Defekte 12VHPWR-Stecker: Nvidia bezieht Stellung und sieht Schuld bei Anwendern

Fabian Vecellio del Monego
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Defekte 12VHPWR-Stecker: Nvidia bezieht Stellung und sieht Schuld bei Anwendern
Bild: Gamers Nexus

Rund einen Monat nach dem ersten Aufkommen von Berichten zu geschmolzenen oder gar brennenden 12VHPWR-Steckern an Grafikkarten vom Typ GeForce RTX 4090 (Test) äußert sich Nvidia nun mit einer Stellungnahme und bestätigt dabei die Analyse von Gamers Nexus, wonach nicht vollständig eingerastete Stecker das Problem sind.

Auch Nvidia sieht das Problem bei Anwendungsfehlern

Seit dem Bekanntwerden der ersten verschmorten und folglich defekten 12VHPWR-Steckern kurz nach dem Verkaufsstart der ersten Ada-Lovelace-Grafikkarte mit dem neuartigen 12+4-Pin-Stecker wird über die Ursachen spekuliert. Da die Problematik zumindest anfangs lediglich beim Betrieb mit dem mitgelieferten Adapter auf vier 8-Pin-PCIe-Stecker auffiel, konzentrierten sich erste Vermutungen auf eben jene starre Kabelpeitsche: Starkes Biegen soll zu Komplikationen führen, hieß es.

Später machten Igor's Lab und be quiet! mit einer Analyse auf sich aufmerksam, nach der der Adapter grundlegende Konstruktionsmängel aufweise. Gamers Nexus jedoch widersprach und sah die Ursache schlicht und ergreifend bei einer inkorrekten Installation des Steckers – ganz gleich, ob ein Adapter zum Einsatz kommt oder nicht.

Defekter 12VHPWR-Stecker
Defekter 12VHPWR-Stecker (Bild: Gamers Nexus)
Defekter 12VHPWR-Stecker
Defekter 12VHPWR-Stecker (Bild: Gamers Nexus)
Spuren einer inkorrekten Installation an einem 12VHPWR-Stecker
Spuren einer inkorrekten Installation an einem 12VHPWR-Stecker (Bild: Gamers Nexus)

Nvidia selbst saß die Debatte nach einer anfänglichen Äußerung, der Hersteller untersuche die Probleme, weitestgehend aus. Bis jetzt: In einer Stellungnahme pflichtet das Unternehmen Gamers Nexus' Analyse bei. Demnach seien Nvidia global rund 50 Fälle geschmolzener 12VHPWR-Stecker bekannt, wobei Begutachtungen der eingeschickten Grafikkarten, Kabel und Adapter gezeigt hätten, dass die Stecker allesamt nicht korrekt installiert waren. Gamers Nexus will unter Berufung auf vier Boardpartner in Erfahrung gebracht haben, dass bisher rund 125.000 Grafikkarten vom Typ RTX 4090 verkauft wurden, sodass bis dato rund 0,04 Prozent aller Nutzer von defekten Steckern betroffen sind.

We are actively investigating the reports. We are aware of about 50 cases globally.

Our findings to date suggest that a common issue is that connectors are not fully plugged into the graphics card. To help ensure the connector is secure we recommend plugging the power dongle into the graphics card first to ensure it's firmly and evenly plugged in, before plugging the graphics card into the motherboard. We are investigating additional ways to ensure that the connector is secure before powering on the graphics card.

Nvidia has been able to test the cables that were RMA'ed by affected customers. In all of the cases a wear line is clearly visible that indicates the cable wasn't fully inserted into the 16-pin power connector.

Nvidia gegenüber Gamers Nexus

Auch ComputerBase kann bestätigen, dass der 12HPWR-Stecker wesentlich weniger eindeutig einrastet als die bekannten 8- und 6-Pin-PCIe-Stecker. Auch in der Redaktion kam es in den letzten Wochen einmal dazu, dass der vermeintlich korrekt eingesteckte 12+4-Pin-Stecker nicht bis zum Anschlag in der Buchse auf der Grafikkarte steckte. Die Grafikkarte war, bis der Fehler auffiel, allerdings keinen langen Lasten ausgesetzt – eine geschmolzene Steckverbindung blieb aus.

