Intel Arc A380 im Test: Eine Woche zwischen Lachen und Weinen

Update Wolfgang Andermahr
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Intel Arc A380 im Test: Eine Woche zwischen Lachen und Weinen

Wie gut ist Intel Arc? Der Test einer importierten Arc A380 aus China liefert auch ohne Muster von Intel Antworten auf diese Frage. Das Einstiegsmodell musste sich gegen GeForce GTX 1650, Radeon RX 6400 und 6500 XT beweisen. Neben der reinen Leistung in Spielen entpuppten sich massive Treiberfehler als weiteres großes Thema.

Update

Intel reagiert mit US-Tour auf Tests

Die von Intel nicht erwartete Veröffentlichung von Tests der Arc A380 außerhalb Chinas hat den Hersteller unter Zugzwang gesetzt: Die kritischen Testergebnisse trafen die Presseabteilungen weitgehend unvorbereitet. Seit zwei Wochen statten nun Tom Petersen (Intel Fellow in der Sparte GPUs) sowie Ryan Shrout (GPU-Marketing) US-Publikationen Besuche ab und gewähren Blicke auf die beiden größten geplanten Alchemist-Varianten A750 und A770 – die bereits verfügbare A380 bleibt außen vor. Substanzielle Neuigkeiten zu den beiden Modellen oder der Zukunft von Arc lieferten die Auftritte nicht, dafür ließen einige Aussagen zur gewählten Strategie aufhorchen.

Preis-Leistungs-Sieger in „Tier-1-Spielen“

Als einzige produktspezifische Aussage sorgte die Aussage, dass Intel Arc in Tier-1-Games der Konkurrenz in Sachen Preis/Leistung „keine Chance lassen wird", für Beachtung. Tier-1-Games sind DirectX-12-Spiele, auf die der Arc-Treiber bereits perfekt optimiert wurde. Doch Intel lieferte weder handfeste Performance-Daten noch anvisierte Preise für Arc A750 oder Arc 770, blieb einen Nachweis also schuldig. Auch Termine für den Markstart der größeren Modelle (außerhalb Chinas) nannte Intel weiterhin nicht.

Eine schlechte Strategie

Der Start der beiden größeren Modelle könnte allerdings mit von Intel global verteilten Testmustern begleitet werden. Denn Intel hat die Einschätzung, ein Start der Arc A380 in China würde auf China beschränkt bleiben, rückwirkend als Fehleinschätzung bezeichnet. „Rückblickend war es eine schlechte Strategie", so Petersen als Reaktion auf die von Gordon Mah Ung von PCWorld gemachte Anmerkung, dass auf einmal die zuvor gescholtene Radeon RX 6500 XT gut dagestanden hätte. Besser wäre es gewesen weltweit Muster zu verteilen und Informationen für Tester bereitzustellen, so Petersen.

In der Tat gab es Muster von Intel nur in China, alle Tests in anderen Regionen wurden mit auf eigene Faust importierter China-Ware durchgeführt. Über das Vorhaben informiert, stellte Intel allerdings kurzfristig den so genannten „Reviewer's Guide“ mit allen vom Hersteller zusammengestellten Informationen für Tester auch in anderen Ländern bereit – inklusive Hinweis, dass rBAR zu nutzen ist.

„rBAR off“ war (nicht) das Problem

Dabei gab Petersen in diesem Zusammenhang gegenüber PCWorld zu Protokoll: „Eine weitere große Sache, die wir nicht getan haben, weil wir nicht mit der globalen Presse wie ein paar Redaktionen in Deutschland und ein paar Redaktionen hier in den USA in Kontakt getreten sind, war, dass sie nicht über das ganze rBAR-Thema Bescheid wussten". Die Leute hätte auch deshalb „nicht die richtige Nachricht erreicht".

Sowohl der – nicht direkt genannte, aber gemeinte – Artikel auf ComputerBase als auch der auf Golem und Igor's Lab sowie der Test bei Gamer's Nexus in den USA wiesen allerdings von Anfang an auf die Thematik hin und präsentierten sowohl Benchmarks mit als auch ohne rBAR. Das Fazit wurde mit Blick auf die besseren Ergebnisse mit aktivem rBAR gefällt – und auch dann verlor die Intel Arc A380 in der Regel deutlich gegen die Radeon RX 6500 XT.

Ein Start in China „war einfacher und schneller“

Dass der Start zuerst in China erfolgt (ist), hat Intel wiederum damit begründet, dass der Vertrieb der in China gefertigten Grafikkarten aktuell schneller und einfacher möglich gewesen sei als deren globale Verteilung. Darüber hinaus sei der Bedarf an Grafikkarten im Preis- und Leistungssegment der Intel Arc A380 in China höher als in anderen Regionen der Welt. Wie es bei Arc A750 und Arc A770 laufen wird, bleibt abzuwarten. Letzten Gerüchten zufolge könnte der Markstart bis Mitte September erfolgen. Ob direkt global, oder erneut nur in China, dafür aber mit weltweiten Mustern, bleibt abzuwarten.

