fahrertür, die Grundvoraussetzung für die Nutzung des neuen BMW Digital Key ist. Unter diesem Namen wird der digitale Autoschlüssel beim Autohersteller beworben und auf einer dafür eingerichteten Webseite beschrieben. Neben der passenden Fahrzeugbaureihe bedarf es einer gewissen Sonderausstattung (SA). Wer den Digital Key einrichten möchte, benötigt den Komfortzugang (SA 322) und die Connected Drive Services (SA 6AE).

Eine weitere Voraussetzung für die Nutzung ist ein halbwegs aktuelles iPhone, da Geräte vor dem im September 2018 vorgestellten iPhone XS (Max) und iPhone XR nicht unterstützt werden. Das gilt nicht nur für die Einrichtung als Hauptschlüssel, sondern auch für das Teilen weiterer Schlüssel an andere Nutzer. Grundsätzlich funktioniert der BMW Digital Key aber nicht nur mit einem iPhone, sondern auch ab der Apple Watch 5. Auf der Smartwatch muss mindestens watchOS 6.2.8 installiert sein. Warum die Nutzung einer Apple Watch derzeit aber noch nicht ratsam ist, wird später im Test erläutert.

Einrichtung über die BMW Connected App

Sind alle genannten Bedingungen erfüllt, kann die Ersteinrichtung erfolgen. ComputerBase hat den Digital Key für den Test bei einem leihweise von BMW zur Verfügung gestellten 3er durchgeführt. Damit das funktioniert, muss das Auto zunächst der BMW-Connected-App hinzugefügt werden, für die wiederum eine BMW ID erforderlich ist. Die Ersteinrichtung lässt sich innerhalb der App auf der Startseite über die Schaltfläche „Digital Key“ starten, die dann automatisch in der App erscheint, sobald ein kompatibles Fahrzeug hinzugefügt wurde.

Für die Ersteinrichtung des Digital Keys müssen gewisse Sicherheitsanforderungen erfüllt werden. Der Nutzer muss sich dafür im Fahrzeug befinden und beide klassischen Fahrzeugschlüssel mit sich führen, um nachzuweisen, dass er wirklich der Besitzer ist.

Anschließend ist lediglich den Anweisungen der App zu folgen, bevor der neue Autoschlüssel in der Apple Wallet hinterlegt wird. Das Hinzufügen eines digitalen Schlüssels wird über einen Hinweis im Control Display der Mittelkonsole bestätigt. Wie die Einrichtung, das Teilen von Schlüsseln, das Auf- und Zuschließen des Fahrzeugs und das Starten des Motors im Detail ablaufen, erklärt ComputerBase im Video.

BMW Digital Key im Video getestet

Der physische Schlüssel kann derzeit noch mehr

Die NFC-Schnittstelle für den Digital Key wird derzeit ausschließlich in der Fahrertür verbaut. Bei einem verschlossenen Fahrzeug gibt der Digital Key keinen Zugriff auf andere Türen, Kofferraum oder Motorhaube. Der klassische Autoschlüssel bleibt demnach das mächtigere Werkzeug beim alltäglichen Gebrauch, denn darüber lässt sich zum Beispiel auch der Kofferraum öffnen und je nach Ausstattung ferngesteuert schließen. Langes Halten der Schließen-Taste am Schlüssel klappt zudem die Seitenspiegel ein, was mit dem Digital Key bislang nicht möglich ist. Noch muss das Smartphone zudem für das Auf- und Zuschließen aus der Tasche gezogen und an den Türgriff gehalten werden, was mit dem normalen Autoschlüssel in Verbindung mit der Sonderausstattung Komfortzugang (SA 322) („Keyless Go“) nicht notwendig ist.

Die Apple Watch muss abgenommen werden

Der BMW Digital Key und Apples Umsetzung unter iOS und watchOS für die Wallet-App entsprechen der Spezifikation 2.0 des Car Connectivity Consortium (CCC) und folgen demnach etablierten Branchenstandards, anstatt eigene zu nutzen. Für den Verbindungsaufbau zum Auto wird bei dieser Spezifikation noch NFC mit beinahe direktem Kontakt zum Fahrzeug benötigt, sei es an der Fahrertür oder zum Starten des Motors in der Smartphone-Ablage. Nutzer einer Apple Watch können das Fahrzeug zwar noch vergleichsweise einfach über NFC ent- und verriegeln, indem sie ihre Uhr an den Türgriff der Fahrertür halten, zum Starten des Motors muss die Uhr aber wie das Smartphone in der Smartphone-Ablage hinterlegt werden. Deshalb ist die eingangs erwähnte Nutzung einer Apple Watch für den Digital Key derzeit noch nicht ratsam, da mit jedem Motorstart erst die Smartwatch abgenommen und später wieder angelegt werden muss.

Ultra-Breitband soll mehr Komfort bringen

Mit Release 3.0 soll die Notwendigkeit wegfallen, das Smartphone aus der Tasche zu nehmen und an das Fahrzeug zu halten. Die neuen Spezifikationen des CCC sehen den Einsatz von Bluetooth Low Energy in Kombination mit Ultra-Breitband vor, um eine präzise Standortbestimmung zwischen Smartphone und Fahrzeug zu realisieren. Die aktuelle Generation iPhone 11 und iPhone 11 Pro (Max) ist dafür bereits mit dem eigens entwickelten U1-Chip ausgestattet. BMW hat bereits angekündigt, dass die nächste Generation des Digital Key mit Ultrabreitbandtechnologie (UWB) entwickelt wird.

Das CCC sieht mit Spezifikation 3.0 den Einsatz von Ultra-Breitband vor
Das CCC sieht mit Spezifikation 3.0 den Einsatz von Ultra-Breitband vor (Bild: Apple)

Was dem Digital Key derzeit noch an Funktionen im Vergleich zum klassischen Autoschlüssel fehlt, holt das System ein Stück weit über die Funktion des Teilens von Schlüsseln wieder auf, was mit einem normalen Autoschlüssel nicht möglich wäre, ohne einen der beiden ab Werk ausgehändigten physischen Schlüssel zu übergeben. Auf diese Funktion und Details des Systems geht der Artikel auf der nächsten Seite ein.

Nvidia GTC 2024 (18.–21. März 2024): ComputerBase ist vor Ort!