Inkorrekt und korrekt eingesteckter 12VHPWR-Stecker
Inkorrekt und korrekt eingesteckter 12VHPWR-Stecker (Bild: Nvidia)
PCI-SIG Belastungstests des 12VHPWR-Steckers
PCI-SIG Belastungstests des 12VHPWR-Steckers (Bild: GamersNexus)

Steckt der Stecker nicht vollständig und eingerastet in der Buchse, kann das entweder direkt, oder aber im Laufe der Zeit durch Berührungen am Kabel dazu führen, dass die Kontaktflächen zwischen Stecker und Buchse in einem oder mehreren der Pins wesentlich kleiner ausfallen als eigentlich vorgesehen. In Verbindung mit zu engen Biegeradien am Stecker kann das Problem weiter verschärft werden.

Nvidia hält Käufer einer GeForce RTX 4090 oder RTX 4080 (Test) somit erneut an, auf einen vollständig eingesteckten Stecker zu achten und veranschaulicht die Situation mit einem Schaubild. Am besten sei es, so heißt es, den 12VHPWR-Stecker zuerst in den Stromanschluss der Grafikkarte einzustecken und diese erst anschließend in den PCIe-Steckplatz des Mainboards zu installieren. Nvidia suche überdies nach weiteren Möglichkeiten, den Betrieb mit inkorrekt verbundenen Steckern zu verhindern.

Nvidia sichert betroffenen Nutzern Ersatz zu

Für betroffene Käufer einer GeForce RTX 4090 oder RTX 4080 relevant sind Nvidias Äußerungen zur Garantieabwicklung im Falle eines geschmolzenen 12+4-Pin-Steckers. Der Hersteller versichert gegenüber Gamers Nexus, dass in diesem Zusammenhang aufgetretene Defekte stets einen Garantiefall darstellen und ein Umtausch gewährleistet sei – auch, wenn eindeutig festgestellt werden könne, dass ein Anwendungsfehler beim Einstecken Ursache des Defekts sei. Des Weiteren spiele es keine Rolle, welches Modell der Grafikkarte oder eines 12VHPWR-auf-4×8-Pin- respektive -3×8-Pin-Adapters zum Einsatz kam.

Nvidia and our partners are committed to supporting our customers and ensuring an expedited MA process, regardless of the cable or card used.

Nvidia gegenüber Gamers Nexus

Keinen Kommentar konnte Nvidia gegenüber Gamers Nexus zu einem weiteren potenziellen Übeltäter geben: Fremdkörper, die sich durch wiederholtes Lösen und Schließen der Verbindung auf den Pins der Buchse absetzen können, sollen auch eine schlechtere Kontaktfläche der Pins verursachen können. Offen bleibt auch die Frage, wieso die Problematik nicht schon mit der RTX 3090 Ti (Test) auftrat, die bereits Anfang 2022 als erste Gaming-Grafikkarte auf den 12VHPWR-Stecker setzte. Ob die RTX 4080 wiederum betroffen sein wird, bleibt abzuwarten: Die zweite Ada-Lovelace-Grafikkarte ist erst seit Mitte dieser Woche im Handel.

Der 12VHPWR-Standard trägt eine Teilschuld

Die Schuld an schmorenden oder gar brennenden Steckverbindungen trifft damit aber letztlich nicht die Anwender allein: Ein sinnvoll konstruierter Stecker würde derartig offensichtliche Fehler bei der Installation vorbeugen. Beim von der PCI-SIG entworfenen 12VHPWR-Standard begünstigt ein zu subtiles Einrasten Fehler hingegen. Ein Vorschlag lautet nun, den Stecker einfach deutlicher Einrasten zu lassen.

Ein anderer bezieht sich auf die vier Sense-Pins. Sie sind für die Kommunikation mit dem Netzteil vorgesehen, um abzustimmen, wie viel elektrische Leistung die Grafikkarte aufnehmen darf. Würden die vier entsprechenden Pins des 12+4-Pin-Steckers ein wenig kürzer ausfallen, sodass bei einem nicht vollständig eingerasteten 12VHPWR-Stecker keine Sense-Verbindung zustande käme, würde die Grafikkarte gar nicht erst starten können.