Intels erste Gaming-Grafikkarte im Test

Es ist nicht ungewöhnlich, dass komplexe Hardware-Entwicklungen später erscheinen als zunächst gedacht. Dass es derart ausartet wie bei Intels Spieler-Grafikkarten der Arc-Serie auf Basis der Alchemist-Architektur, ist allerdings nicht die Regel.

Intel lässt Arc einfach nicht auf den Markt, zumindest nicht so richtig. Denn in Notebooks und auch als diskrete Grafikkarte gibt es Arc schon. Doch nur die ganz kleinen mobilen Varianten sind hierzulande in homöopathischen Dosen verfügbar, der Rest wiederum exklusiv und höchstoffiziell nur in China. In Ländern außerhalb Chinas will Intel über die Produkte dagegen weiterhin noch gar nicht großartig reden. Erst mit den schnelleren Modellen in Form der Arc A750 oder Arc A770 wird sich das vielleicht noch ändern. Wann sie erscheinen werden, ist schlussendlich abseits von „2. Halbjahr 2022“ immer noch unklar.

Die Gunnir Arc A380 Photon 6G
Die Gunnir Arc A380 Photon 6G
Die Gunnir Arc A380 Photon 6G
Die Gunnir Arc A380 Photon 6G
Backplate der Gunnir Arc A380 Photon 6G
Backplate der Gunnir Arc A380 Photon 6G

Gunnir Arc A380 Photon 6G im Test: ein China-Import

Die Situation ist aktuell entsprechend wenig befriedigend für Spieler und auch Redaktionen außerhalb Chinas, denn Intel bemustert die Presse nur dort. Für Wissbegierige lautet das Motto Eigeninitiative.

Die Redaktion war wissbegierig und hat eine Gunnir Arc A380 Photon 6G über Umwege an Intel vorbei aus China importiert. Als der Konzern davon in Kenntnis gesetzt wurde, gab es dann zwar doch noch den obligatorischen „Reviewer's Guide“, einen anderen als den aktuellen öffentlichen Treiber konnte aber auch seine Presseabteilung nicht beisteuern.

Der Test stellt damit den aktuellen Stand der Arc-Plattform im Desktop-PC dar, so wie ihn Spieler in China oder die, die das Produkt von dort importieren, vorfinden. Inwiefern sich die Situation bis zum offiziellen Europa-Start noch ändern wird, steht in den Sternen.

Intel Arc A380 vs. RX 6400, RX 6500 XT und GTX 1650

Die Arc A380 ist eine absolute Einsteiger-Grafikkarte, deren UVP Gerüchten zufolge bei 125 bis 150 US-Dollar vor Steuern liege – Gunnirs Custom-Design wird in China für umgerechnet 150 Euro verkauft. Die Redaktion hat vor zwei Wochen inklusive des Versandes in China, aber exklusive des Versandes nach Deutschland und etwaiger Zollgebühren 203 Euro gezahlt.

Intel Arc („Alchemist“) – Spezifikationen (Quelle)*
Modell GPU Xe Cores Speicher Konkurrenz
AMD
Konkurrenz
Nvidia
MSRP**
Intel Arc A770 ACM-G10 32 16 GB
GDDR6@256 Bit
RX 6650 XT RTX 3060 Ti 349–399 USD
Intel Arc A750 24 8 GB
GDDR6@256 Bit
RX 6600 RTX 3060 279–349 USD
Intel Arc A580 16 8 GB
GDDR6@128 Bit
RTX 3050 199–249 USD
Intel Arc A380 ACM-G11 8 6 GB
GDDR6@96 Bit
RX 6400 GTX 1650 125–149 USD
Intel Arc A310 4 4 GB
GDDR6@64 Bit
RX 6400 GTX 1050 Ti 99 USD
*) nicht offiziell bestätigt **) ohne Steuern

Intel stellt sie nicht umsonst gegen eine Radeon RX 6400 von AMD – und die ist bereits ein gutes Stück langsamer als die ohnehin schon langsame Radeon RX 6500 XT (Test). Im normalen Testparcours wäre die Grafikkarte absolut chancenlos, entsprechend hat die Redaktion einen völlig neuen aufgebaut, in dem sich die A380 gegen die Radeon RX 6400 sowie die Radeon RX 6500 XT von AMD und die GeForce GTX 1650 von Nvidia beweisen muss. Alle Benchmarks wurden für diesen Artikel neu erhoben.

Asus RX 6400, Gunnir Arc A380 und MSI GTX 1650 (v.l.n.r.)
Asus RX 6400, Gunnir Arc A380 und MSI GTX 1650 (v.l.n.r.)

Im Fokus steht wenig verwunderlich die Spiele-Performance, doch auch die üblichen sonstigen Messungen wie Leistungsaufnahme, Temperatur und Lautstärke werden untersucht. Darüber hinaus gibt es einen kurzen Ausflug zum Thema Raytracing und die Video-Einheiten werden ebenfalls eine Rolle spielen. Direkt zum Start nicht unerwähnt bleiben darf der aktuell schlicht desaströse Zustand des Treibers.

Intel Arc A380: Die Eckdaten im Detail

Tiefe Einblicke in die Alchemist-Architektur hat Intel bis dato nicht gewährt, stattdessen sind immer noch die frühen, aber immerhin offiziellen Details zu Xe-HPG der Stand der Dinge. Zumindest ist nun jedoch die Konfiguration der hier getesteten Arc A380 offiziell.

Sie basiert auf der im N6-Prozess bei TSMC hergestellten ACM-G11-GPU und damit auf dem kleinen der zwei Alchemist-Chips. Angaben zum Transistor-Budget und zur Chipgröße gibt es offiziell nicht, die Gerüchteküche spricht allerdings von 7,2 Milliarden und 157 mm², was überraschend viele Transistoren auf einer überraschend großen Fläche bedeuten würde. AMDs Navi 24 (Notebook sowie Radeon RX 6400 und 6500 XT) basiert ebenfalls auf 6 nm und kommt auf lediglich 5,4 Milliarden Transistoren sowie 107 mm² Fläche – bietet allerdings auch keine Video-Einheit.

Die Arc A380 nutzt mit 2 Render-Slices, insgesamt 8 Xe-Cores und damit 128 Vector-Engines den Maximalausbau der GPU. Der größere Chip ACM-G11 basiert dagegen auf 8 Render-Slices und damit bis zu 512 Vector-Engines. Intel hat immer noch nicht genauer spezifiziert, was eine Vector-Engine genau kann, doch in Anbetracht der spekulierten 1.024 ALUs würde ein Xe-Core aus 128 FP32-ALUs bestehen, was dem Aufbau von Nvidia Ampere entspricht (AMD RDNA 2: 64). Da ein Xe-Core 16 Vector-Engines fasst, würde jede davon wiederum aus 8 ALUs bestehen. Die Vector-Engines unterstützen „Rapid Packed Math“ mit den Formaten FP16 und INT8.

Ebenso nicht offiziell, aber aus den Vorabinformationen zu Alchemist abzuleiten sind 8 Textureinheiten pro Xe-Core, ACM-G11 würde also auf deren 64 zurückgreifen können. Darüber hinaus gibt es 16 ROPS pro Render-Slice und damit insgesamt 32 auf der Arc A380. Jedem Xe-Core steht ein 192 KB großer L1-Shared-Cache zur Verfügung. Der L2-Cache, der die 2 Render-Slices miteinander verbindet, ist 4 MB groß.

Raytracing: Näher an Nvidia als an AMD

Wiederum offiziell ist die Anzahl von acht Raytracing-Einheiten auf dem kleinen Chip und damit eine pro Xe-Core. Diese können Ray-Traversal, Triangle-Intersection und Bounding Box Intersection beschleunigen, sodass sich die separaten RT-Einheiten an Nvidias RT-Aufbau orientieren und AMDs aktuellen Ablegern in RDNA 2 überlegen sein sollten. Diese verzichten zum Beispiel auf die Erstellung der BVH-Struktur („Bounding Volume Hierarchy“), diesen Part übernehmen stattdessen die normalen FP32-ALUs.

Nvidias RT-Einheiten kümmern sich wiederum auch um die Erstellung der kompletten BVH-Struktur (Exkurs: Raytracing in Spielen VI: So werden Strahlen von GPUs beschleunigt), von der ein Teil die von Intel genannte Bounding-Box-Intersection-Berechnung ist. Ob Intels RT-Core sich wie Nvidias RT-Core um die komplette Erstellung der BVH-Struktur kümmert, ist aktuell noch unklar.

Machine-Learning wird mit separaten Einheiten beschleunigt

Die Anzahl von insgesamt 128 XMX-Matrix-Einheiten zur Matrizen-Beschleunigung ist ebenfalls offiziell. Diese Funktionseinheiten konkurrieren mit Nvidias Tensor-Einheiten. Jede Vector-Einheit hat eine eigene XMX-Einheit, auf denen in Zukunft auch Intels eigene Upsampling-Technik XeSS beschleunigt wird. Details zu XeSS hält Intel bis dato noch unter Verschluss.

Bekannt ist: Pro Takt kann eine MX-Einheit 128 FP16/BF16-, 256 INT8- oder 512 INT4/INT2-Berechnungen durchführen. Im FP16-Format können die XMX-Einheiten damit pro Takt vier Mal so viele Berechnungen durchführen wie die normalen Recheneinheiten mit Hilfe von DP4a-Instruktionen und sechzehn Mal so viele wie ohne DP4a – allerdings müssen sie für die MXM-Einheiten als Matrizen vorliegen.

ACM-G11 kann auf ein 96 Bit breites Speicherinterface zurückgreifen, der Speicherausbau beträgt 6 GB (12 GB sind theoretisch ebenfalls möglich, so ein Modell gibt es aber nicht). Das PCIe-Interface unterstützt auf der kleinen GPU acht Lanes des Standards 4.0.

Die Technik der Intel Arc A380 im Detail
Arc A380 Radeon RX 6400 Radeon RX 6500 XT GeForce GTX 1650
Architektur Alchemist RDNA 2 Turing
GPU ACM-G11 Navi 24 TU117
Prozess TSMC N6 TSMC 12 nm
Chipgröße 157 mm² 107 mm² 200 mm²
Transistoren 7,2 Mrd. 5,4 Mrd. 4,7 Mrd.
Xe-Cores / Compute-Units 8 12 16 14
FP32-ALUs 1.024 768 1.024 896
RT-Beschleunigung Ja Nein
Matrix-Beschleunigung 128 (MXM) Nein
Game-Takt 2.039 MHz 2.610 MHz 1.485 MHz
Maximaler Boost-Takt 2.000 MHz
2.350 MHz
2.321 MHz 2.815 MHz 1.665 MHz
FP32-Leistung (Game-Takt) 4,1 TFLOPS
4,8 TFLOPS
3,6 TFLOPS 5,8 TFLOPS 3,0 TFLOPS
Textureinheiten 64 48 64 56
ROPs 32
Speicher 6 GB GDDR6 4 GB GDDR6 4 GB GDDR5
Speichergeschwindigkeit 15,5 Gbps 16 Gbps 18 Gbps 7 Gbps
Speicherinterface 96 Bit 64 Bit 128 Bit
Speicherbandbreite 186 GB/s 128 GB/s 144 GB/s 112 GB/s
TBP 75 Watt
87 Watt
53 Watt 107 Watt 75 Watt
Slot-Anbindung PCIe 4.0 ×8 PCIe 4.0 ×4 PCIe 3.0 ×16
DirectX 12 Ultimate Ja Nein

Die Xe Media Engine für alle wichtigen Codecs

Alle Arc-Grafikkarten kommen mit einer Media-Engine (Video-De- und -Encoder) daher, die mit H.264, H.265, VP9 und AV1 sämtliche aktuellen Codes en- und decodieren kann. AV1 in Hardware encodieren kann bisher nur Intel Alchemist.

Intel spricht von bis zu 8K60-12-Bit-HDR beim Decodieren und bis zu 8K-10-Bit-HDR beim Encodieren. Offenbar funktioniert das Encodieren allerdings nur mit maximal 30 FPS. „Beliebte Video-Software“ soll die Xe Media Engine unterstützen, um welche Programme genau es sich dabei auch handeln mag. Handbrake und BlackMagic DaVinci Resolve Studio 18 gehören auf jeden Fall dazu.

Die Xe Media Engine
Die Xe Media Engine (Bild: Intel) 

Mit DisplayPort 2.0, aber ohne HDMI 2.1

Die Display-Engine von Alchemist hält einige Überraschungen parat. So wird neben DisplayPort 1.4a bereits DisplayPort 2.0 UHBR10 unterstützt. DisplayPort ist entsprechend weit fortgeschritten, HDMI hinkt dagegen hinterher: Mehr als Version 2.0b gibt es nicht.

Bei den Auflösungen und Bildwiederholfrequenzen kann Intel unter Berücksichtigung des DisplayPorts 2.0 dann aber sehr hohe Zahlen nennen und spricht unter anderem von zwei Mal 8K60 HDR und vier Mal 4K120 HDR.

Die Xe Display Engine
Die Xe Display Engine (Bild: Intel) 

Mit Hilfe von „Deep Link“ können die Arc-Grafikkarten mit iGPUs von Intel zusammenarbeiten, solange diese der Xe-Serie entsprechen, was seit der 11. Generation Core der Fall ist. dGPU und iGPU können unter der Bezeichnung „Deep Link Hyper Compute“ an Compute- und Machine-Learning-Algorithmen zusammen rechnen und unter der Bezeichnung „Deep Link Hyper Encode“ die Encodierungs-Performance erhöhen. Damit dies möglich ist, muss die genutzte Software explizit „Deep Link“ unterstützen.

Intels Alchemist-GPUs im Vergleich
Intels Alchemist-GPUs im Vergleich (Bild: Intel)